Die Indiskretionen rund um den Präsidenten der Credit Suisse erinnern fatal an die Vorfälle vom vergangenen Herbst. Der von António Horta-Osório angestrengte Kulturwandel bei der Grossbank weicht einem Hauen und Stechen.

Zum Wochenanfang konnte die Credit Suisse (CS) für einmal mit einer Erfolgsmeldung aufwarten. Mit dem versierten Francesco De Ferrari hat die Grossbank endlich den Chefposten der neuen Superdivision Wealth Management besetzt. Auch die Leitung der anderen globalen Sparten steht nun fest – während die Führung der Region Europa, Nahost und Afrika (EMEA) vakant bleibt.

Wie finews.ch berichtete, nutzte Chefstratege und CS-Präsident António Horta-Osório (Bild unten) die Gelegenheit, um sich bei der eigenen Belegschaft für seinen Fauxpas von letzter Woche zu entschuldigen. Damals war sein Verstoss gegen die Schweizer Quarantäne-Regeln bei der Einreise aus dem Ausland ruchbar geworden; in der Folge hat sich der oberste Lenker der zweitgrössten Bank des Landes in Widersprüchlichkeiten verstrickt.

Stopp auf den Malediven

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Mitte Woche folgte allerdings bereits die nächste Spitze gegen den gebürtigen Portugiesen. Wie der Zürcher Blog «Inside Paradeplatz» berichtete, soll sich Horta-Osório von einem Firmenjet auf den Malediven absetzen lassen haben. Dort verbrachte er angeblich Ferien mit seinen Frau. Im Umfeld der CS ist dazu zu vernehmen, dass sich der Präsident mit einem Team auf dem Rückweg einer Asienreise befunden habe; der Zwischenstopp auf den Inseln im indischen Ozean sei nicht ungewöhnlich.

Gegenüber dem Blog erklärte die Bank, alle Regeln bezüglich der Nutzung des Jets seien eingehalten worden.

Auffälliges Timing

Was auffällt: Die Begebenheit soll sich bereits im Herbst zugetragen haben, kommt nun aber Mitte Dezember zur Sprache. Dies nur wenige Tage, nachdem der Quarantäne-Verstoss von Horta-Osório öffentlich wurde und um die Welt ging. Der Fauxpas lässt sich trotz mehreren Entschuldigungen nicht wegreden, während dem Zwischenstopp auf den Malediven zumindest ein «Geschmäckle» anhängt.

Das Timing der neuerlichen Enthüllungen sorgt unter Beobachtern und Kommunikationsprofis am Platz für Verwunderung. In diesem Kreis ist bereits von einer «Konterkampagne» gegen den im vergangenen April gewählten neuen Präsidenten die Rede. Ob die Informationen aus dem Innern der Bank oder von ausserhalb des Instituts an die Medien getragen wurden, ist Gegenstand von Spekulation.

Empörung in den Rängen

Auf der Hand liegt, dass zumindest der Quarantäne-Verstoss die Glaubwürdigkeit von Horta-Osório beschädigt hat. Der ehemalige Lloyds-CEO war angetreten, um nach den Debakeln rund um die geschlossenen Greensill-Fonds und den Milliardenverlusten mit der New Yorker Finanzfirma Archegos das Haus am Paradeplatz auszukehren.

Der Präsident wiederholt dabei gerne das Mantra, dass jeder CS-Banker auch ein Risikomanager sein müsse. Die Widersprüchlichkeiten um seinen Quarantäne-Verstoss haben bei ebendiesen Mitarbeitenden nun Empörung ausgelöst, wie finews.ch erfahren hat.

Das Ergebnis des Vorfalls ist demnach eine (selbstverschuldete) Demontage des Präsidenten, die den grossen Aufgaben, die mit der neuen Strategie auf die Bankführung warten, in die Quere zu kommen droht.

Tandem-Auftritte in den Medien

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Das erinnert fatal an die Auswirkungen eines Artikels in der britischen Zeitung «Financial Times» vom vergangenen September, der Bank-CEO Thomas Gottstein (Bild unten) quasi als Befehlsempfänger und Wasserträger von Präsident Horta-Osório darstellte. Auch dort blieben die Quellen anonym; die Wirkung auf das Standing von Gottstein wurde aber von der Bank offensichtlich als so gravierend eingestuft, dass das Institut eine Kampagne mit Tandem-Auftritten von CEO und Präsident lancierte. Der Eindruck blieb trotzdem haften, dass Gottstein in seiner Rolle angezählt sei.

Dasselbe scheint auch dem Präsidenten zu drohen, der völlig unbelastet von der Vorgeschichte des Unternehmens in der Ära von Vorgänger Urs Rohner zum Unternehmen gestossen ist. Auch Horta-Osório ist nun in den Strudel des Hauens und Stechens und von Indiskretionen geraten, welche den Ruf der Grossbank seit Jahren belasten und das Institut wie ein Haifischbecken aussehen lassen.

Offene Verfahren

Der CS selber ist damit kein Dienst getan, im Gegenteil. Der Bank steht die schwierige Gratwanderung bevor, gleichzeitig zu expandieren und zu sparen; im vierten Quartal 2021 droht nochmals ein Verlust. Ebenfalls muss sich das neue Gefüge der Bank – Horta-Osório wählte eine komplizierte Matrix-Organisation – mit den teils neuernannten Chefs erst einspielen.

Schliesslich sind die Debakel vom Frühling für das Geldhaus noch nicht ausgestanden, laufen doch sowohl im Komplex der CS-Greensill-Fonds wie auch bei Archegos noch Verfahren der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma). Bis diese auf dem Tisch liegen, erweisen sie sich als «Blackbox» für die Führung der Bank; so wägt das Institut derzeit ab, ob und wie viel der eigenen Ermittlungen im Fall Greensill öffentlich gemacht werden sollen.


Mitarbeit: Jade Cano, Katharina Bart, Samuel Gerber

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