Nachdem die Credit Suisse als Folge ihrer jüngsten Skandale rund um Greensill Capital und Archegos zahlreiche Top-Leute verloren hatte, will sie nun mit einer Personal-Offensive ihren Talentpool wieder füllen. 

Im ersten Halbjahr 2021 musste die Credit Suisse (CS) einen wahren Aderlass an führenden Investmentbankern beklagen. Grund dafür war der Archegos-Skandal, welcher der Schweizer Grossbank einen Verlust von 5,5 Milliarden Dollar einbrockte.

Auch finews.ch berichtete verschiedentlich über die wichtigsten Abgänge, und vergangene Woche räumte Investmentbanking-Chef Christian Meissner am Investorentag in London ein, dass «die Fluktuation in diesem Jahr höher war, als wir es uns gewünscht hätten».

Vor diesem Hintergrund hat die CS nun eine eigentliche Personal-Offensive im Investmentbanking gestartet, wie aus internen Unterlagen hervorgeht, in die finews.ch Einsicht hatte. Auch das britische Fachjournal «Financial News» (Artikel kostenpflichtig) hat am Freitag darüber berichtet.

Mit neuen Dealmakern Terrain zurückgewinnen

Konkret will die CS in Leute investieren, welche die Branchen Technologie, Gesundheitswesen, Industriewerte abdecken respektive bearbeiten. Darüber hinaus sucht die Bank Personal für das weltweit boomende Beratungeschäft bei Fusionen und Übernahmen (Mergers & Acquisitions, M&A), nachdem sie in diesem Bereich im laufenden Jahr Marktanteile verloren hatte. In der Branche heissen die Leute, die Fusionen und Übernahmen einfädeln, Regenmacher oder Neudeutsch Dealmaker.

Wie der neusten Rangliste des Datenlieferanten Refinitiv für das dritte Quartal zu entnehmen ist, rutschte die CS im globalen M&A-Geschäft von Platz 8 im Vorjahr auf Platz 11 ab. Die neue (alte) Strategie der Credit Suisse unter ihrem Präsidenten António Horta-Osório sieht tatsächlich vor, trotz geringerer Investitionen, die nun vermehrt in die Vermögensverwaltung fliessen, Terrain im M&A-Bereich zurückzugewinnen.

Aggressive Expansion

Insgesamt hat die CS in diesem Jahr rund vier Dutzend Kaderleute in den Schlüsselmärkten engagiert oder befördert. Dabei handelt es sich um Directors und Managing Directors, namentlich in Europa, dem Nahen Osten und Afrika (EMEA) sowie in den USA. Head-Hunter in den jeweiligen Märkten sprechen sogar von einer «agressiven Expansion» der CS.

Allein in Europa hat die CS namhafte Managing Directors und Directors für ihre Investmentbank eingestellt. Dazu gehören Francesco Bedina, der als Leiter des Bereichs Energie und Infrastruktur für die Region Emea eingestellt wurde, oder Israel Fernandez, der von der Deutschen Bank abgeworben wurde.

Über den historischen Zahlen

Ausserdem wurden die Aufgaben von 17 Dealmakern in der Region erweitert, grösstenteils als Folge der vielen Abgänge. Der in London ansässige Giuseppe Monarchi wurde nach dem Weggang von Eric Federman zu Barclays zum alleinigen Leiter des Medien- und Telekom-Bankgeschäfts befördert, während Cathal Deasy nach dem Weggang von Greg Weinberger zu Morgan Stanley im Juni zum globalen Co-Leiter M&A befördert worden ist.

Meissner betonte, dass die Credit Suisse in diesem Jahr rund 1'200 Mitarbeitende in der Investmentbank eingestellt habe, was über den historischen Zahlen liege.

Neuanstellungen in der Marktregion EMEA

  1. Francesco Bedina – Head of Energy & Infrastructure, EMEA
  2. Kyle Berry – MD in the Global Industrial Group in EMEA (zuvor bei Mogan Stanley)
  3. Joe Bishay – MD and senior member of EMEA LevFin syndicate team (zuvor bei Bank of America)
  4. Johan Dubbeldeman - Director in CM&A Netherlands (zuvor bei Rothschild)
  5. Israel Fernandez – Co-Head of the EMEA FIG (zuvor bei der Deutschen Bank)
  6. Matt Hall – Vice Chairman of UK Investment Banking
  7. Yuri Shakhmin – Head of Diversified Industrials, EMEA (zuvor bei Rothschild)
  8. Orazio Tarda – Global Co-Head of Fintech (zuvor bei HSBC)
  9. Karim Gabriel – Director
  10. Kemal Eker – Director
  11. Udit Narayan Tandan – Director

Beförderungen in der Marktregion EMEA

  1. Rafael Abati – Head of Energy and Infrastructure M&A EMEA
  2. Martin Blanquart – Head of TMT EMEA
  3. Marco Buganza – Head of Southern Europe DCM
  4. Paolo Celesia – Head of Southern Europe DCM
  5. Cathal Deasy – Global Co-Head of M&A
  6. Jon Grussing – Vice Chairman of CM&A EMEA ECM
  7. Laurence Hainault – Client Advisory Group EMEA
  8. Olena Klymenko – EMEA Head of Real Estate
  9. Julien Lamm – Co-Head of FIG EMEA
  10. Pierre Lescastéreyres – Co-Chairman of European IB Committee – Advisory
  11. Antonio Limones – Head of EMEA Syndicate ECM
  12. Enrico Mezan – Head of EMEA Equity Corporate Finance
  13. Giuseppe Monarchi – Global Head of Media & Telecom
  14. Gaurav Parkash – EMEA Head of Banks
  15. Felipe Portillo – Head of EMEA Risk ECM
  16. Elodie Blanc – Global co-COO for IB
  17. Antonia Lester – EMEA COO for CM&A

Mit ihrer bedeutenden Präsenz in den USA und ihrem Leveraged-Finance-Geschäft war die CS in den vergangenen Jahren weltweit stets die führende Investmentbank mit Hauptsitz in Europa. Dem Datenanbieter Dealogic zufolge hat der britische Barclays-Konzern die CS jedoch von der Spitze verdrängt, wie auch finews.ch berichtete.

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