An der Spitze von J.P. Morgan Schweiz war er einst einer der einflussreichsten Banker im Land. Bestens vernetzt ist Pascal Ravery noch immer – und hat nun ein Comeback der speziellen Art hingelegt, wie er gegenüber finews.ch berichtet.

Wer Pascal Ravery dieser Tage kontaktieren will, schreibt eine Mail. Es gibt keine Vorzimmerdame, keinen Pressesprecher, keine Disclaimer mehr im Austausch mit ihm – obwohl das mehr als 30 Jahre lang seine Welt war.

Der gebürtige Franzose mit MBA-Abschluss vom Insead in Fontainebleau bei Paris diente während dieser Zeit bei den weltweit mächtigsten Investmentbanken. So sieben Jahre bei Goldman Sachs in London und New York, wo er als einer der ersten nicht-angelsächsischen Banker in die Teppichetage vorrückte. Ganze 23 Jahre wirkte er im mindestens ebenso abgezirkelten Management von J.P. Morgan.

Dort verantwortete er das Investmentbanking in Frankreich und stand schliesslich dem Schweiz-Geschäft der amerikanischen Bank als CEO und später als Präsident vor. In einem Ranking zählte in finews.ch damals zu den bedeutensten Bankern des Finanzplatzes.

Signal des Körpers vernommen

2014 zwang ihn dann eine schwere Verletzung, seine Banker-Karriere zu überdenken, wie Ravery im Gespräch mit finews.ch berichtet. «Ich denke, das mein Körper ein Signal sandte, die Art und Weise meiner Arbeit zu ändern», blickt er zurück. «Das bestätigte mich nur in dem, was ich bereits über das Business dachte.»

2015 gründete der heute 59-Jährige Lakeside Capital Advisers mit Sitz in Baar ZG. Anfang diesen Jahres arbeitet die Firma nun auf vollen Touren. Will heissen: Ravery selber. Denn der Regenmacher von einst unternimmt alles auf eigene Faust. Er wolle kein Team mehr aufbauen oder leiten, betont er. «Nach drei Dekaden bei Grossbanken schätze ich diese Freiheit».

Wobei Freiheit im Falle von Ravery nicht mit Freizeit zu verwechseln ist. Nach seinem Ausscheiden bei J.P. Morgan hätte er sich der Familie und seiner Leidenschaft für den Pferdesport widmen können. Stattdessen jongliert er derzeit nicht weniger als sieben verschiedene Mandate.

Einsatz bei Sika und Syngenta

Diese sind so hochkarätig wie eh und je. So beriet Ravery etwa den Verwaltungsrat des Agrochemie-Riesen Syngenta bei der Abwehr des Übernahmengebots der Rivalin Monsanto. Wie der Top-Banker berichtet, assistierte er dem Schweizer Konzern weiter, bis dieser schliesslich von der chinesischen Chemchina übernommen wurde.

Zuhilfe rief man Ravery auch in der gegenwärtig wohl schmutzigsten Bieterschlacht in der Schweiz: Dem Verkauf des Bauzulieferers Sika an die französische Konkurrentin Saint-Gobain, über den auch finews.ch wiederholt berichtete (etwa hier und hier). Er sei kurz vor der letzten Generalversammlung vor der Sika-Erbenfamilie Burkard beigezogen worden, berichtet Ravery. Er habe «taktische Hilfe» geleistet, sagt der erfahrene Dealmacher dazu nur – und hofft «trotz der komplexen und angespannten Situation», dass die Parteien doch noch zu einer konstruktiven Lösung finden.

Involviert war Ravery nach eigenen Angaben auch in den SGS-Verkauf von Exor an GBL und in den Lafarge-Holcim-Merger, der allerdings bereits Anfang 2014 eingefädelt wurde.

Gefragte Lorbeeren

Als Einzelperson unabhängigen und vor allem absolut diskreten Rat zu liefern: das ist die Nische von Ravery. Seine Kunden sind Verwaltungsräte und Firmenbesitzer, die auf der Suche nach einem vertrauenswürdigen Ratgeber in schwierigen Situationen suchen.  Einen «trusted advisor» also.

Die Beratung kann «upstream» erfolgen, wie es im Jargon heisst. Etwa in der Form eines ersten Gutachtens, bevor ein Deal überhaupt unternommen wird. Oder «downstream» im Zusammenspiel mit Investmentbanken, wenn bei einer Transaktion eine neue Sichtweise gesucht ist.

Dieses Angebot ist gefragt. Wie die Schweizer «Finanz und Wirtschaft» berichtete (Artikel bezahlpflichtig), bewegte Lakeside Capital Advisers im ersten Jahresviertel 2016 ein Marktvolumen von nicht weniger als 46,6 Milliarden Dollar. Damit rückte das Ein-Mann-Unternehmen aus dem Stand auf Rang 13 unter den Beratern von Fusionen und Übernahmen weltweit vor.

Auf jene Lorbeeren greifen gerne auch andere zurück. Wie finews.ch kürzlich berichtete, engagierte das globale Beratungsunternehmen Alix Partners den Ex-Banker als Senior Advisor seines Schweizer Teams. Laut Ravery wird ihn das neue Mandat jedoch nicht über Gebühr beanspruchen.

Banken mit Vertrauensproblem

Als Berater auf eigene Faust befindet sich Ravery derweil in guter Gesellschaft mit anderen Regenmachern mit Grossbanken-Vergangenheit. Die Investmentbank-Boutiquen boomen, zu den feinsten Adressen gehören etwa die von Ex-UBS-Bankern mitgegründeten Centerview Partners oder die Perella Weinberg Partners mit Credit-Suisse-Vergangenheit.

Der Erfolg der Boutiquen bedeutet gleichzeitig die Entzauberung der grossen Investmentbanken. Die grossen Adressen stehen bei Firmeneignern zunehmend im Ruf, nicht voll vertrauenswürdig und vorab Deal-getrieben zu sein. Ebenfalls wird den Grossbanken vorgeworfen, dass sie eher ein Heer von Jungbankern ins Rennen schicken als wirklich erfahrene Dealmacher.

Dazu will sich Ravery nicht äussern. Er stimmt aber zu: «Die Top-Entscheider schätzen Erfahrung und Entscheidungskraft höher als blosse Analyse». Ein Vorteil für den Regenmacher vom Zugersee.

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