Nach einem insgesamt sehr guten Geschäftsjahr wird es für die Schweizer Grossbank UBS umso schwieriger, unter veränderten Marktbedingungen 2022 den bisherigen Erfolg noch zu übertreffen. Umso mehr, als das Jahr schwach begonnen hat. 

Lange ist es her, seit die UBS so konsistente Jahreszahlen abgeliefert hat, wie finews.ch am Dienstag bereits berichtete. Mit dem Ergebnis von 2021 übertrifft die Schweizer Grossbank die Erwartungen der Finanzexperten bei Weitem – selbst vor dem Hintergrund, dass das Institut hohe Rückstellungen für diverse Rechtsfälle, vorwiegend aber für den nach wie vor hängigen Prozess in Frankreich, tätigen musste.

Es sind vor allem sieben Faktoren, die den Geschäftsgang im vergangenen Jahr beeinflusst haben und es mit sehr grosser Wahrscheinlichkeit auch 2022 tun werden. Wobei vorläufig eine Abschwächung der Geschäftsaktivitäten droht, wie selbst das Top-Management am Dienstag einräumte.

1. Höhere Rendite für die Aktionäre

Die vorgeschlagene Dividende von 50 Cent pro Aktie für 2021 liegt deutlich höher als diejenige von 2020. Damals wurden lediglich 37 Cent bezahlt. Damit unterstreicht die Bank ihre Absicht, die Aktionärinnen und Aktionäre am Erfolg partizipieren zu lassen. Fortgesetzte Aktienrückkäufe, welche die Bank am Dienstag ebenfalls ankündigte, tragen zusätzlich dazu bei, dass sich der Gewinn künftig verdichtet.

2. Verstärkte Investitionen in die Technologie

Dass Banken mittlerweile eher IT-Unternehmen oder Plattformen sind, ist sich auch die UBS bewusst. Vor diesem Hintergrund baut sie nicht nur ihr digitales Angebot aus (siehe dazu auch Punkt 6), sondern will darüber hinaus auch verstärkt auf Technologie setzen.

Konkret hat sie sich zum Ziel gesetzt, künftig rund 10 Prozent des Ertrags in Technologie zu investieren. Damit will sie sich im Markt differenzieren – wobei sie damit eigentlich bloss mit den Hauptkonkurrenten gleichzieht.

3. Französisches Damoklesschwert

Eingetrübt wird das gute Ergebnis durch die hohen Rückstellungen für den Gerichtsfall in Frankreich. Das schlägt sich vor allem in den Zahlen für das vierte Quartal 2021 im Global Wealth Management (GWM) sowie in der Schweizer Einheit (Personal & Corporate Banking) nieder. In diesen beiden Einheiten wurden die jüngsten Rückstellungen verbucht.

Das Gericht in Paris fordert eine Zahlung von insgesamt 1,8 Milliarden Euro, wobei die UBS ein weiteres Mal Berufung eingelegt hat. Im vierten Quartal 2021 stellte die Bank 650 Millionen Euro zurück. Damit beträgt die Summe der Rückstellungen insgesamt 1,1 Milliarden Euro. Der Ausgang des Verfahrens ist völlig offen und dürfte die Aktienperformance der Bank im laufenden Jahr teilweise beeinträchtigen.

4. Ein Strauss an neuen Zielen

Vor dem Hintergrund der guten Entwicklung und der Tatsache, dass Bankchef Ralph Hamers seit seinem Amtsantritt im Herbst 2020 keine neuen Ziele formuliert hatte, hat die UBS nun erstmals Geschäfts- und ESG-Ambitionen formuliert und darüber hinaus ihre Finanzziele angepasst.

Die Veränderungen muten vergleichsweise bescheiden an. So überrascht es auch nicht, dass sich das Top-Management am Dienstagmorgen zuversichtlich zeigte, diese im laufenden Jahr oder je nach Definition «über den Zyklus» zu erreichen – sofern es die Marktbedingungen zuliessen und der Strategieplan weiter erfolgreich umgesetzt werden könne, wie weiter zu erfahren war.

5. Hohe Einsparungen stehen noch bevor

Das erfreuliche Ergebnis darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass der UBS und deren Mitarbeitenden noch enorme Kostenanstrengungen bevorstehen. Bis 2023 will die Bank insgesamt 1 Milliarde Dollar einsparen; namentlich mit verschlankten Strukturen, optimierter Präsenz, dem Ausstieg aus weiteren Märkten, verstärkter Automatisierung und vereinfachten Prozessen.

Im vergangenen Jahr sparte die UBS bereits 200 Millionen Dollar, heuer sollen es 400 Millionen Dollar werden und im Jahr darauf nochmals so viel. Nur so wird die UBS ihre Wachstumspläne realisieren können (siehe dazu auch Punkt sieben).

6. Neue Kunden und Märkte mit digitalem Angebot erschliessen

Mit der kürzlichen Übernahme des digitalen Vermögensverwalters Wealthfront aus Kalifornien, hat die UBS ihre Absicht bekräftigt, im Ausland neuerdings auch weniger vermögende, dafür umso jüngere Kundinnen und Kunden anzusprechen. Wie UBS-Chef Ralph Hamers am Dienstag erklärte, war dies erst der Anfang.

Die Bank will vor allem auch in Asien solcherlei Klientel anpeilen, namentlich in China, wie ein Sprecher betonte. Ausserdem strebt das Institut für die weitere Expansion zusätzliche Partnerschaften (Joint-Ventures) in einzelnen Ländern an; so, wie das bereits mit Sumitomo (fürs Wealth Management) in Japan und mit Banco do Brasil (im Investmentbanking) der Fall ist.

7. Ausblick: Bäume wachsen nicht in den Himmel

Die gute Performance der UBS im vergangenen Jahr kann nicht zwangsläufig als Blaupause für 2022 verwendet werden – selbst, wenn viele Investorinnen und Investoren derzeit davon überzeugt sind. Am Dienstagmorgen gewann die UBS-Aktie an der Börse mehr als 6 Prozent an Wert.

Doch ein Banksprecher räumte gleichzeitig ein, dass die Kundenaktivitäten im ersten Monat des laufenden Jahres sehr verhalten gewesen seien, der Grad an Optimismus bei der Klientel sei in den jüngsten Umfragen gesunken; manche Kundinnen und Kunden würden nach den jüngsten Verwerfungen an den Finanzmärkten zwar nach günstigen Einstiegskursen suchen, doch der Anteil an Bargeld in den Portfolios sei mit 23 Prozent derzeit doch recht hoch.

In Asien dürfte sich das Wachstum 2022 verhaltener als auch schon entwickeln. Darauf weisen jetzt schon die stark rückläufig Lombard-Kredite hin, während die Kosten in diesem äussert kompetitiven Markt sehr hoch bleiben. Bereits im vergangenen Jahr nahm das Kosten-/Ertrags-Verhältnis (Cost-/Income-Ratio, CIR) leicht zu. Ohne dass die rigorosen Sparmassnahmen im Konzern vollständig umgesetzt werden, dürfte es schwierig werden, die CIR zu senken.

Vor diesem Hintergrund erstaunt es nicht, dass das neue Wachstumsziel des Vorsteuergewinns im Global Wealth Management (GWM) von 10 bis 15 Prozent relativ verhalten angesetzt worden ist.

Mehrere Zentralbanken haben mit ihrer nunmehr restriktiveren Geldpolitik eine neue Ära an den Finanzmärkten eingeläutet. Unter diesen Prämissen dürften die Wertsteigerungen an der Börse und damit auch das Wachstum der Kundenportfolios wohl gemächlicher ausfallen.

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