Im Schweizer Investmentbanking und in Europa wird hart um Marktanteile gekämpft. Die US-Banken haben die Oberhand. Mit dem Eintritt von Stifel wird der Markt noch enger. Schweiz-CEO Ebrahim Attarzadeh sagt gegenüber finews.ch, wie er gegen die Konkurrenz vorgehen will.

In der Schweiz ist ab (heute) Montag eine weitere US-Investmentbank am Start: Es handelt sich um Stifel, ein vor allem durch sein Brokerage bekanntes und über 130 Jahre altes Institut, das seinen Sitz in St. Louis im US-Bundesstaat Missouri hat. 

Der Markteintritt von Stifel ist durch die vor zwei Jahren angekündigte Akquisition der Mainfirst Bank erfolgt, die in Zürich über ein erfolgreiches Brokerage verfügt.

Brexit war der Grund

Nun ist die Integration erfolgt. Die Teams stehen, und mit dem bisherigen Mainfirst-CEO Ebrahim Attarzadeh bleibt die Führung von Stifel dieselbe. Zudem wird Attarzadeh das europäische Aktiengeschäft von Stifel leiten.

In zwei Jahren kann sich viel ändern. So wurden der Fokus von Stifel und die Strategie geschärft, nachdem die Akquisition ursprünglich den Hauptzweck hatte, der US-Bank mit ihrem Londoner Sitz auch nach dem Brexit den Zugang zum europäischen Markt zu sichern.

Exit Vontobels liefert neue Gründe

Vor einem Jahr jedoch erfolgte die strategische Umorientierung der Bank Vontobel zum Investment Manager. Dies öffnete eine neue Lücke im ansonsten engen Investmentbanking-Markt Schweiz, wie Attarzadeh im Gespräch mit finews.ch sagt: «Die Marktchancen haben sich insbesondere auch ergeben, seit Vontobel sich aus dem Corporate-Finance-Geschäft zurückgezogen hat.»

In der Schweiz war Mainfirst einer der letzten übrig gebliebenen Broker, der sich vor allem durch sein Research zu hiesigen Unternehmen einen Namen gemacht hatte.

Speerspitze des Investmentbanking-Vorstosses

Das Brokerage wird – nunmehr von Stifel – ein wichtiges Standbein bleiben. Doch der US-Player will sich in der Schweiz sowie in Deutschland, Italien, Frankreich und in Grossbritannien als komplette Investmentbank etablieren – mit Kapitalmarktgeschäften und M&A-Beratung.

«Wir ehemaligen Mainfirst-Mitarbeiter bilden nun die Speerspitze des Investmentbanking-Vorstosses von Stifel in der Schweiz», sagt Attarzadeh. Das sind in Zürich 16 Mitarbeiter, wobei der Plan ist, die Belegschaft in Europa mit 20 bis 25 Investmentbankern in den nächsten drei Jahren auszubauen.

Damit scheint ein David gegen all die Goliaths antreten zu wollen, die inzwischen den europäischen Markt beherrschen. Stifel ist mit einer Marktkapitalisierung von rund 4 Milliarden Dollar gegenüber Giganten wie Bank of America, Goldman Sachs, Morgan Stanley und J.P. Morgan ein Zwerg.

Frischer Anbieter

In der Schweiz ist der Investmentbanking-Markt besonders eng, zumal mit der UBS, der Credit Suisse und der Zürcher Kantonalbank drei starke Player den Heimmarkt verteidigen.

«Es ist uns bewusst, dass der geplante Vorstoss in einem engen Konkurrenzumfeld geschieht», so Attarzadeh, der seine Händlerkarriere bei der Deutschen Bank startete. «Gleichzeitig wissen wir aus Erfahrung, dass Unternehmen es schätzen, auf der Investmentseite mit frischen und weniger etablierten Anbietern zu arbeiten.»

Fokus auf mittelgrosse Wachstumsunternehmen

Die Vorteile, die er sieht, liegen in der profunden Kenntnis des Universums von Unternehmen in Europa – bislang deckte Mainfirst mehr als 400 Aktien ab. Mit Stifel werden es über 1'000 sein.

Mainfirst war zudem auf Small- und Midcaps spezialisiert. Stifel will dies ausnützen. «Wir möchten als Investmentbank der One-Stop-Shop für mittelgrosse Wachstumsunternehmen werden und sehen in diesem Segment eine attraktive Nische, die von den grossen Playern nicht gefüllt wird», so der Stifel-Chef.

Disruptive Situationen nutzen

Er hat bereits in der Vergangenheit demonstriert, dass er schnell auf veränderte Marktbedingungen reagieren kann. Als die NZB Neue Zürcher Bank 2011 ihr Brokerage einstellte, war Mainfirst zur Stelle. Die damals übernommene Belegschaft bildete fortan das Zürcher Rückgrat der in Deutschland beheimateten Bank.

Solche «disruptiven Situationen» wolle er weiterhin ausnützen, so Attarzadeh, um Stifel die geplanten personellen Verstärkungen zu sichern.

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