Solange das Schicksal der CS Schweiz in der Schwebe ist, bleibt viel Raum für Spekulationen und politisches Hickhack. Die Rollen in diesem Schauspiel sind aber eigentlich klar verteilt.

Die UBS will die Credit Suisse möglichst rasch schlucken. Dies wurde an der Generalversammlung am Mittwoch in Basel mehrfach deutlich. Allerdings ist die ganze Übung sehr komplex – und eine Übernahme einer international systemrelavanten Bank durch eine ebensolche Konkurrentin gab es noch nie.

Zudem formiert sich Widerstand gegen den neuen Bankenkoloss, vor allem in der Schweiz. Von verschiedener Seite werden Vorwürfe laut, wonach die kombinierte UBS den Markt dominieren und sich damit in eine monopolähnliche Stellung hieven werde.

Dennoch liess sich UBS-Präsident Colm Kelleher an der Generalversammlung über seine Absichten in der Schweiz noch nicht in die Karten blicken. Was mit der CS Schweiz passiere, lasse sich erst nach dem Abschluss des Deals entscheiden, beantwortete er die Frage eines Aktionärs.

Weniger Auswahl für Exportunternehmen

Solange das Schicksal der CS Schweiz in der Schwebe ist, bleibt indessen viel Raum für Spekulationen.

Kritische Stimmen kommen zunächst von Bankkunden. Besonders exportorientierte Unternehmen können gewisse Geschäfte nur mit einer Grossbank abwickeln. Wenn mit dem Untergang der CS künftig in der Schweiz einzig die UBS solche Dienste anbietet, dürfte der Wettbewerb darunter empfindlich leiden.

Monopolähnliche Verhältnisse können vor allem im Firmenkundengeschäft nicht ausgeschlossen werden. Namentlich bei Handelsfinanzierungen, Bankgarantien und ungedeckten Firmenkrediten könnte der kombinierte Marktanteil in der Schweiz gemäss Schätzungen zu einer ungebührlichen Marktdominanz führen.

Chance für internationale Banken

Zwar ist davon auszugehen, dass mit dem Wegfall der CS internationale Banken oder vereinzelt Kantonalbanken in die Bresche springen werden. Ob sie sich gegen den neuen Platzhirsch UBS als echte Alternative im Firmenkundengeschäft behaupten können, ist indessen nicht zu erwarten.

Zum einen braucht es dafür spezifische Fachkenntnisse, zum andern sind die Spiesse im Wettbewerb mit einem solchen Marktdominator nicht zwangsläufig gleich lang. Im Geschäft mit internationalen Multis fürchtet die kombinierte UBS/CS deshalb am ehesten eine Monopolstellung, wie Präsident Kelleher vergangenen Woche ausführte.

Zurückgebundene Politik

Forderungen nach einer Abspaltung der CS von der neuen Eigentümerin werden deshalb auch in der Politik laut. Dabei handelt es sich aber oft mehr um ein Schaulaufen in eigener Sache vor den nationalen Parlamentswahlen, denn vor dem abschliessenden Durchwinken der Übernahme sind der Politik die Hände gebunden. Die Behörden wiederum haben die Fusion ihrerseits bereits per Notrecht bewilligt, das allerdings nur sechs Monate angewendet werden kann.

Darum liegt eine Abspaltung oder ein Börsengang des Schweizer Bereichs derzeit vollständig in der Macht der UBS, wie es scheint.

Die Weko in Lauerstellung

Trotzdem ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Nach vollzogener Fusion ist es juristisch möglich und nicht unwahrscheinlich, dass sich die Wettbewerbskommission (Weko) einschaltet und die neu entstandene Situation auf dem Schweizer Bankenplatz unter die Lupe nimmt.

Gemäss Artikel 10 des Kartellgesetzes (KG) muss die Weko nämlich Unternehmenszusammenschlüsse genehmigen, die zu einer Marktbeherrschung führen und wirksamen Wettbewerb beseitigen.

Finma hält sich bedeckt

Bei Banken tritt zwar, soweit es um Gläubigerschutz geht, die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) an die Stelle der Weko. Finma-Direktor Urban Angehrn gab sich an der Medienkonferenz am Mittwoch aber eher zahm: «Die Finma wartet die Stellungnahme der Weko ab. Danach beurteilen wir, ob allfällige Massnahmen zu treffen sind.» Die Behörde habe keine Handhabe, in die Strategie der UBS einzugreifen, wiegelte auch Finma-Präsidentin Marlene Amstad ab.

Die Weko kann also nicht einfach übergangen werden, sondern muss zwingend zur Stellungnahme eingeladen werden. Demnach könnte die Kommission mit ihrer neuen Präsidentin Laura Melusine Baudenbacher im Poker um die abschliessende Integration der CS zur grossen Gegenspielerin der Universalbank werden.

Heikle Gratwanderung

Eine ähnliche Gratwanderung in wettbewerbsrechtlicher Hinsich war im Jahr 1998 schon die Fusion von Bankgesellschaft und Bankverein, erinnerte sich Eugen Haltiner.

Der ehemalige Finma-Präsident zeigte sich deshalb schon vor der Bekanntgabe der Notrettung der CS in einem Interview mit CH Media (Artikel kostenpflichtig) überzeugt, dass die Weko wegen der marktdominierenden Stellung beider Institute gewichtige Vorbehalte haben werde.

Scharfer Sanktionskatalog

Diese Meinung teilt der streitbare Rechtsprofessor Peter V. Kunz. Die Weko könnte zwischen diesem Herbst und nächstem Frühling feststellen, dass der Wettbewerb in der Schweiz nicht richtig spielt.

Bei einem solchen Marktmissbrauch hat die Kommission scharfe Sanktionsmöglichkeiten, die von einer empfindlichen Busse an die Adresse der UBS bis zur Abspaltung ganzer Bereiche der neuen Bank reichen, erklärte Kunz gegenüber finews.ch.

Letztes Wort bei der Landesregierung

Allerdings könnte die Weko in letzter Instanz wieder von der Politik an die kurze Leine genommen werden.

Artikel 11 des Kartellgesetzes gibt dem Bundesrat jedenfalls die Kompetenz, von der Weko zuvor untersagte Unternehmenszusammenschlüsse auf Antrag hin dennoch zu bewilligen, «wenn sie in Ausnahmefällen notwendig sind, um überwiegende öffentliche Interessen zu verwirklichen».

Guter Draht nach Bundesbern

Diese Bestimmung wurde zwar noch nie angewendet. Wenn der politische Druck zu einer Abspaltung der CS in der Schweiz indessen weiter anhält, könnte der Bundesrat genötigt werden, in der Megafusion Farbe zu bekennen.

Im äussersten Fall gilt also bei diesem Powerplay das Primat der Politik. Der bestens vernetzte neue UBS-Chef Sergio Ermotti wird seine Drähte nach Bundesbern mit Bedacht einsetzen müssen.

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