Der Verband der Auslandsbanken in der Schweiz hat einen neuen Präsidenten. Adrian Nösberger, CEO der Schroder & Co Bank, über seine Pläne, die Position des Finanzplatzes und das schwierige Verhältnis der Schweiz zu Europa im Interview mit finews.ch.


Herr Nösberger, was reizt Sie daran, den Verband der Auslandsbanken zu leiten?

Ich bin schon seit acht Jahren im Vorstand aktiv, zuletzt als Vizepräsident. Das Spannende ist, mit sehr interessanten Persönlichkeiten einen Verband zu führen, Meilensteine zu definieren und dann am Ende für unsere Mitglieder einen Mehrwert zu erreichen.

Das ist ja unsere Aufgabe. Wir haben hochkarätige Leute im Vorstand. Da geht es auch um Grundsätzliches oder politische und geopolitische Themen.

Die Auslandsbanken haben auf dem Schweizer Finanzplatz ein grosses Gewicht. Wie würden Sie aktuell das Umfeld bewerten?

Nicht nur die Schweizer Banken, auch die Auslandsinstitute haben sich seit der Finanzkrise 2008 stark gewandelt. Transparenz, Informationsaustausch und andere Entwicklungen haben das Geschäftsmodell stark verändert.

Die Zahl der Auslandsinstitute ist zurückgegangen. Aber gleichzeitig ist auch die Anzahl der Schweizer Banken gesunken. Es hat sich also keine Schere geöffnet. Der Finanzplatz Schweiz ist aber nicht tot. Im Gegenteil: Ich glaube, er ist viel stärker, als er es vor der Finanzkrise war.

Welche Faktoren sind dabei für Auslandsinstitute attraktiv?

Stabile politische und rechtliche Rahmenbedingungen sind im Banking immer noch der wichtigste Faktor, und das ist in der Schweiz immer noch erstklassig. Auch das Umfeld mit den Universitäten und der ETH und die gute Ausbildung der Mitarbeitenden ist ein grosser Pluspunkt am Finanzplatz Schweiz. Die Ausbildung ist auf einem sehr hohen Stand, gerade im Vergleich mit anderen Ländern.

Wenn sie sehen, welche Erfahrung und Stärke rund um Zürich oder Genf in einem Umkreis von 30 Kilometern vorhanden ist, findet man das international nicht so leicht – ausser vielleicht noch in London. Das ist natürlich ein sehr guter Nährboden für eine ausländische Institution, wenn sie ein Bankgeschäft oder Finanzdienstleistungen aufbauen möchte.

Wo sehen Sie die Schweiz im internationalen Vergleich?

Neben den Rahmenbedingungen schätzen die Kunden vor allem die Offenheit des Finanzplatzes. Die Schweiz und London sind immer noch die zwei wirklich grossen, kompetenten Finanzzentren in Europa. In Asien ist es Singapur. Hongkong durchläuft gerade einen Veränderungsprozess. Und dann gibt es noch die USA und den Nahen Osten.

Es wird immer bestimmte Ereignisse und Verlagerungen geben, aber bisher hat nichts wirklich das Fundament des Schweizer Finanzplatzes untergraben. Natürlich gibt es aber geopolitische Tendenzen oder sich ändernde Rahmenbedingungen, die den Finanzplatz Schweiz belasten. Es war beispielsweise bedauerlich, dass die Finanzindustrie bei den Abstimmungen zu Verrechnungssteuer und Stempelabgaben im letzten Jahr nicht die Unterstützung des Volkes bekommen hat.

Und was lockt ausländische Kunden in die Schweiz?

Ein grosser Vorteil ist das breite internationale Leistungsspektrum und Netzwerk. Versuchen Sie in Italien, Belgien oder Spanien ein Konto in Schwedischen Kronen zu eröffnen, um damit an der Stockholmer Börse Aktien zu kaufen.

In der Schweiz ist das selbstverständlich. Hier gibt es die Systeme und die Infrastruktur dafür. Für die internationale Kundschaft gibt es sehr viele gute Gründe, in der Schweiz eine Bankbeziehung zu pflegen.

Die Zusammensetzung des Verbandes der Auslandsbanken ist sehr heterogen. Wie bringen Sie die verschiedenen Interessen unter einen Hut?

Ja, das stimmt. Wir haben Mitgliedsbanken mit Schwerpunkt Private Banking, Asset Manager, Firmenkundengeschäft oder Investment Banking und auch die Töchter ausländischer Grossbanken mit einem sehr breiten Angebot.

Die Bankiervereinigung, mit der wir natürlich eng zusammenarbeiten, ist mit ihren Gross- bis Regionalbanken eher noch heterogener als wir. Aber die wichtigen Themen sind zwischen den Schweizer- und den Auslandbanken ziemlich deckungsgleich.

