Dank der Hausse von Bitcoin & Co bewegt das Schweizer Fintech Crypto Finance Milliarden. CEO Jan Brzezek sagt zu finews.ch, warum auch grosse Banken wie die UBS sich dem Boom nicht mehr entziehen können.


Herr Brzezek, nach langem Zögern setzt sich auch die UBS in Bewegung: Die grösste Privatbank erwägt, reichen Privatkunden beim Anlegen in Kryptowährungen behilflich zu sein. Was hiesst das für die Kryptoszene?

Wir bei Crypto Finance begrüssen diese Entwicklung natürlich, obschon es an sich ein logischer Schritt ist. Gerade Privatkunden wollen in Digitale Anlagen investieren und sind oftmals verärgert, wenn sie es bei ihrer Bank nicht tun können. Blockchain-Technologie und Digitale Anlagen sind die Zukunft. Banken, die zukunftsorientiert wirtschaften, sind deshalb dabei, diese neuen Geschäftsmodelle aufzubauen.

Es hat sich also erheblicher Druck seitens der Kundschaft augebaut?

Wir wissen von UHNWI-Kunden, die deswegen die Bank wechselten. Hinzu kommt, dass sich auch die Konkurrenz angesichts der Hausse bei den Kryptowährungen in Bewegung setzt. Die amerikanische Grossbank Morgan Stanley etwa hat vor wenigen Wochen angekündigt, ihren Kunden die Thematik via Fonds anzubieten – das ist der erste und einfachste Schritt zu einem Krypto-Offering.

Welches sind die nächsten Schritte?

Aus Compliance-Sicht sind Fonds auf digitale Anlagen ein sehr sicherer Weg für die Institute, ihren Kunden Exposure zum Thema zu bieten. Gleichzeitig sorgen die Banken dafür, dass keine verwalteten Vermögen zu spezialisierten Anbietern abfliessen. Nicht zuletzt behalten sie so einen Überblick übers Portefeuille der Kunden, was für die Beratung wichtig ist.

Als nächster Schritt kann eine Bank ihren Kunden den Handel von Kryptowährungen mittels eines qualifizierten Partners einfach und rasch anbieten. Dieser kann ebenfalls auch die Verwahrung dieser Anlagen sicherstellen.

Doch damit gibt die Bank doch diese Prozesse aus der Hand?

Das ist nichts Neues. Die wenigsten Banken haben heutzutage für den Aktien- und Obligationenhandel noch eigene Handelsabteilungen, geschweige denn direkte Schnittstellen und Konten bei Börsen.

«Aus Bankensicht macht das überhaupt keinen Sinn»

Als dritter und letzter Schritt in Richtung Vollservice implementieren Banken eine Custody-Lösung, und verwalten diese selber. Dafür gibt es verschiedene spezialisierte Technologie-Anbieter in der Schweiz. Auch hier wieder, nichts Neues: Die Banken engagieren ja auch ein spezialisiertes Unternehmen für den Bau des Tresorraums im Keller, und stellen keine Schweisser ein, die die Stahlwände installieren. Völlig unbegreiflich ist es aus meiner Sicht, wenn sie das Gefühl haben, für dieses sehr neue Thema alles selber entwickeln zu wollen.

Die Crypto Finance Gruppe bietet sowohl digitale Investments mit Fonds, ein Krypto-Brokerage sowie Storage-Lösungen für die Verwahrung an. Rennen Ihnen die Banken nun die Bude ein?

Bereits vor einigen Monaten hat sich die Nachfrage nochmals deutlich gesteigert, weshalb wir auch mit grossen Schweizer und ausländischen Akteuren im Gespräch sind. Das Krypto-Ökosystem wächst international rasant. Davon profitieren wir aufgrund der guten Positionierung der Schweiz in diesem Bereich.

Sprechen Sie auch mit der UBS? Immerhin haben Sie bei der Grossbank einst Karriere gemacht, da müssten Sie doch einen Draht zum Institut haben.

