Der Sturm aufs Capitol in Washington hat in diesen Tagen den Blick nach Hongkong etwas vernebelt, wo die chinesischen Behöreden Dutzende von Pro-Demokratie-Anhängern verhaftet haben. Unklar ist auch, wo sich der einstmals gefeierte Alibaba-Gründer und Tech-Unternehmer Jack Ma mittlerweile aufhält.

Donald Trumps Verbot der Bezahlapp Alipay in den USA sowie wie der nach wie vor unbekannte Aufenthaltsort von Jack Ma, dem Gründer von Alibaba, erinnern uns schonungslos daran, dass dessen Technologieunternehmen Alibaba ins Fadenkreu der zwei grössten Volkswirtschaften der Welt geraten ist.

Gleichzeitig sorgen befremdende Schlagzeilen und Bilder vom Sturm auf das Capitol in Washington D.C. einerseits sowie die Verhaftung Dutzender Pro-Demokratie-Aktivisten in Hongkong andererseits für eine beklemmende Wahrnehmung in Europa.   

Der Entscheid Tumps dieser Woche, Alipay zu sperren, ist ein weiteres Kapital in einer schier unendlichen Saga rund um Alibaba und die dazugehörende Finanzgruppe Ant Financial, die sehr schwer zu entziffern ist.

Flut an Spekulationen

Als der Börsengang von Ant Financial Anfang November 2020 an den Märkten in Schanghai und Hongkong auf Geheiss der chinesischen Behörden abgeblasen wurde, blieb es zunächst bei offiziellen Verlautbarungen, wonach es angeblich zu «Veränderungen im regulatorischen Umfeld» im Fintech-Bereich gekommen sei. 

Das wiederum führte zu einer Flut an Spekulationen, bis am 8. Dezember 2020 Guo Shuqing, der Vorsitzende der China Banking and Insurance Regulatory Commission (CBIRC), am Singapore Fintech Festival erklärte, dass der Micropayment-Markt von einigen wenigen Tech-Unternehmen dominiert werde, was darauf hindeute, dass Wettbewerbspraktiken, Datenerfassung, Offenlegung von Informationen und öffentliches Verhalten genauer unter die Lupe genommen werden müssten.

Unter die Lupe genommen

Die berechtigte Frage, die sich Ant-Investoren wahrscheinlich immer noch stellen, insbesondere diejenigen, die beim Börsengang erfolgreich Aktien zugeteilt bekamen und dann eine Rückerstattung beantragen mussten, ist, warum die Regulierungsbehörden nicht schon 2018 oder 2019 damit begonnen haben, besagte Techfirmen unter die Lupe zu nehmen.

Denn aufgrund der öffentlich zugänglichen Statistiken von Iresearch, einem chinesischen Beratungsunternehmen, wäre es schon damals offensichtlich gewesen, dass Alipay einen Marktanteil von fast 55 Prozent für mobile Zahlungen auf sich vereinigt, während es beim Konkurrenten Tenpay (von Wechat) fast 40 Prozent sind.

Schwaches Gesetzesbewusstsein

Vordergründig unabhängig davon erhielt die Muttergesellschaft von Ant Financial, Alibaba, an vergangenen Heiligabend einen Untersuchungsbescheid von den chinesischen Behörden, bei dem es ebenfalls um Monopolfragen ging. Wenige Tage später, am 26. Dezember 2020, gab dann Pan Gongsheng, der stellvertretende Gouverneur der People's Bank of China (PBC) bekannt, dass sich in den Gesprächen mit Ant Financial gezeigt habe, dass das Unternehmen ein «schwaches Gesetzesbewusstein» habe.

Als Konsequenz davon sei eine Liste von «Korrekturmassnahmen» erstellen worden, die im wesentlichen darauf abzielten, dass Ant Financial «zu seinen Ursprüngen» zurückkehre und – vor allem – eine Art Banklizenz beantrage, um die Kredit- und Kapitalstandards einzuhalten. 

Wenig Governance

Die Lektüre von Alibabas Jahresbericht 2019 sowie anderen öffentlich zugänglichen Dokumente offenbart durchaus einen eher oberflächlichen Umgang mit der Corporate Governance, also der rechtmässigen Unternehmensführung, insbesondere für eine Firma von dieser Grösse. 

Vor diesem Hintergrund mag an den zahlreichen Medienspekulationen durchaus etwas Wahres dran sein, wonach die grössten chinesischen Tech-Unternehmen mit der stillschweigenden Unterstützung der Regierung zu ihren heutigen Dimensionen heranwachsen konnten. Darum ist nun auch klar, dass ihnen dieser Support nun – nicht zuletzt, nachdem sich Jack Ma im vergangenen Jahr kritisch über das chinesische Bankensystem geäussert hatte – nun entzogen worden ist. Vermutlich mit weitreichenden Konsequenzen, wie sich mit grosser Wahrscheinlichkeit noch zeigen dürfte 

Wo ist Jack Ma?

In den USA hinterlässt der sehr zögerlich abgetretene Präsident Trump seinem Nachfolger Joe Biden nicht nur in Bezug auf die allgemeine Stimmung im Land einen Scherbenhaufen, sondern auch in vielen wirtschaftlichen Belangen erhebliche Hypotheken. Trumps Verordnung, Alipay, WeChat und andere chinesische Anbieter von jeglichen Transaktionen in den USA auszuschliessen, wird erst in gut 40 Tagen in Kraft treten, also mitten in den ersten 100 Tagen von Bidens Amtszeit.

So lange bleibt unklar, wie es Jack Ma mit seinen Firmen Alibaba, Ant Financial und der dazugehörenden Alipay-App geschafft hat, den Unmut der Behörden in den beiden grössten Volkswirtschaften dieser Welt auf sich zu ziehen. Und darüber hinaus darf man sich durchaus auch besorgt fragen, wo sich der einstmals so gefeierte Unternehmer in der Zwischenzeit aufhält.

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