Massive Wertverluste und gezielte Sanktionen machen russische Wertschriften für Asset Manager zu heisser Ware. Schweizer Anbieter navigieren nun in einem Umfeld, dass es so noch nicht gegeben hat.

«BRICS» hiess einst ein Schlagwort im Fondsgeschäft – damit warb die Branche für Investments in den wichtigsten Schwellenland-Nationen der Welt. Doch nun ist das R im Kürzel toxisch geworden: Es steht für Russland, das wegen des Angriffskriegs gegen die Ukraine mit Sanktionen belegt ist und dessen diverse Banken nach einer Übergangsfrist am 12. März vom Finanzdaten-Übermittlungssystem Swift ausgeschlossen sind.

Das wirft knifflige Fragen für hiesige Fondsanbieter auf. Die Börse in Moskau ist geschlossen. Banken haben den Wert russischer Anleihen teils auf Null abgeschrieben. Die russischen Aktien und Anleihen, die sich aufgrund der BRICS-Vergangenheit in zahlreichen Schwellenland-Fonds wiederfinden, sind damit auch ohne direkte Sanktionen festgefroren. Für sie gibt es keinen Markt mehr – dies umso mehr, als Russland den Verkauf von Wertschriften an Anleger aus dem Ausland verboten hat.

Die Agentur «Bloomberg» beziffert den Wert der Bestände von russischen Aktie bei ausländischen Asset Managern auf 86 Milliarden Dollar. Ensprechend sind in ganz Europa Fondsfirmen mit Handelsengpässen konfrontiert oder stehen gar vor dem Entscheid, einzelne Produkte zu suspendieren.

Verband und Behörde kontaktiert

Hierzulande gehen bei der Branchen-Vereinigung Asset Management Association Switzerland (AMAS) besorgte Anrufe ein. «Wir erhalten derzeit viele Anfragen von Fondsleitungen und Mitgliedern, wie sie sich angesichts der Sanktionen gegen Russland zu verhalten haben, und inwiefern ihr operatives Geschäft davon betroffen oder gar eingeschränkt ist», erklärt ein Sprecher.

Denn tatsächlich sind konzertierte Sanktionen der USA, der EU, Grossbritannien und nun auch der Schweiz gegen einen Markt Neuland für die Branche. Für das meiste Kopfzerbrechen sorgt dem Vernehmen nach die mangelnde Liquidität in russischen Titeln, während sich Fonds und Investoren so rasch wie möglich von ihren Positionen trennen wollen. Diesbezüglich, heisst es am Markt, sei nun die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) von Asset Managern kontaktiert worden.

Druck von Institutionellen

Mittlerweile machen auch institutionelle Grossinvestoren mächtig Druck. So kündigte die Pensionskasse der Bundesbeamten Publica am Mittwoch an, sämtliche russischen Wertschriften aus ihrem Portefeuille zu verbannen. Dies sind immerhin Papiere im Gegenwert von 170 Millionen Franken, die vor allem via Fondsanteile gehalten werden dürften. Mit einer Bilanzsumme von 43,7 Milliarden Franken gehört Publica zu den grössten Pensionskassen des Landes und dient entsprechend als Vorbild für andere Vorsorgewerke.

Laut Branchenkennern dürften die Bestände russische Wertanlagen bei den grössten Schweizer Anbietern UBS, Credit Suisse (CS) und der Zürcher-Kantonalbank-Tochter im einstellige Prozentbereich liegen, gemessen an den insgesamt verwalteten Vermögen. Ein kurzer Augenschein der einschlägigen Fonds verdeutlicht dies. Die CS äusserte sich auf Anfrage dazu nicht äussern; eine Antwort der UBS steht noch aus.

Seitens Swisscanto erklärte ein Sprecher, der Anbieter habe nur ein geringes Russland-Exposure von insgesamt unter 50 Millionen Franken. Die Hälfte davon befinde sich in Index-Gefässen, und der Anteil an allen Assets liege deutlich unter 0,1 Prozent. «Derzeit sind bei Swisscanto weder Fonds geschlossen noch vom Handel ausgesetzt», hiess es weiter. «Wir prüfen fortlaufend die Marktsituationen systematisch und agieren entlang von Kundenaufträgen.»

Greensill noch nicht vergessen

Allerdings schrecken die Asset Manager aus verständlichen Gründen davor zurück, Fonds ganz vom Handel auszunehmen. Die Schliessung der Greensill-Fonds durch die Credit Suisse (CS) just vor einem Jahr ist als abschreckendes Exempel noch frisch in Erinnerung. Das Zürcher Investmenthaus Vontobel jedenfalls, wo Fonds wie der Sustainable Emerging Markets Leaders in russische Titel investiert sind, will diesen Weg nicht gehen. «Es sind keine Fonds vom Handel ausgenommen», hiess es dort auf Anfrage.

Hingegen könnte eine andere Massnahme aus dem Greensill-Werkzeugkasten zum Einsatz gelangen, wie es heisst. So entschied sich die CS im März 2021, die wegen der Greensill-Blockade illiquid gewordenen Anteile von Drittfonds in separate «Seitentaschen» (Side pockets) einzubringen. Dies ist eine zumeist von Hedgefonds verwendete Taktik, um die Fonds offen zu halten und gleichzeitig auf Rückzahlungen zu verzichten. In der Folge können die Produkte weiter vertrieben werden, bis Situation für die «toxischen» Investments aufklart und diese zu einem angemessenen Preis liquidiert werden können.

Zur Genehmigung vorlegen

Allerdings gelten auch Seitentaschen als drastisches Vorgehen. Entsprechend dürften sie nur mit expliziter Erlaubnis der Aufsicht eingesetzt werden. Von der Finma ist die Vorgabe bekannt, dass sie die Massnahme nur genehmigt, wenn die Rechte der Anlegerinnen und Anleger gewahrt sind und diese im Interesse der Gesamtheit der Anlegerschaft liegt.

Für die hiesige Fondsbranche dürfte allerdings das grüne Licht aus dem Ausland ausschlaggebend sein: Die meisten Fondsleitungen sind in Luxemburg domiziliert und brauchen damit das Plazet des Regulators im Grossherzogtum.

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