Die Spac-Mantelgesellschaften sind in den USA eine Goldader für die Finanzindustrie. In der Schweiz stehen Promotoren gleich vor mehreren Hürden, wie finews.ch erfahren hat.

Tidjane Thiam tut es. Sergio Ermotti auch. Sowohl der frühere CEO der Credit Suisse (CS) wie auch der bei der UBS vergangenen Oktober als Konzernchef ausgeschiedene Tessiner engagieren bei einer Special Purpose Acquisition Company (Spac).

Diese auch als Blankoscheck-Gesellschaften bekannten Mantelfirmen gehen auf Vorrat an die Börse, um dann private Unternehmen zu kaufen, die so quasi über die Hintertür kotiert werden. Damit treffen sie an der New Yorker Wall Street einen Nerv: In den USA gingen im Coronajahr 2020 über 200 Spacs ins Rennen und sammelten bei Investoren rund 70 Milliarden Dollar an Kapital ein – genügend «Pulver», um in den nächsten Monaten auch Firmenmultis aufzukaufen.

Emsiges Treiben in den Kulissen

Verständlich, dass diverse Akteure am Schweizer Finanzplatz es Thiam, Ermotti & Co. nachtun und etwas von der Wall-Street-Bonanza abhaben möchten. Wie auch finews.ch berichtete, sind hinter den Kulissen bereits entsprechende Bestrebungen in Gange. Am (gestrigen) Montag sagte Stefan Weiner, Investmentbanker und Leiter Northern Europe Equity Capital Markets bei der US-Bank J.P. Morgan, vor Journalisten: «Wir sind hierzulande in Gesprächen mit diversen an Spacs interessierten Parteien.»

Wie sich zeigt, sind dabei einige Hürden zu nehmen – und einmal mehr sind es die von der Schweizerischen Nationalbank (SNB) installierten Negativzinsen, die einen möglichen Spac-Boom hierzulande im Keim zu ersticken drohen.

Die Stempelgebühr obendrein

Ein Grund für die enorme Beliebtheit der Blankoscheck-Firmen liegt nämlich in ihrer Funktion als Geld-Parkplätze. In Zeiten von Tiefstzinsen und Anlagenotstand bieten Spacs eine Heimat für brach liegende Vermögen: Die Mantelfirmen nehmen das Geld entgegen mit dem Versprechen, dieses innert zweier Jahre in die Aktien von Firmen zu investieren. Findet die Spac kein den Anlegern genehmes Ziel, zahlt sie das Geld vollständig zurück. Damit sind die Vehikel aus Investorensicht um einiges berechenbarer als etwa Privatmarkt-Fonds.

Doch in der Schweiz sind die Blankoscheck-Gesellschaften mit einer doppelten Krux konfrontiert. Auf grossen Barbeständen wird hierzulande ein Strafzins von 0,75 Prozent erhoben. Darüber hinaus fiele auf den Aktien von Spacs Stempelsteuern von 1 Prozent an – was das eingesetzte Investorenvermögen weiter schmälern würde, bevor es überhaupt zum Einsatz gelangt. «Bei möglichen Schweizer Spacs sind sowohl die Stempelsteuer wie auch die Negativzinsen eine Herausforderung», erklärte Wiener.

Börse SIX ist federführend

Strukturierungs-Experten zerbrechen sich derzeit die Köpfe darüber, wie diese Doppelbelastung für die Investoren gemindert werden könnten – ansonsten wären wohl die Sponsoren der Mantelgesellschaften gezwungen, den Strafzins aufs eigene Buch zu nehmen.

Recherchen von finews.ch zufolge ist derzeit die Aufsichts-Abteilung der Schweizer Börse SIX Exchange Regulation federführend bei der Diskussion um Schweizer Spacs. Banken, Anwaltskanzleien und Beratungsfirmen beugen sich ebenfalls übers Thema, während sich die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht vorerst auf die Beobachterrolle beschränkt. «Verschiedene Kräfte arbeiten derzeit an einer Schweizer Lösung», resümierte der J.P.-Morgan-Banker.

Der Erfolg der Bemühungen ist jedoch offen. «Es ist deshalb möglich, das interessierte Sponsoren auf die bewährten US-Spacs ausweichen und über diese ein Schweizer Target angehen», so Weiner weiter.

Nur Krümel vom Kuchen

Dann hätten nur die in die Spac-Übernahmen involvierten Investmentbanken etwas vom Kuchen. Bei J.P. Morgan ist man jedenfalls zuversichtlich: Man rechnet in der Schweiz im Jahr 2021 mit drei bis fünf Börsengängen (IPO), wobei der eine oder andere über eine Blankoscheck-Firma erfolgen könnte. Für die Sponsoren, also Akteure wie die Ex-Grossbanker Thiam und Ermotti, die das Geld bei den Anlegern einsammeln, rechnen sich Spacs sowieso. Für sie springen in der Regel 20 Prozent der Aktien oder der Warrants auf den jeweiligen Spac heraus.

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