Die UBS lanciert in der Schweiz ein Online-Angebot ums andere – während im Hintergrund ein System diskret das Kundenverhalten analysiert. Dabei steht die Grossbank mit ihren Digitalbemühungen selber unter Beobachtung.

Neue Digitalangebote im Quartalstakt: Das hat Sabine Magri, die operationelle Chefin (COO) des Schweiz-Geschäfts, vergangenen Mai in Aussicht gestellt. Damals lancierte die UBS ihre rein digitale Sortimentslinie Key4. Seither spult die Grossbank hierzulande Premieren ab – nach den Bereichen Vorsorge und Firmenkunden ist Anfang November eine Investment-Lösung «live» gegangen.

Mit den neuen Angeboten an der Front polstert die UBS nicht nur ihr Digital-Angebot an der Kundenfront aus. Die Kundenbewegungen, die auf den neuen Kanälen registriert werden, sind auch Futter für ein System, das diskret in den Kulissen der Bank arbeitet.

Die Rede ist von «Next Best Action»: Dies ist ein Ansatz, mit welchem das Kundenverhalten analysiert und in Empfehlungen ungemünzt wird. Die Bankberater erhalten auf diese Weise massgeschneiderte Vorschläge, mit welchen Angeboten sie als nächstes auf ihre jeweiligen Kunden zugehen können.

Auch bei den Retailkunden ausgerollt

Next Best Action ist in der Vermögensverwaltung von UBS Schweiz schon seit rund einem Jahr in Betrieb; mittlerweile wird das Instrument auch im breiten Retailgeschäft mit Privatkunden eingesetzt. Wie zu erfahren war, basiert das Tool in vielen Fällen auf klassischen Daten und Analysen nach einfachen Regeln, für die kein komplexes Modell nötig ist. Es macht aber auch Gebrauch von maschinellem Lernen. Mit anderen Worten: Je länger das System arbeitet und je mehr Daten es abgreifen kann, desto treffsicherer werden seine Empfehlungen.

Diese «Opportunitäten» werden anschliessend über das bankinterne Interface zu den Bankundenberatern gebracht. Momentan ist dabei von Denkanstössen die Rede, welche die Banker verwenden können, wenn sie es für angezeigt halten. Jedes Beraterteam handhabt dies nach Gutdünken. Ebenfalls fällt auf, dass die Empfehlung nicht direkt auf der Smartphone-App des Kunden aufscheinen, sondern den «Umweg» über die Beraterinnen und Berater nehmen.

Doch in einem Umfeld, in dem sich Bankkunden generell mit Transaktionen zurückhalten, könnten die Vorschläge der Maschine bald an Einfluss gewinnen. Damit zeichnet sich nicht nur für die UBS, sondern auch für alle anderen Schweizer Banken, welche die Kundenbewegungen gezielt auswerten, eine Gratwanderung ab.

«Der Kunde darf sich nicht ausspioniert fühlen»

Dies nicht nur, weil erst damit begonnen wurde, die gewaltigen vorhandenen Datenmengen für das Geschäft nutzbar zu machen. Anders als die grossen Suchmaschinen und Social-Media-Plattformen, welche das Nutzerverhalten mit hochgezüchteten Algorithmen auskundschaften und zielgerichtet Werbung verschicken, gelten für die Banken aus regulatorischer Sicht wie auch wegen des besonderen Vertrauensverhältnisses besondere Regeln.

Axel Weber, der vormalige Präsident der UBS, brachte es bereits im Jahr 2017 so auf den Punkt: «Der Kunde darf sich von uns nicht ausspioniert fühlen», erklärte er. «Sonst verlieren wir sehr schnell das Vertrauen.»

Sein Nachfolger Colm Kelleher hat seither die Zügel bei der UBS übernommen und redet bei der Digitalstrategie ebenfalls ein gewichtiges Wort mit. So wurde kolportiert, dass es der irische Vollblutbanker gewesen sei, der im vergangenen September auf den Rückzug von der geplanten Übernahme des amerikanischen Robo-Advisor Wealthfront gedrängt habe. Mit dem Fintech wollte Bankchef Ralph Hamers die Masse der vermögenden Kunde in den USA erreichen.

Hunderte Millionen in Technologie gesteckt

Umso wichtiger wird die Schweiz als Testmarkt für die digitale Transformation des Bankkonzerns. In den vergangenen neun Monaten hat die UBS hier operationelle Kosten von mehr als 1,7 Milliarden Franken angehäuft, wobei laut dem Institut der Löwenanteil davon in die Aufrüstung der Technologie geflossen ist. Hingegen sparte die Bank beim Personal und bei Immobilien, nachdem im Vorjahr 44 Filialen geschlossen worden waren – auch dies ein Gradmesser für den Erfolg des digitalen Wandels.

Mehr als 74 Prozent der UBS-Kunden in der Schweiz waren bis Ende vergangenen September auf den digitalen Kanälen der Bank aktiv, knapp 58 Prozent nutzten dabei auch das Smartphone. Dies sind Kennzahlen, welche die Bank nicht von ungefähr jedes Quartal publiziert. Denn für die Bewertung der Bank an der Börse spielt es eine wesentliche Rolle, wie die UBS mit der Digitalisierung vorankommt. Dabei über eine Maschine zu verfügen, die weiss, was die Kunden wollen, könnte noch von entscheidender Bedeutung sein.

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