GAM werde wieder zu Wachstum zurückkehren, bekräftigt Daniel Durrer, Vertriebschef des Vermögensverwalters, im Interview mit finews.ch. Nur: Auf Knopfdruck kämen die Kunden nicht.


Herr Durrer, GAM hat sich zuletzt im Vertrieb personell wieder verstärkt. Wie hat sich Ihr Job in den letzten zwölf Monaten verändert?

Wir wollten, dass der Vertrieb mit zwei Personen besetzt wird – eine für das Fondsgeschäft und eine für institutionelle Kunden (Jeremy Roberts und Jill Barber). Der Vertrieb blieb im Rahmen unseres Sparprogramms von einem Stellenabbau nicht verschont. Aber wir wollen demonstrieren, dass wir in Wachstum investieren, wo es sinnvoll ist. Wir sind dabei, ein weiteres Büro in Europa zu eröffnen. Unser Geschäft ist langfristig angelegt und wir betrachten diesen Ausbau strategisch.

Das Investmentangebot hat GAM drastisch reduziert. Wofür steht ihre Marke nun?

Wir sind ein ausschliesslich aktiver Manager, der ein hohes Alpha erzielt. Dies in den Bereichen spezialisierter Anleihen-, Aktien- und Absolute-Return-Strategien. Anlagelösungen mit Schwellenländeranleihen oder hypothekarisch besicherten Wertpapieren sind in einem Umfeld mit niedrigen oder negativen Zinsen attraktiv. Sie liefern ansprechende Renditen zu vernünftigen Preisen, wo andere Anlageklassen wie Hochzinsanleihen preislich ausgereizt sind.

Doch das Hauptproblem von GAM ist nicht gelöst: Auch ein Jahr nach der Liquidation der Absolute-Return-Fonds (ARBF), die im Mittelpunkt der Kontroverse im Tim Haywood standen, fliessen weiterhin Kundengelder ab.

Die Geldabflüsse sind nicht das Problem. Jeder Vermögensverwalter ist damit konfrontiert, abhängig von den Unwägbarkeiten des Marktes oder den Präferenzen bei der Asset Allocation. Unsere Abflüsse liegen in der Grössenordnung unserer Branchenkollegen. Uns fehlt jedoch das Wachstum, um sie zu ersetzen.

Der Fonds ist längst aufgelöst. Eine interne Untersuchung endete vor 16 Monaten.

Für Kunden, die die Reissleine gezogen und Geld abgehoben haben, kann es ein intensiver zwei- bis dreijähriger Prozess sein, sie wieder zurückzugewinnen. Sie müssen erst wieder realisieren, dass wir einen Mehrwert schaffen oder etwas bieten können, was andere nicht können.

«Seitdem haben wir viel an der Kultur gearbeitet»

Wir befinden uns mitten im Wiederaufbau. Das Feedback der Kunden ist positiv. Aber ich kann nicht auf einen Knopf drücken, um Kundeninteresse in Zuflüsse umzuwandeln.

Inwieweit ist das Erbe der ARBF noch Teil Ihrer Kundengespräche?

Das ist es nicht mehr. Vielleicht war es damals im Sommer 2018 ein Fehler gewesen, den Kunden zuerst einen Brief mit wenig Substanz, aber dramatischen Formulierungen zu schicken. Als wir das Fehlverhalten zwei Wochen später im Detail schilderten, waren viele Kunden der Meinung, dass wir den Manager (Tim Haywood) zu voreilig suspendiert hatten. Aber unsere Kunden standen im Mittelpunkt der Entscheidung. Sie schätzten es, dass wir ihnen 100 Prozent ihres Geldes auf die fairste Art und Weise zurückgegeben haben. Seitdem haben wir viel an unserer Kultur gearbeitet. Es war ein starkes Statement innerhalb von GAM, dass ein Star-Manager genauso behandelt wird wie jeder andere Mitarbeiter auch.

Tatsache ist, dass sich GAM vor dem Hintergrund einer Pandemie in einer Krise steckt und die Kostenbasis zu hoch ist.

Ja, aber es verdeutlicht auch die Langfristigkeit unseres Geschäfts. Glücklicherweise haben wir langfristige Kundenbeziehungen. Ich habe das Übergreifen von ARBF auf andere Strategien unterschätzt. Aber ich bin überzeugt, dass wir auf dem richtigen Weg sind, bald wieder Nettozuflüsse zu verzeichnen.