«Die bilateralen Verträge sind in einer Sackgasse»

Ein wichtiges Thema ist der freie Marktzugang in der EU. Wie beurteilen Sie hier die Lage?

Persönlich glaube ich, dass die bilateralen Verträge zurzeit in einer Sackgasse gelandet sind. Und wir sehen leider auch, dass der Bundesrat bei dieser Thematik die Finanzbranche zu wenig einbindet und andere Themen priorisiert. Vielleicht liegt es daran, dass der Einbezug des Finanzsektors in der Vergangenheit immer zu schwierigen Diskussionen geführt hat.

Wie belastend ist das schwierige Verhältnis Schweiz-EU für die Auslandsbanken? Wie könnte hier ein Weg aussehen?

Das ist für viele Auslandsbanken ein sehr wichtiges Thema. Und hier bieten die Auslandsbanken ein hervorragendes internationales Netzwerk, von dem auch der Schweizer Finanzplatz mehr profitieren kann.

Nehmen Sie als Beispiel eine Schweizer Tochter einer europäischen Bank. Sie trifft auf Hürden, wenn sie mit europäischen Kunden grenzüberschreitende Geschäfte machen will. In Deutschland gibt es die Möglichkeit der vereinfachten Freistellung, die von der Bafin individuell für die einzelnen Institute gewährt wird. Das ist ein transparenter, pragmatischer und klar regulierter Vorgang. Ein solches Modell könnte auch mit anderen Nachbarländern funktionieren.

Im Gegensatz zur EU ist die Schweiz beim Thema ESG den Weg der Selbstregulierung gegangen. Ist das ein Vorteil oder ein Nachteil?

Ich erwarte, dass es beim Thema ESG-Regulierung in den kommenden Jahren noch viel Bewegung geben wird, sowohl in der Schweiz als auch in der EU. Die Selbstregulierung der Banken und der Asset Manager bei den ESG-Zielen ging schnell, um sich auf grundlegende Praktiken zu einigen.

«Mit der Zeit wird sich eine Best Practice herausbilden»

Die Politik ihrerseits hat erkannt, dass der Finanzindustrie beim Erreichen der Klimaziele eine wichtige Hebelwirkung zukommt. Und alle Beteiligten, inklusive Regulatoren, sind bei diesem sehr komplexen Thema noch in einem Lernprozess.

Die alles umfassende Lösung wird es letztlich nicht geben, aber man kann einen Meilenstein nach dem anderen erreichen. Ich denke, es wird sich mit der Zeit eine Best Practice herausbilden, die dann auch in der Schweiz einmal in ein Gesetz münden könnte.

Digitalisierung und Blockchain gehören zu den wichtigen Themen in Banking. Haben die Auslandsbanken hier andere Bedürfnisse?

Das ist eines der Themen, um das ich mich verstärkt kümmern will. Digitalisierung und Cyber Security gehören für mich integral zusammen und sind bei unseren Mitgliedern sehr wichtig. Dazu gehört auch das Thema Krypto und Blockchain.

Da hat sich in der Schweiz ein günstiges regulatorisches Umfeld herausgebildet, was auch von den Auslandsbanken gesehen und genutzt wird. Beispielsweise hat die spanische BBVA den Schwerpunkt ihrer Krypto- und einen Teil der Digitalisierungsaktivitäten bei ihrer Schweizer Tochter angesiedelt.

Der Ukraine-Krieg und die Sanktionen gegen Personen und Organisationen aus Russland waren vergangenes Jahr ein grosses Thema. Wie sind die Auslandsbanken damit umgegangen?

Die Sanktionen in den USA, der EU und der Schweiz haben unsere Mitglieder natürlich vor Herausforderungen gestellt. Nehmen Sie an, Sie sind die Schweizer Tochter einer Bank aus einem Nicht-EU-Land, die aber auch in der EU Geschäfte und Kunden hat.

Die Frage ist dann, wo und für wen gelten welche Sanktionen. Das kann sehr unübersichtliche rechtliche Fallstricke bergen, die auch noch Jahre später Konsequenzen haben können. Und ich erwarte, dass das Thema Sanktionen, nicht nur gegenüber Russland, auch in Zukunft die Banken noch weiter beschäftigen wird.


Adrian Nösberger ist seit 2013 CEO der Schroder & Co Bank, einer Tochtergesellschaft des britischen Asset Managers Schroders. Er bringt langjährige Erfahrung in der Finanzbranche sowie tiefgehendes Wissen über die Anforderungen und Herausforderungen der ausländischen Banken in der Schweiz mit. In der Vergangenheit hat Nösberger in vielen leitenden Positionen bei diversen Finanzinstituten gearbeitet. Er verfügt über einen Masterabschluss als Betriebsingenieur der ETH Zürich und ist Verwaltungsratsmitglied der Schweizerische Bankiervereinigung. Zudem ist er Teil des Vorstandes der Economiesuisse und im Stiftungsrat des Swiss Finance Institute (SFI).

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