Tidjane Thiam kam zur Credit Suisse, um der Schweizer Grossbank zum Turnaround zu verhelfen. Zu seinem Abgang stellt finews.ch die Ära Thiam auf den Prüfstand.

Das Jahr 2019 brachte das beste Resultat in Tidjane Thiams Zeit an der Spitze der Credit Suisse (CS). Allerdings war der Rekordgewinn durch verschiedene Sondereffekte verzerrt: So muss die Bank einerseits immer noch für die Nachwehen der Finanzkrise zahlen. Die entsprechenden Rückstellungen betrugen 2019 rund 623 Millionen Franken. 

Gleichzeitig konnte Thiam zum Rücktritt von ausserordentlichen Erträgen profitieren: Der Verkauf von Immobilien und der Fondsservice-Plattform Investlab sowie die Aufwertung der Beteiligung am Börsenbetreiber SIX brachten der Bank fast 1 Milliarde Franken ein.

Gratwanderung für Gottstein

Obwohl der Bank in den drei wichtigsten Divisionen Swiss Universal Bank, International Wealth Management und in Asien-Pazifik den Ertrag auch organisch steigern konnte, zeigt das, mit welchen Herausforderungen die Bank immer noch zu kämpfen hat. Will sie unter dem neuen Chef Thomas Gottstein das Renditeziel von 2019 erreichen, muss dieser einen Weg finden, das Wachstum zu forcieren, ohne dabei höhere Kosten zuzulassen. 

finews.ch hat die letzten fünf Jahre unter CEO Thiam unter die Lupe genommen – um nachzuvollziehen, wie er seine Aufgabe gemeistert hat. 

1. Aktienkapital

Das Kapitalpolster der CS war bei der Ankunft in Thiam so ausgemergelt, dass sie in Erwägung zog, einen Teil ihrer Kronjuwelen an – die Schweizer Universalbank (SUB) an die Börse zu bringen. Stattdessen führte Thiam in kurzer Zeit zwei Kapitalerhöhungen durch und nahm in nur 18 Monaten ganze 10 Milliarden Franken ein. Nun ist die Credit Suisse mit 12,7 Prozent des härtesten Kapitaltyps ausgestattet, eine komfortable Lage aus regulatorischer Sicht (die 13,7 Prozent der UBS sind praktisch unantastbar). 

Allerdings bleibt der CS künftig wenig Raum für mehr als den Rückkauf von Aktien – womit sie etwas von dem aufwischt, womit sie den Markt in den Jahren 2015 und 2017 überschwemmt hat. Grössere Transaktionen für Wachstum kommen aber beispielsweise noch immer nicht in Frage.

2. Ausgaben ... für sich selbst

Innerhalb von vier Jahren hat Thiam die Gesamtkosten der Schweizer Bank um ein Viertel auf 17,4 Milliarden Franken gesenkt. Aber die CS ist in guten Zeiten immer eine «spendierfreudige» Bank gewesen – und das vierte Quartal war nicht anders. 

Die Vergütungen und Leistungen stiegen in den drei Monaten um 21 Prozent, da die CS die Bonustöpfe zum Jahresende aufstockte. Vermutlich wird der Jahresbericht der Bank im nächsten Monat auch Einzelheiten zu Thiams finanziellem Abschied enthüllen.

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