Schweizer Staats- und Grossunternehmen haben sich zusammengeschlossen, um einen digitalen Pass zu lancieren. Die meisten Nutzer und das meiste Geld kommen aus der Finanzindustrie.

Bei der Lancierung der Swiss ID am Dienstag in Zürich war das Podium beinahe zu klein, um all die aufmarschierten Chefs zu beherbergen. Schulter an Schulter sassen die Spitzen der Schweizerischen Post, der SBB, Swisscom, der Credit Suisse und der UBS, Raiffeisen, der Zürcher Kantonalbank sowie dem Finanzdienstleister SIX und der Mobiliar.

Dies, um den ersten gesamtschweizerischen digitalen Pass auf den Weg zu bringen.

Wie finews.ch bereits am (gestrigen) Montag berichtete, werden die Arbeiten dazu in einer neuen Firma zusammengefasst. Laut der vom Konsortium verschickten Mitteilung wird die Swiss Sign Group ab Januar 2018 für die Entwicklung der Swiss-ID-Lösung zuständig sein. Die Leitung übernimmt Markus Naef (Bild unten), derzeit CEO der Swiss Sign AG.

Naef 500

Investitionen in zweistelliger Millionenhöhe

Ziel ist es, digitale Identitäten effizienter, nutzenfreundlicher und einfacher auszustellen und sowohl national wie auch international zu verwenden, wie es weiter hiess. Die Kontrolle über die Nutzung der Daten soll beim Anwender bleiben, während der Staat die Oberhoheit über den elektronischen Pass behält. Die kommerzielle Verwendung der Daten schliesst das Konsortium aus.

So viel Grosszügigkeit muss einen stutzig machen. Doch die Swiss Sign Group dürfte in den ersten Jahren ein Minusgeschäft für ihre Aktionäre sein, zumal für die Finanzdienstleister. Diese halten nämlich die Mehrheit an der Gruppe – 45 Prozent liegen bei den Banken und der SIX, 10 Prozent bei den «strategischen Partnern», die offenbar vorab aus der Assekuranz stammen.

UBS kommt auf 80 Millionen Logins im Jahr

Wie am Dienstag erklärt wurde, belaufen sich die Anfangsinvestitionen auf einen hohen zweistelligen Millionenbetrag. Geld, das die Banken und Versicherer wohl niemals zurückholen werden: Ab 2019 sollen Swiss Sign Erträge in einstelliger Millionenhöhe einspielen, die dann aber auf die Mitglieder gesplittet werden müssen.

«Hätten wir nur die Zahlen im Auge gehabt, dann hätten wir sicher nicht mitgemacht», sagte eine ranghohe Bankerin vor Ort. Dies umso mehr, als die Banken auch noch das Gros der Nutzer stellen – die UBS kommt hierzulande auf 80 Millionen Kunden-Logins pro Jahr. Das ist Schweizer Spitze.

Trumpfkarte gegen Amazon?

Schenken also die Finanzdienstleister der Schweiz eine neue Identität? Auf kurze Frist lautet die Antwort auf diese Frage: Ja. Auf lange Sicht aber haben sie ein vitales Interesse daran, dass ihre Kunden mit der Login-Lösung ihrer Hausbank Online-Dienste aller Art in Anspruch nehmen – und am Ende sogar abstimmen können. So gehört das E-Voting zu den diskutierten Anwendungen für die Swiss ID.

Die Schweizer Finanzdienstleister werden damit zu «Indentitätsdienstleistern». Eine mögliche Trumpfkarte, wenn die Banken und Versicherer gegen ausländische Internet-Riesen wie Amazon oder Google um die Gunst der Schweizer Kunden spielen.

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