Die Credit Suisse absolviert nach dem Milliarden-Debakel das Pflichtprogramm: Manager müssen gehen, andere erhalten keinen Bonus. Doch dies zeugt letztlich von Unwillen und Unvermögen zur Veränderung, schreibt finews.ch-Chefredaktor Peter Hody.

Es war ein Trommelfeuer, welches die Credit Suisse (CS) am Dienstagmorgen losliess: In drei separaten Mitteilungen kündigte die Schweizer Grossbank den Rausschmiss von Risikochefin Lara Warner und Investmentbankchef Brian Chin an, einen Vorsteuerverlust von 900 Millionen Franken fürs erste Quartal 2021 sowie den Bonus- und Lohnverzicht für das CS-Management und Präsident Urs Rohner.

Zu guter Letzt strich die Bank auch das Traktandum «Décharge für Verwaltungsrat und Geschäftsleitung», also die rechtliche Entlastung des Gremiums, an der kommenden Generalversammlung.

Eine beeindruckende Institution?

Die CS, so machen der Verwaltungsrat und CEO Thomas Gottstein nun glauben, hat ihre Schuldigkeit damit getan. Der Verlust von 4,4 Milliarden Franken mit einem einzelnen Kunden, Archegos Capital Management, sowie die ebenfalls milliardenteuren Verwicklungen in den Kollaps der australisch-britischen Finanzfirma Greensill Capital, waren Einzelfälle. Diese, so kündigte CEO Gottstein an, würden aufgearbeitet und ernsthafte Schlüsse daraus gezogen.

Doch, und dies scheint in dem CS-Statement zu dem horrenden Archegos-Verlust die Hauptbotschaft zu sein, die Bank sei und bleibe eine «beeindruckende Institution».

Der Mangel an Demut und Eingeständnissen bei der CS ist tatsächlich beeindruckend. Den historisch einmaligen Handelsverlust von 4,4 Milliarden Franken verpackt die CS in die Botschaft, dass die Bank – abgesehen von den zwei Misstritten – super dasteht.

Fondsgeschäft abspalten

Ohne den Archegos-Verlust hätte die CS im ersten Quartal dieses Jahres einen Vorsteuergewinn von 3,5 Milliarden Franken erzielt. Das wäre ein einsamer Rekord gewesen. Zu diesem, so hebt die Bank hervor, hätten die Geschäfte im Investmentbanking wie das Wealth Management und das Asset Management beigetragen.

Die CS vermeidet es zu erwähnen, dass das Asset Management nach einem voraussichtlichen Milliarden-Verlust mit den Greensill-Fonds aus der Internationalen Vermögensverwaltung (IWM) abgespalten werden soll.

Höchst erfolgreich – eigentlich

Mit dem Hinweis auf die Rekord-Performance und der weiterhin ausreichenden Kapitaldecke scheint die CS ihren Kunden, Aktionären und Stakeholdern weismachen zu wollen: Archegos und Greensill sind unglückliche Einzelfälle – und zwei völlig unterschiedliche dazu. Ansonsten ist das Geschäftsmodel der CS höchst erfolgreich, wie das vergangene Rekordquartal beweist.

Worauf die CS nicht einging: Die zwei Einzelfälle haben zwei gemeinsame, miteinander verknüpfte Elemente. Einmal ist es das ungenügende Risikomanagement und einmal das von grossen Interessenkonflikten behaftete «One Bank»-Geschäftsmodell mit ineinander verzahnter Vermögensverwaltung und Investmentbank.

Welche Risiken hat die CS sonst noch genommen?

Unter diesen Prämissen drängen sich zunächst zwei Fragen auf: Welche Risiken hat die CS im ersten Quartal genommen, um dieses Rekordresultat zu erzielen? Und die zweite Frage: Warum wählt sie mit Christian Meissner einen neuen Investmentbankchef, der bei der Bank of America im Sommer 2018 gegangen war, weil er mit der zunehmend vorsichtigeren Risikopolitik US-Grossbank unzufrieden war?

Die erste Frage ist nicht einfach zu beantworten. Klar ist, nachdem sich die CS nun eine volle Woche über ihre Handelspositionen gebeugt hat, dass sie derzeit keine weiteren Ausfallrisiken sieht. Ebenso wenig kann aber bestritten werden, dass innerhalb der CS-Investmentbank eine Risikokultur herrscht, die in regelmässigen Abständen zum Fiasko führt. Heuer war es Archegos, im Jahr 2016 war es ein Milliarden-Abschreiber auf illiquiden Credit-Positionen gewesen.

Die Reaktion: Der Chef muss gehen

Die Reaktion der CS darauf ist immer dieselbe: Der Chef muss gehen, der Fall wird aufgearbeitet, dann folgt wieder «business as usual».

Insofern ist die zweite Frage, jene nach der Personalie Meissner, einfacher zu beantworten. Der 51-jährige Österreicher wird Chef der Investmentbank, weil er verfügbar ist und das Geschäft mit den Risiken – mal geht es gut, mal nicht – aus dem Effeff kennt.

Die CS ist nirgends top

Das Fatale ist: Die CS und ihr Verwaltungsrat zeigen derzeit kaum Bereitschaft, ihre Strategie und ihr Geschäftsmodell grundlegend zu überdenken. Dies wäre nicht nur nach einem Jahr voller Fehltritte und offensichtlich gewordenen Mängeln in der Aufstellung der Bank angezeigt.

Auch die Entwicklungen in der globalen Finanzindustrie und das immer grösser werdende Wettbewerbsgefälle zwischen US- und Europa-Banken müssten den CS-Verwaltungsrat, da die CS in keiner Banking-Disziplin zu den Top-Anbietern gehört, zu fundamentaleren Überlegungen verleiten.

Dass dies derzeit gar nicht möglich ist, muss als ebenso fatal angesehen werden. Urs Rohner wird die Geschicke der CS als Verwaltungsrats-Präsident noch einen Monat lang lenken, bis sein designierter Nachfolger Antonio Horta-Osorio übernimmt.

Es wird für die CS ein verlorener Monat sein, wie aus der Perspektive der Aktionäre auch das vergangene Jahrzehnt ein verlorenes war.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.35%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.8%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.84%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.37%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.64%
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