Die WIR Bank will digitalen Lösungen mit überragendem Kundennutzen lancieren, wie CEO Germann Wiggli im Interview verrät. Dank der Bitcoin-Diskussion profitiere das Institut von seiner Komplementärwährung.


Das Interview stammt von der Partnerwebsite schweizeraktien.net.


Herr Wiggli, angenommen, Sie treffen im Lift den Geschäftsführer eines KMU. Wie überzeugen Sie ihn in 30 Sekunden von der WIR Bank?

Ich stelle ihm die Frage: Sind Sie interessiert daran, sich neue Kundenkreise zu erschliessen und folglich die Chance auf mehr Umsatz und Ertrag zu haben?

Was entgegnen Sie, wenn angeführt wird, dass man als Kunde der WIR Bank am Ende auf der WIR-Währung sitzen bleibt?

Wenn das so ist, war der Start – und damit einhergehend die Beratung – nicht optimal. Das WIR-System unterscheidet sich als weltgrösste Komplementärwährung dadurch, dass zuerst die potenziellen Investitions-, also die Ausgabemöglichkeiten, analyisiert werden müssen – und erst dann geht es ans Einnehmen.

Sie waren ein Vorreiter bei der Aufhebung des Bankgeheimnisses. Wie argumentieren Sie gegenüber Kritikern dieser Massnahme?

Ich stelle ihnen eine Gegenfrage: Wie sinnvoll – und letztlich wie stark – ist ein KMU-Netzwerk, bei dem sich die teilnehmenden Unternehmen gegenseitig nicht kennen?

«Kein Stück Papier ist hier mehr im Spiel, vom Kundenentscheid bis zur Dokumentenablage»

Diese outen sich mit der Teilnahme auf unserer Plattform www.wirmarket.ch um Zusatzgeschäfte zu tätigen. Sie entscheiden selber über die Daten, welche sie auf der Plattform veröffentlichen möchten.

In den vergangenen Jahren, besonders ab 2016, wurde die WIR Bank unter Ihrer Führung stark aus- und aufgebaut. Zuletzt sind auch Sach- und Personalaufwand überproportional gestiegen. Wenn Sie vom Ziel her denken, was soll die Investitionsinitiative bringen?

Wir haben im November 2016 eine massive Modernisierung der WIR-Welt gestartet. Diese zeigt sich in zahlreichen neuen digitalen Produkten und Dienstleistung, wie der kostenlosen KMU-Plattform «WIRmarket» als Shop, Suchmaschine und virtuellem Treffpunkt der WIR-Teilnehmer, der mobilen Zahl-App «WIRpay» oder dem durch den gesamten Prozess volldigitalisierten Kontoeröffnungsprozess für Geschäftskunden. Kein Stück Papier ist hier mehr im Spiel, vom Kundenentscheid bis zur Dokumentenablage – hier sind wir sogar Vorreiter in der Schweiz.

«Mit unserer Fokussierung auf den Schweizer Markt heben wir uns von der breiten Masse ab»

Gleichzeitig ist unser Auftritt grunderneuert, die Kommunikation lauter und direkter – immer unter der Prämisse: WIR spricht KMU. All dies soll das Netzwerk natürlich attraktiver und einfacher machen, mehr Kunden bringen – und genau dadurch eben wieder das Netzwerk stärken. Ich muss noch einmal «Win-Win» zitieren…

Trotz anhaltend schwierigem Tiefzinsumfeld ist die WIR Bank kontinuierlich gewachsen. Wie machen Sie das?

Vorweg: Das Tiefzinsumfeld blendet natürlich einen Wettbewerbsvorteil von WIR, die günstigen Finanzierungslösungen, aus. Das wollen wir in keiner Weise schönreden. Das dennoch stetige Wachstum der Gesamtbank ist Beweis dafür, dass wir mit attraktiven Konditionen und Dienstleistungen den Nerv der Bevölkerung treffen.

Und mit unserer Fokussierung auf den Schweizer Markt heben wir uns von der breiten Masse sicherlich ab. In unserer Werbung bezeichnen wir uns selbst als «grundsolide, rein schweizerische Genossenschaftsbank» – und darauf sind wir und ganz offenbar auch unsere Kunden stolz.

Was ist das Besondere an Ihrer Digitalisierungsstrategie?

Wir digitalisieren nicht, damit wir digitale Produkte haben – sondern bei uns steht der Kundennutzen im Zentrum. Ein digitales Produkt, wie «WIRmarket», «WIRpay» oder die Online-Kontoeröffnung, muss dem Kunden Erleichterung, aber auch einen Spassfaktor bringen. Digitale Entwicklungen dürfen kein Feindbild, sondern müssen nutzenstiftend sein.

«Der Prophet im eigenen Land?»

Bereits in wenigen Wochen werden wir den Markt – notabene komplett ausserhalb des WIR-Bereichs, soviel sei verraten – mit einer weiteren digitalen Lösung mit überragendem Kundennutzen überraschen. Was uns im Digitalisierungsprozess auch ganz wichtig ist: Der Kunde soll, nein, der Kunde muss mitreden können. Bereits heute sind diverse Optimierungswünsche bei «WIRpay» umgesetzt – und auch hier können wir schon demnächst einen nächsten Quantensprung beim einfachen und bequemen Zahlen per Smartphone verkünden.

Seit der Bitcoin ein grosses Thema ist, scheint es, als ob Ihre seit Jahrzehnten funktionierende Komplementärwährung grosses Interesse und Anerkennung im Ausland geniesst.

Der Prophet im eigenen Land? (lacht) Es liegt sicher daran, dass sich vor allem im Ausland, zum Glück aber auch in der Schweiz, viele Leute mit dem Thema Komplementärwährung vertieft befassen. Und sie erkennen rasch, dass WIR für eine Wirtschaft, aber auch für jedes einzelne teilnehmende Unternehmen einen Mehrwert bieten kann.

Was darf man in nächster Zeit von der WIR Bank sonst noch erwarten?

KMU-Förderung wie seit 1934, denn Tradition verpflichtet. Neu natürlich mit modernen Instrumenten – dass wir dies können, haben wir mit dem Relaunch im November 2016 bewiesen. Und alles gepaart mit lauter und selbstbewusster Kommunikation, denn die Schweizer KMU-Wirtschaft ist es wert, mit einem starken Netzwerk und der weltgrössten Komplementärwährung gefördert zu werden!


Germann Wiggli ist seit 2007 CEO der WIR Bank mit Hauptsitz in Basel. Er machte zunächst eine kaufmännischen Grundausbildung in einem Basler Chemiebetrieb, arbeitete dann während einiger Jahre bei einem grossen Wirtschaftsprüfungungsunternehmen. Danach folgte der Wechsel in die Bankenwelt. Am 1. Mai 1993 trat er in die Dienste des damaligen Wirtschaftsrings, wo er später als Leiter der Abteilung Kredite arbeitete, bis er zum CEO aufstieg. Die 1934 als Wirtschaftsring gegründete WIR Bank Genossenschaft hat sich über die Jahre zu einer landesweit aktiven Universalbank gewandelt.

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