Ein Bankangestellter, der nie klagt, nie Feierabend macht, geschweige denn Ferien braucht und dabei immer bessere Leistungen vollbringt und immer weniger kostet? Die Credit Suisse hat den Idealtypus gefunden.

Die Credit Suisse (CS) hat in den vergangenen Jahren weniger durch ihre Personaloffensiven auf sich aufmerksam gemacht, denn durch den konsequenten Abbau von tausenden von Jobs. Der Kostendruck lastet dermassen auf der Bank, dass den anhaltenden Sparmassnahmen auch ein ganze Managementebene zum Opfer fallen soll.

Das Personal stellt nicht nur den höchsten Kostenblock in einem Finanzinstitut. Es ist auch ein ständiger Unruheherd, stellt Ansprüche, fällt durch Krankheit aus, will Ferien machen und beklagt sich über den zu tiefen Bonus, keinen Fensterplatz oder defekte Computer, Druckerstau oder abgestürzte Firmen-Handys.

Digitalisierung mit menschlichem Antlitz

Was Wunder, wenn in den Innovationsküchen der Banken darum an Robotern getüftelt wird, welche die Arbeitsleistungen von menschlichen Angestellten übernehmen können – ohne Ansprüche, Klagen und Pausen.

Während die Digitalisierung von menschlichen Arbeitsprozessen bislang völlig gesichtslose Prozesse geschaffen hat, ist es der CS nach mühseliger Arbeit gelungen, der Digitalisierung ein menschliches Antlitz zu verleihen.

Der seit kurzem im Einsatz stehende Roboter heisst Amelia –Stimme und Aussehen sollen wohl vermitteln, dass Amelia ein weiblicher Roboter ist.

Amelia ist die ideale Mitarbeiterin: Sie ist immer freundlich, immer verfügbar, braucht keine Kaffee- oder Zigarettenpause, nimmt keine Ferien und das Beste: Sie lernt ständig dazu, wie die CS ihre neuste Mitarbeiterin stolz beschreibt.

Langweilige Arbeiten abnehmen

Einsetzen tut die CS Amelia an der internen Beschwerde-Anlaufstelle, dem Global Service Desk. Dort übernehme sie von CS-Mitarbeitern Arbeiten, welche diese als «langweilig empfinden», wie Amelia gleich selber erklärt. Also beispielsweise Computerabstürze beheben, Passwörter zurücksetzen oder überfüllte Email-Inboxen ausmisten.

Gemäss CS machen solche einfachen Probleme knapp die Hälfte aller Anfragen am Support-Desk aus. Die Folge davon: Lange Wartezeiten und Ärger, sowohl bei den um Hilfe suchenden CS-Angestellten als auch bei den Service-Leuten, welche mit solchen Anfragen «belästigt» werden.

Erkennt Frust

Nicht mit Amelia: Sie brauche keine Pausen oder Ferien, so die CS. Sie sei immer verfügbar, ohne Wartezeit. Und sie habe eine menschliche Stimme (man kann sich im Video davon überzeugen).

Sprich: Amelia wird nicht patzig wie der Mitarbeiter vom Support, der einem Angestellten zum x-ten Mal erklären muss, wie man das Papier richtig in den Kopierer einlegt. Amelia hingegen sei klug. Und sie habe menschliche Eigenschaften, ein emotionales Bewusstsein, wodurch sie beispielsweise erkennen könne, wenn Menschen irritiert oder frustriert seien.

Menschen bleiben «dringend» nötig

Amelias Nachteil: Es brauchte eine Vielzahl von teuren Arbeitskräften, um sie zu programmieren. Eigentlich ist Amelia ein «Contractor»: Die CS kaufte sich den Zugang zu ihr vom Spezialisten für künstliche Intelligenz IPsoft. Dann machte sich ein CS-Team ans Werk, Amelia für den Job fit zu machen: Datenwissenschaftler, neuro-linguistische Programmierer, Neurowissenschaftler, Linguisten, Applikationsentwickler, Geschäftsprozess-Analysten und vor allem auch Mitarbeitende, die viel Zeit im Support verbracht haben.

Das Ergebnis? Amelia könne bei Weitem nicht alles lösen. Der IT-Support von Menschen sei immer noch dringend nötig. Aber sie werde lernen, auch kompliziertere Probleme zu lösen, sogar andere Sprachen zu sprechen. Ohne Pausen oder Ferienauszeiten.

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