Ein Vorfall bei der Credit Suisse hat die überwunden geglaubte Macho-Kultur im Investmentbanking wieder ins Rampenlicht gerückt. finews.ch fragte nach, wie es um die Nulltoleranz im Metier wirklich steht.

Die Episode begann als Sommerloch-Gerücht, endete aber bitterernst: Wie auch finews.ch berichtete, wurde ein ranghoher Banker der Credit Suisse in New York Anfang Juli Knall auf Fall freigestellt. Noch mehr: In einem Medienbericht leckte gar der Name des entlassenen Kadermanns durch, was in der aufgeheizten Stimmung rund um die #MeToo-Debatte in den USA ein faktisches Berufsverbot für den 37-jährigen Banker bedeutet.

Dabei ist weiterhin unklar, wie sich der Fall genau zugtragen hat. Während erst von Übergriffen auf eine Praktikantin nach einem Firmenausflug die Rede war, schrieb die Nachrichtenagentur «Bloomberg» später von wiederholt aggressivem Verhalten gegenüber Untergebenen – sogar gegenüber Männern. Der Banker sei ein «bully» gewesen, also einer, der Schwächere plagt.

Sofort machte ein Begriff die Runde, der eigentlich in der durchregulierten und überwachten Ära des Nachkrisenbanking als überwunden galt: die «Bro Culture».

Rauschende Partys und virtuelle Gangs

Zu dieser «Kultur» werden alle Exzesse geschlagen, die den Investmentbankern in den Zeiten vor der Finanzkrise zugeschrieben wurden: verschwenderischer Umgang mit Geld, rauschende Partys à la «Wolf of Wall Street». Aber vor allem ein Testosteron-geladener Büroalltag, in dem sich die Leitwölfe aufgrund der Unsummen an Geld, das sie für die Banken verdienten, alles herauszunehmen glauben zu dürfen.

Welcher Umgangston etwa im Handel zuweilen herrschte, und wie wenig sich hochbezahlte Finanzexperten um Compliance scherten, trat spätestens mit den dreisten Zins- und Devisenmanipulationen nach 2009 zutage: In Chats schlossen sich Trader zu virtuellen Gangs zusammen und mokierten sich über geltende Regeln.

Klassische Muster

Nach den Milliardenstrafen, die auch die Schweizer Grossbanken UBS und Credit Suisse (CS) wegen ihrer Manipulationen zahlen mussten, hat Nulltoleranz im Investmentbanking Einzug gehalten. Während seither Algorithmen nach internen Betrügereien fahnden, wird das Personal in den Verhaltensregeln, dem «Code of Conduct» der jeweiligen Bank, geschult. Bei der CS ist das Melden von Regelverstössen gar Bonus-relevant, wie CEO Tidjane Thiam unlängst betonte.

Und trotzdem ereignete sich in New York unlängst jener Fall, der das klassische Muster der «Bro Culture» aufweist: Der inzwischen geschasste Banker glaubte, sich aufgrund seines Rangs und seiner Erfolge ein Verhalten gegenüber Mitarbeitenden leisten zu können, das inakzeptabel ist. Dabei blieben die Übergriffe offenbar so lange unter dem Deckel, bis sich CS-Praktikanten an das US-Branchenportal «Dealbreaker» wendeten und die Ausfälligkeiten öffentlich machten.

Inklusive «Name and Shame»

Erst so begannen die Gesetze der Nachkrisen-Ära im Investmentbanking zu greifen – innert Kürze befand sich der Mann an der frischen Luft, inklusive «Name and Shame», wie sich noch herausstellen sollte.

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