Der Aktienkurs von GAM zeigt, dass die Anleger Ihren Optimismus nicht unbedingt teilen.

Ich denke, sobald der Markt einen Wachstumspfad sieht, wird sich dies auf unseren Aktienkurs sehr positiv auswirken. Es ist nicht üblich, dass unsere Kunden bei ihrer Entscheidung, ob sie in unsere Produkte investieren wollen, auf den Aktienkurs schauen.

«Ich bin nicht gegen passive Instrumente»

Aber es ist klar, dass unsere Kunden nach einem Ereignis wie ARBF und dem Managementwechsel wünschen, dass sich die gemachten Fortschritte auch im Aktienkurs spiegeln.

Für welche Produkte zeigen die Kunden konkret Appetit?

Die Kunden sind hungrig nach Renditen bei Produkten wie Katastrophenanleihen, Schwellenmarktanleihen, nachrangigen Anleihen oder hypothekarisch besicherten Wertpapieren. Kürzlich haben wir ein Ticket im Wert von rund 150 Millionen Franken von einem grossen Schweizer Unternehmen gewonnen. Das ist für uns umso bemerkenswerter, weil es dort einen Manager für Insurance-Linked Securities im Haus hat. Das Kundeninteresse ist derzeit sehr breit gefächert und umfasst sowohl Aktien als auch Absolute-Return-Strategien, die während des Covid-19-Abschwungs einen Mehrwert darstellten.

Was sind die Argumente von GAM gegen eine zunehmende Verlagerung auf passive Instrumente?

Es handelt sich dabei nicht um den viel zitierten Krieg von Aktiv gegen Passiv. Ich bin nicht gegen Strukturierte Produkte oder passive Instrumente – je mehr Auswahl die Kunden haben, desto besser. Aber es gibt eine Untergruppe von Managern, die hohe Gebühren ohne den Mehrwert einer aktiven Strategie verlangen; sie werden unter Druck geraten. Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Anlageklassen, die sich für eine passive Verwaltung nicht eignen.

«Diese paar Basipunkte sind attraktiv»

Ein wirklich aktives Management, das den Kunden einen Mehrwert bietet, wird weiterhin Vermögen anziehen. Wir haben in diesem Jahr eine grosse Anzahl von Strategien gesehen, die ihre Benchmarks deutlich übertroffen haben, insbesondere in den derzeitigen volatilen und unsicheren Marktbedingungen.

GAM arbeitet noch immer mit Greensill, wo eine der Ursachen der ARBF-Probleme lag, in einem Supplychain-Fonds zusammen.

Wir haben jetzt eine auf Franken lautende Version des Fonds, mit positiven Renditen knapp über Null. Ein paar Basispunkte sind wesentlich attraktiver als der Negativzins von 0,75 Prozent, der auf den grossen Franken-Girokonten von Schweizer Kunden erhoben werden.

Ein in Luxemburg ansässiger Fonds von GAM Greensill zeigte kurz vor Quartalsende einen grösseren Abfluss und eine Woche später eine Investition in fast gleicher Höhe. Ist das ein Zeichen dafür, dass Kunden das Halten von Greensill-Instrumenten nicht melden wollen?

Nein. Einige Anleger müssen kurz vor Ende einer Berichtsperiode Gewinne realisieren oder haben regulatorische, steuerliche oder andere Gründe für einen Rückzug. Die Tatsache, dass das Geld an uns zurückgegeben wurde, zeigt mir, dass der Kunde mit dem Produkt zufrieden war.

Neben Wachstum und Effizienz ist Transparenz eine weitere Säule der neuen Strategie von GAM. Können Sie dazu Genaueres sagen?

Dies betrifft speziell den Bereich ESG, wo wir im Begriff sind, einen Experten zu ernennen, der direkt unserem CEO Bericht erstattet. Dies unterstreicht die Bedeutung des Themas für uns. Wir glauben, dass wir als aktiver Manager durch unser Engagement für Unternehmen eine Schlüsselrolle bei der Herbeiführung von Veränderungen spielen können. Wir planen auch, Anfang nächsten Jahres ein Produkt im Segment der Greenbonds auf den Markt zu bringen.


Daniel Durrer ist bei GAM Leiter des Vertriebs für Europa, ausser Grossbritannien, und Lateinamerika. Der Schweizer ist seit 2002 bei GAM, das 1983 vom Hedge-Fund-of-Fund-Pionier Gilbert de Botton gegründet wurde.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.66%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.63%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.17%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.07%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.47%
pixel