Weltweit experimentieren mehrere Zentralbanken mit elektronischem Geld, das explizit gegen die Entstehung von Parallelwährungen im Stil von Libra gerichtet ist. Dazu gehört auch eine Gruppe von ETH-Professoren in der Schweiz.

Die Pläne für elektronische Währungen nehmen in verschiedenen Ländern zunehmend konkretere Züge an. In Schweden arbeitet die Riksbanken an einem gebrauchsbereiten Modell für eine E-Krone, die Chinesen haben in Teilen ihres Hoheitsgebietes einen E-Yuan eingeführt, und viele andere Staaten sind an der Entwicklung solcher digitaler Alternativen zu den gängigen Papierwährungen.

Warum aber gerade jetzt? Stefan Ingves, der Präsident der Schwedischen Reichsbank, hat eine sehr bestimmte Ansicht, wie der plötzliche Aufschwung dieser staatlichen Projekte zustande kam.

Grosse Befürchtungen

Für ihn war die Publikation des von Facebook gesteuerten Libra-Projektes 2019 der Moment, an dem sowohl die Privatwirtschaft als auch die staatlichen Akteure bemerkten, dass sie etwas unternehmen mussten, wie er an einem Webinar der ETH Zürich am (gestrigen) Donnerstag erklärte.

Während viele Zentralbanken sehr konkret an elektronischen Währungen arbeiten, die für die breite Öffentlichkeit bestimmt sind, beschränkt sich die Schweizerische Nationalbank (SNB) bis jetzt auf die Entwicklung einer elektronischen Währung für Teilnehmende des Finanzmarktes. Denn sie befürchtet, mit einem E-Franken für die Allgemeinheit das bewährte zweistufige Finanzsystem der Schweiz in Frage zu stellen.

Pläne für einen eFranc

Zwei Professoren der ETH Zürich, Hans Gersbach und Roger Wattenhofer, schlagen nun jedoch die Entwicklung eines elektronischen Frankens für die Allgemeinheit vor.

Sie möchten, dass die SNB einen eFranc produziert und diesen den Geschäftsbanken im Tausch gegen notenbankfähige Sicherheiten oder gegen physische Banknoten zur Verfügung stellt. Dies würde das monetäre System der Schweiz mit einer digitalen Form des gesetzlichen Zahlungsmittels für das Publikum ergänzen, wie sie in ihrem Konzept schreiben.

Die UBS sucht die Digitalisierung

Der neben Ingves prominenteste Teilnehmer am Webinar der ETH Zürich war Axel Weber, Verwaltungsratspräsident der UBS. Allein mit seiner Teilnahme unterstrich er, wie entspannt die Bankenwelt mittlerweile mit solchen neuen Instrumenten umgeht. Denn das Banking wird aktuell einer radikalen digitalen Kur unterzogen, und die UBS hat mit ihrem designierten CEO Ralph Hamers erst noch einen Digitalisierer an der Spitze.

Gemäss Weber hat die Corona-Krise die Digitalisierungswelle enorm beschleunigt. Aber die UBS hat keinerlei Interesse daran, dass eine Kryptowährung wie der Bitcoin oder Libra die existierenden Währungen ersetzt, sondern eben staatlich regulierte digitale Alternativen eingeführt werden, die im Gebrauch effizienter und damit auch für die Banken günstiger sind.

Konkurrenz der BigTechs

So tun sich in dieser zentralen Frage ganz neue Konstellationen auf, wie es am Donnerstag weiter hiess. Auf der einen Seite stehen die grossen, globalen Netzwerke wie Facebook oder Amazon bereit, ihre gesamte, auf der Datenhoheit beruhende Macht auch im Zahlungsverkehr zum Spielen zu bringen. Und andererseits bündeln staatliche Institutionen vereint mit etablierten Finanzmarktakteuren ihre Kräfte, um die Entstehung von Parallelwährungen und Zahlungssystemen zu verhindern.

Die damit verbundenen Herausforderung sind nicht zu unterschätzen. Gemäss Ingves würde die Einführung von solchen alternativen Zahlungsmitteln den kleineren Zentralbanken – wie der Riksbank – die Durchsetzung ihrer eigenen Geldpolitik auf die Dauer verunmöglichen.

Über die nationalen Grenzen hinweg

Auf der anderen Seite sind der rückläufige Gebrauch von Bargeld (nicht nur in Schweden) und die Ablehnung von physischen Zahlungsmitteln (aus Gründen der Hygiene) vollends eine Realität: «Man kann die Uhr nicht zurückdrehen», so Ingves.

Was für den Zentralbanker aus Schweden von grosser Bedeutung ist, ist die Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg, da sich die Beschränkung aufs Nationale als zu ineffizient herausstellt hat. Dies bedeutet, dass eine E-Krone, die in Schweden rund um die Uhr für den Austausch von Waren und Dienstleistungen zur Verfügung stheen würde, auch international frei umtauschbar sein müsste – und zwar ebenfalls 24/7 Stunden.

Einzig dem Profit verpflichtet

Nur so könne die Gefahr einer Währung, die von den globalen Techfirmen stamme, abgewendet werden und gleichzeitig das für eine neue Währung essenzielle Vertrauen der Bevölkerung gewonnen werden.

Diese neuartige Konstellation von staatlichen Akteuren und etablierten Finanzkonzernen gegen die Techgiganten ist darum bedeutsam, weil die Techfirmen mit ihren Alternativen einzig dem Profit ihrer Aktionäre verpflichtet sind. Anders die Zentralbanken, die ein öffentliches Gut zur Verfügung stellen, wie Hélène Rey, Professorin an der London Business School, zu bedenken gab.

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