Jürg Haller wechselte nach 35 Jahren bei der UBS zu J. Safra Sarasin als Verwaltungsratspräsident. Im Interview mit finews.ch äussert sich Haller zu Managerwechseln und möglichen Akquisitionen.


Herr Haller, nach 35 Jahren bei der UBS wechselten Sie zu J. Safra Sarasin. Warum?

Es ist eine Bank und es sind Eigentümer, die ich höchst respektiere. Die Professionalität, Kompetenz und der unternehmerische Track Record sind beeindruckend.

Sie sind nun fünf Monate Verwaltungsratspräsident. Was sind Ihre Eindrücke?

Mich beeindrucken sowohl Breite als auch Tiefe der Fähigkeiten innerhalb der Bank. Die Qualität der Plattform und der Kundenbasis wie auch die operative Leitung der Bank sind stark. Der Hauptgrund, warum ich zu J. Safra Sarasin gestossen bin, ist meine Überzeugung, dass diese Bank immer schon erfolgreich war und es auch in Zukunft sein wird.

Aber Sie sehen noch Verbesserungspotenzial?

Wie gesagt, Zustand und Entwicklung der Bank sind hervorragend. Natürlich gibt es immer Raum für Verbesserungen, beispielsweise bei den Kundendienstleistungen und bei der operativen Effizienz. Doch gehört dies ohnehin zur DNA der Bank. Die Cost-Income-Ratio ist das Resultat dieser anhaltenden Arbeit.

Doch gerade die Cost-Income-Ratio ist im vergangenen Jahr deutlich angestiegen (von 55,5 auf 59,6 Prozent). Warum?

Wie bei vielen anderen Finanzinstituten auch sind unsere Zinseinnahmen gesunken. Ausserdem haben wir in zusätzliches Personal investiert...

... Sie haben beispielsweise in Asien ein grosses Team von BNP Paribas abgeworben...

Unsere Wachstumsraten in Asien sind sehr gut. Aber wie in jedem anderen Markt auch gibt es auch dort noch viel Potenzial.

Können Sie beschreiben, was Sie spezifisch von Andy Chai, dem neuen Asien-CEO erwarten?

Er hat bei der Credit Suisse und bei BNB Paribas erfolgreich gearbeitet. Nun stösst er mit einer Anzahl weiterer Mitarbeiter zu uns. Das wird uns zusätzliches Momentum verleihen. Zudem gab uns der Wechsel von Chai die Möglichkeit, Enid Yip nochmals zu befördern. Als langjährige Asien-Chefin wird sie im Verwaltungsrat von grossem Wert sein.

Welche Lektionen aus Ihren 35 Jahren beim «Supertanker» UBS können Sie bei J. Safra Sarasin anwenden?

35 Jahre lang für die UBS tätig zu sein, war ein grosses Privileg, ich habe viel erlebt. Wir schaffen hier ganz sicher keine Kopie der UBS. Wir setzen auf unsere eigenen Stärken und Wurzeln.

Können Sie diese beschreiben?

Wir sind die grösste Bank der Welt, die ganz in Familienbesitz ist. Der Familie gelingt es erfolgreich, sich in den Finanzmärkten zu bewegen, sowohl als Unternehmer als auch als Investoren. Sowohl die Bank als auch die Kunden profitieren von der Erfahrung und den Fähigkeiten.

Ein hoher Anteil der Erlöse von J. Safra Sarasin kommt aus dem Handelsgeschäft.

Das reflektiert unserer Kapitalstärke. Wenn Sie unsere Kennzahlen betrachten, sehen Sie, dass unsere Risiken sehr diversifiziert sind. Ich fühle mich also sehr wohl damit. Zudem sind unsere anderen Aktivitäten ebenso angewachsen wie das Handelsgeschäft.

Sie sehen also keinen Bedarf für strategische Anpassungen?

Ich denke, unser Erfolg ist ein Beleg, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Doch bedeutet das nicht, dass wir unser Handeln nicht auch ständig hinterfragen.

J. Safra Sarasin war in der jüngeren Vergangenheit sehr aktiv als Käuferin.

Wir bleiben weiterhin offen. Und wir haben die Kapitalstärke, um in der Konsolidierung weiterhin eine aktive Rolle zu spielen.

Welche Akquisitionen kommen in Frage?

Jeder Zusammenschluss und jeder Zukauf muss kulturell passen, sowohl was die Auswirkungen auf die Kunden betrifft als auch auf unseren Talent Pool. Wichtig bleibt zudem, dass wir jede Transaktion umsichtig ausführen.

Ist eine transformative Transaktion wie der Zusammenschluss von Safra und Sarasin im Jahr 2011 auch nochmals möglich?

Ich denke, die Werte und Prinzipien in der Bank sind konsistent. Unabhängig von der Grösse einer potenziellen Transaktion bleiben die Kriterien und zu berücksichtigenden Faktoren bei einer Akquisition die gleichen.

Das heisst, auch grosse Zukäufe sind nicht ausgeschlossen?

Wir würden jedes mögliche Kaufobjekt anschauen, das Sinn ergibt und zusätzlichen Wert für alle beteiligten Parteien schafft.

Seit Ihrem Antritt als Verwaltungsratspräsident hat es im Management einige Veränderungen gegeben.

Für Edmond Michaan (Ex-CEO) bot sich die Gelegenheit in der Safra-Gruppe aufzusteigen. Gleichzeitig konnte Daniel Belfer, der sehr erfolgreich gearbeitet hat, die nächste Stufe in der Karriereleiter zu nehmen.

Sie ziehen es vor, auf interne Kandidaten zu setzen?

Ich denke, der Fakt, dass wir entstandene Lücken durch interne Talente füllen konnten, ist ein Beleg für die Stärke der Gruppe.

Und das Bekenntnis der Familie Safra zum Private Banking mit J. Safra Sarasin bleibt fest bestehen?

Ich kann nicht für die Familie sprechen. Aber es gibt absolut keinen Grund, warum sie nicht mehr zur Bank halten sollte. Es sind drei Finanzinstitute in ihrem Besitz: Banco Safra in Brasilien, Safra National Bank in New York und die Schweizer J. Safra Sarasin. Jacob, der Chairman der J. Safra Holdings International und Vice Chairman der J. Safra Sarasin Gruppe, war sehr aktiv im Aufbau dieser Geschäfte und zählte dabei auf die Partnerschaft der anderen Familienmitglieder und seines Vaters. Es ist ein Familienunternehmen.


Jürg Haller war zuletzt bei der UBS als Vice Chairman für wichtige Kundenbeziehungen zuständig gewesen. Von 2006 bis 2008 war Haller Chairman der UBS Lateinamerika und Chef der UBS Pactual. Diese musste die UBS im Zuge der Finanzkrise wieder verkaufen. Der 62-jährige Haller begann seine Karriere als Lehrling im Jahr 1973. Im vergangenen Oktober wurde er Verwaltungsratspräsident von J. Safra Sarasin.  

 

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