Wir pflegen einen guten Austausch mit der UBS. Diese ist jedoch eine internationale Bank und wird daher bezüglich eines möglichen Angebots mit diversen Akteuren aus verschiedenen Ländern in Kontakt treten. Als spezialisierter und regulierter Schweizer Anbieter wäre aber eine Partnerschaft zwischen Crypto Finance und der UBS sehr plausibel und leistungsstark.

Eine Bankenriese wie die UBS könnte die ganze Krypto-Palette allerdings selber anbieten. Haben Sie als Fintech keine Angst, von den etablierten Häusern aus dem Markt gedrängt zu werden?

Aus Bankensicht macht dies überhaupt keinen Sinn. Mit dem Trend zum Open Banking werden die Geldhäuser immer mehr zu einem Plattform-Betreiber: Sie sind die Schnittstelle zum Kunden und stellen nur das Betriebssystem. Wie im Appstore auf dem Smartphone können Kunden dann aus Hunderten Angeboten von spezialisierten Drittanbietern und Fintechs auswählen.

«Auf die nächsten Jahre brauchen wir keine Banklizenz»

Für die Banken ist das weitgehend risikolos und darüber hinaus viel günstiger, als selber solche Angebote zu entwickeln. Und wenn ein Dienst den Kunden nicht mehr gefällt: dann wird er einfach ausgetauscht.

Mit Sygnum und Seba sind in der Schweiz zwei Kryptobanken unterwegs, die Zuger Brokerin Bitcoin Suisse wartet noch auf die Banklizenz. Wäre eine solche nicht auch für Crypto Finance wünschenswert?

Wie verfügen seit Anfang Jahr über eine Wertpapierhaus-Lizenz und unterstehen damit als gesamte Gruppe der Aufsicht der Finma. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für unsere gegenwärtigen und zukünftigen Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Digitalisierung von Assets und zeugt von unserer Ausrichtung als regulierter und professioneller Partner von Finanzinstituten. Das wird die Zukunft in diesem Geschäft sein. Auf die nächsten Jahre hinaus brauchen wir deshalb aus meiner Sicht keine Banklizenz – wir sind davon überzeugt, gemeinsam mit unseren Bankenkunden die besten Angebote entwickeln zu können.

Wie lange dauert es noch, bis Krypto zum Standardangebot im Banking gehört?

Gut Ding will Weile haben – gerade mit Blick auf die internen Prozesse und auf die Banken-IT. Die Updates mit den neuen Schnittstellen erfolgen im Abstand von mehreren Monaten. Wenn man beim aktuellen Release nicht dabei ist, muss man aufs nächste warten. Da hilft unsere Kooperation mit der Bankensoftware-Anbieterin Avaloq, wo unsere Services integriert sind und somit eine rasche Lancierung ermöglichen.

Das klingt jetzt etwas vage...

Ich bin überzeugt, dass es für Banken gar keine Frage mehr sein kann, ob sie Krypto anbieten sollen. Die einzige Frage ist, welche Dienstleistungen sie anbieten wollen und mit welchem Partner. Denn am Ende bedeutet das Angebot von digitalen Assets in den meisten Fällen nur eine Erweiterung bestehender Produkte und Dienstleistungen. Ein Beispiel: neben dem physischen Schliessfach bietet man künftig auch die sichere Lagerung für digitalisierte Vermögenswerte an. Dies ermöglicht eine enorme Bandbreite neuer Anwendungsfälle für die Bank.


Jan Brzezek wirkt seit Frühling 2017 als CEO der in Zug und Zürich tätigen Crypto Finance Gruppe. Zuletzt war er im Asset Management der UBS tätig, bei der Grossbank befasste er sich zudem auf Gruppenebene mit neuen Technologien. Im Brokerage bewegte das Startup nach eigenen Angaben im ersten Quartal 2021 rund 1 Milliarde Dollar an Volumen – so viel wie im gesamten letzten Jahr. Derweil kletterten die in den Storage-Lösungen deponierten Kryptovermögen auf 1,1 Milliarden Franken.

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