Hinter dem nüchternen Ausdruck «Décharge verweigert» verbirgt sich eine letztlich viel dramatischere Konstellation: Die Aktionäre haben der UBS-Spitze das Vertrauen entzogen. Das macht das Führen noch schwieriger – wenn nicht gar unmöglich.

Vordergründig ist das Nein zur Entlastung der UBS-Chefs nichts weiter als eine Warnung an die Adresse von Weber, Ermotti & Co. Die Aktionärinnen und Aktionäre drücken so ihre Besorgnis im Zusammenhang mit dem Rechtsfall in Frankreich aus, der für die grösste Schweizer Bank möglicherweise sehr teuer zu stehen kommen könnte. So halten sie sich die Option offen, juristisch gegen die UBS vorzugehen.

In der Praxis hat dieses vermutlich historische Ereignis in der jüngeren Schweizer Bankengeschichte aber wesentlich grössere Konsequenzen: Präsident Weber und Konzernchef Ermotti sind mit der Tatsache konfrontiert, dass sie die Entwicklung der Bank in den vergangenen zwei Jahren haben schleifen lassen.

Problem geht über Frankreich hinaus

In der Politik müsste die Führungsriege abtreten – dafür sind solche Vertrauensabstimmungen da. Im Gegensatz dazu sehen Weber, Ermotti & Co. (noch) keinen Grund für eine Demission. Denn, so betont Axel Weber in seinem Statement, beschränke sich das Misstrauen der Aktionäre auf die Frankreich-Krise, mit der das heutige Management nichts zu tun habe. Ob er mit dieser (singulären) Einschätzung richtig liegt?

Das Problem liegt vermutlich tiefer und ist vielgestaltig. Tatsache ist, dass es nicht nur einen «Frankreich-Fall» gibt, sondern dass die Bank weltweit in noch andere juristische Konflikte verwickelt ist oder ihnen entsprechende Risiken drohen. Das geht ins Geld und schmälert die Gewinne.

Vor allem Sparübungen

Das ist umso heikler, als es die Bank versäumt hat, in den vergangenen zwei Jahren eine Strategie zu fahren, die den UBS-Konzern sichtbar weiterbringt, was sich wiederum positiv auf den Aktienkurs niedergeschlagen hätte. Die vereinzelten Fortschritte, welche die UBS erzielte, sind massgeblich auf Kostensenkungs-Massnahmen zurückzuführen und weniger auf innovative Vorstösse, die illustriert hätten, dass sich die UBS nicht bloss auf ihren Lorbeeren ausruht.

Einigen Kredit verspielten die Bank-Oberen in den vergangenen Monaten auch in der Diskussion um eine geordnete Nachfolgeregelung. Unkoordinierte Aussagen diverser Exponenten erweckten den Eindruck, dass sich die Spitze gar nicht im Klaren ist, wie die Wachablösung vonstatten gehen soll. Das war vermutlich mit ein Grund dafür, dass verschiedene Top-Manager der Bank den Rücken kehrten.

Summiertes Missbehagen

Alle diese Vorkommnisse summieren sich mittlerweile in einem Missbehagen der Aktionäre, das sich nicht nur in der Décharge-Verweigerung manifestiert, sondern ebenso in der niedrigen Zustimmung zum Vergütungsbericht. Immer weniger Aktionäre wollen verstehen, weshalb ausgerechnet Ermotti mit seinen 14 Millionen Franken der bestbezahlte Manager in der Schweiz sein soll.

Dass der Supertanker UBS lieber früher als später eine Auffrischung auf der Kommandobrücke braucht, ist spätestens seit heute klar. Mit den beiden nunmehr angeschlagenen Führungspersönlichkeiten Weber und Ermotti, die mit diesen Bemühungen – Nachfolger zu finden – bereits einmal gescheitert sind, dürfte dieses Traktandum nicht einfach werden – genauso wenig wie die andere Option, so zu tun, als wäre nichts geschehen.

Wendepunkt für Sergio Ermotti?

Die Abstimmung vom (heutigen) Donnerstag könnte sich im Nachhinein durchaus als Wendepunkt in der Karriere von Sergio Ermotti herausstellen: Als hoch gelobter Top-Manager und Hoffnungsträger angetreten, muss er sich nun eingestehen, dass er seine Aufgabe nicht erfüllt hat. Gleiches gilt für Präsident Weber.

Dass ihm nun seine Aktionäre das Misstrauen aussprechen, muss besonders für Ermotti bitter sein – vor allem nachdem er ein ganzes Jahressalär in UBS-Aktien gesteckt hat, was medienwirksam sein mochte, aber am Ende des Tages offensichtlich irrelevant ist. Die Prioritäten liegen anderswo, wie die Aktionäre heute zum Ausdruck gebracht haben.

 

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