Eine nicht enden wollende Serie an kommunikativen Pannen drückt den Aktienkurs der Credit Suisse immer tiefer nach unten – und lässt die Aussicht auf einen Turnaround der Schweizer Grossbank in immer weitere Ferne rücken.

Anfang Dezember 2022 sagte Credit-Suisse-Präsident Axel Lehmann gegenüber dem Schweizer Fernsehen «SRF», die Abflüsse an Kundengeldern hätten sich stabilisiert, so dass er sich freue, dass der Aktienkurs der Bank nun wieder oberhalb der Drei-Franken-Grenze notiere. Die Freude währte nicht lange. Am (heutigen) Dienstag fielen die CS-Titel auf ein neues historisches Tief von 2.60 Franken.

Grund dafür ist eine Untersuchung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma), wie die Nachrichtenagentur «Reuters» am Dienstag zuerst meldete. Die Behörde untersucht diverse Äusserungen Lehmanns, die er gegenüber angelsächsischen Medien gemacht hat, wie auch finews.ch meldete. Sie drehen sich allesamt darum, ob der CS-Präsident der Öffentlichkeit reinen Wein eingeschenkt hat.

Serie kommunikativer Missgeschicke

Noch gilt die Unschuldsvermutung, aber die Abklärungen gehen dahin, dass die Abflüsse Anfang Dezember 2022 noch lange nicht gestoppt waren, wie dann die Anfang Februar 2023 publizierten Jahreszahlen offenbarten.

Konkret besteht eine Diskrepanz von rund 15 Prozent zwischen den Interview-Aussagen Lehmanns und den für das Gesamtquartal ausgewiesenen Zahlen. Daraus resultiert nun ein weiterer Vertrauensschwund, der einmal mehr auf einer – gelinde gesagt – höchst ungeschickten Kommunikation beruht. Diese jüngste Panne reiht sich in eine Serie von kommunikativen Missgeschicken, die der CS seit mehr als sechs Monaten massiven Schaden zufügen und die Aussicht auf einen Turnaround in immer weitere Ferne rücken lassen.

Newsflow völlig unterschätzt

Dies alles ist umso bedauerlicher, da die Kommunikation zwar nicht ein Kerngeschäft der CS ist, aber dennoch mit nötiger Um- und Weitsicht praktiziert werden sollte – gerade auch in Zeiten neuer (Fake-)Newsquellen in den Sozialen Medien. Das hat die CS-Führung unter der Leitung von CEO Ulrich Körner ab August 2022 jedoch völlig unterschätzt, indem sie glaubte, die Zeit bis zum Investorentag am 27. Oktober 2022 mit einer Funkstille zu überbrücken.

Dass dies im heutigen totalen Informationszeitalter kaum mehr funktioniert, zeigte sich schon sehr bald, so dass die Bank in einer Art Hüst-und-Hott-Politik hinter und vor den Kulissen häppchenweise zu kommunizieren begann. Der vorläufige Tiefpunkt der Kommunikationspolitik war dann erreicht, als ein australischer Blogger der Bank eine drohende Insolvenz unterstellte – was indessen nie der Fall war.

Hiobsbotschaften auf dünnem Eis

Gleichwohl bewegte sich die CS weiterhin auf dünnem Eis. Vor allem gelang es der Schweizer Grossbank nicht, am Investorentag vom Oktober 2022 das Momentum zu nutzen und die Kommunikation so auszugestalten, dass der Aktienkurs endlich zum Anstieg ansetzte. Das Gegenteil war der Fall.

Die Hiobsbotschaften bezüglich der abfliessenden Kundengelder beschleunigten noch die Talfahrt, und die wenigen öffentlichen Äusserungen Lehmanns zeitigten nicht den erhofften Erfolg, wie sich nun mit den Abklärungen der Finma geradezu dramatisch offenbart.

Entweder war Lehmann in seiner Präsidentenfunktion allzu naiv, oder er war schlecht beraten. Dass der im Frühjahr eilends engagierte frühere Journalist Rob Cox als oberster Kommunikationschef bereits neun Monate später bereits wieder das Handtuch warf, deutet ebenfalls auf eine konfuse Situation in diesem wichtigen Bereich der Bank hin. Seither soll Cindy Leggett-Flynn, eine Amerikanerin, die bislang wenig mit Banken und noch weniger mit der Schweiz zu tun hatte, neue Ordnung in der Kommunikation schaffen.

Kaum honoriert

Bislang ist sie für ihre Bemühungen nicht honoriert worden. Bei der Bekanntgabe der CS-Jahreszahlen am 9. Februar 2023, die in ihrem desolaten Ausmass recht eigentlich schon bekannt waren, stürzte der Kurs nochmals um 15 Prozent ab, und am heutigen Dienstagmorgen beträgt das Minus 5 Prozent.

Das sind wahrlich nicht die besten Voraussetzungen, um den Abfluss von Kundengeldern nachhaltig zu stoppen.