Damit ist zumindest fraglich, ob der Kulturwandel bei den Investmentbanken tatsächlich vollzogen worden ist. Ein Doyen der Branche, der heute als Berater unterwegs ist, sieht es so: Immer noch verlangten militärisch aufgezogene Fusionen und Übernahmen einen militärischen Umgangston. Übergriffe jeder Art, Mobbing und Beschimpfungen seien aber komplett «out». Bei einigen hochrangigen Bankern sei dies teils noch nicht angekommen. Doch irgendeinmal würden sie eine Linie zu viel übertreten – und müssten dann die Konsequenzen tragen.

Harscher Umgang mit Praktikanten

Das solche roten Linien vor einigen Jahren noch getestet wurden, ist auch im Umfeld des CS-Handelsraums in Zürich zu vernehmen. So erfuhr finews.ch aus erster Hand, dass ein Senior Trader in der Vergangenheit seinen Kollegen bei Widerspruch massiv drohte. Die Quelle wusste auch von Geschichten zu berichten, die im Handelsraum die Runden machten – etwa, wie harsch man früher mit Praktikanten umgesprungen sei. Allerdings sagte die Quelle auch, dass diesbezüglich heute Nulltoleranz herrsche.

Ein CS-Sprecher erklärte gegenüber finews.ch: «Die geschilderten Vorgänge sind uns nicht bekannt. Die Credit Suisse setzt global klare Verhaltensstandards und erwartet deren Einhaltung. Die Bank ermutigt auch ihre Mitarbeitenden weltweit, Hinweise auf unkorrektes Verhalten auf den dafür speziell vorgesehenen internen Kanälen zu melden. Solche Meldungen werden ernst genommen und sorgfältig untersucht. Verstösse werden konsequent sanktioniert.»

Ombudsfrau eingesetzt

Das ist auch die Linie, die CS-Chef Thiam von oben her verordnet hat. Insbesondere gegen sexuelle Übergriffe kennt die Bank kein Pardon: Thiam persönlich ernannte Antoinette Poschung Anfang dieses Monats zur Ombudsfrau für ethische und Verhaltensfragen im Konzern. Künftig werde jeder Verdacht auf Belästigung von dieser Stelle geprüft, so das Versprechen der Bank.

Bei der grössten Schweizer Bank, der UBS, sagte derweil eine Sprecherin: «Die UBS hat seit 2010 eine Grundsatzerklärung zum Thema Diskriminierung und sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz.» Darin sei festgehalten, dass sexuelle Belästigung nicht toleriert würden, wie man solche Belästigungen erkennen und vermeiden könne, welche Beschwerdemöglichkeiten Mitarbeitende hätten und mit welchen Sanktionen zu rechnen sei.

Sport gegen Stress

Wie es im Umfeld der UBS weiter heisst, fliesst das Verhalten am Arbeitsplatz auch in die Beurteilung der Mitarbeitenden ein. Das Verhalten habe einen direkten Einfluss auf Vergütung und Beförderung.

Das scheint mittlerweile Branchenstandard zu sein, wie ein ranghoher Investmentbanker eines US-Hauses in der Schweiz bestätigt. Er pocht allerdings auch darauf, dass die Vorgesetzten den «Code of Conduct» vorleben. Auch er hat die «alten» Zeiten noch miterlebt und bestätigt, dass der Stress im Investmentbanking nicht abgenommen hat. Doch wer Dampf ablassen wolle, dem empfiehlt er lapidar: «Gehen Sie hinaus, treiben Sie Sport.»

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
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