Vor einem Jahr hat Daniel Thelesklaf bei der Meldestelle für Geldwäscherei den Hut genommen. Im Kampf gegen die Finanzkriminalität will die Behörde mehr Befugnisse – hat aber immer noch keinen neuen Chef.

«Das Jahr 2020 war für die MROS intensiv», schreibt die Meldestelle für Geldwäscherei (MROS) in ihrem kürzlich veröffentlichten Jahresbericht. Es ist ein Understatement.

Denn die Behörde durchlebte turbulente Monate. Mit einem Knall hatte im vergangenen Juni Daniel Thelesklaf, ein international anerkannter «White Collar»-Verbrechensbekämpfer, den Job als MROS-Chef hingeschmissen.

Der Jurist benutzte harsche Worte, um die Fähigkeit der Schweiz bei der Bekämpfung von Kriminalität auf dem Finanzplatz und im Bankensystem zu beschreiben. Die veröffentlichten Daten scheinen Thelesklaf Recht zu geben.

Spezialisten hinzufügen

Im vergangenen Jahr konnte die MROS weniger als 85 Prozent der 5'334 eingegangenen Verdachtsmeldungen aufklären. Die überwältigende Mehrheit der (stark gestiegenen) Meldungen – fast 90 Prozent – kam 2020 von Banken. Weniger als 3 Prozent betrafen Meldungen über Berater, Buchhalter, Treuhandgesellschaften, Notaren und Rohstoffhändler.

Die MROS hat bereits reagiert und ihre Kapazitäten mit zwölf zusätzlichen Mitarbeitern aufgestockt. Die Gesamtzahl der MROS-Angestellten beläuft sich nun auf 48. Zudem hat die Behörde eine von der UN entwickelte Anti-Geldwäscherei-Software installiert, die goAML.

Anhaltendes Problemfeld

Deren Integration sei allerdings schwierig gewesen, räumte die MROS in ihrem Jahresbericht ein. Es seien mehrere Anpassungen notwendig gewesen, und die Qualität der übermittelten Informationen sei noch nicht zufriedenstellend. «Dies bleibt ein vorrangiges Problemfeld für die MROS», hiess es.

Thelesklaf war der zweite Chef-Abgang innert kurzer Zeit bei der MROS gewesen. Er bezeichnete die Behörde als veraltet, ineffizient und teils gar als unfähig, Offshore-Gelder kriminellen Ursprungs aufzuspüren und sicherzustellen.

Fedpol schweigt

Seit seinem abrupten Abgang ist ein Jahr vergangen – und die MROS hat immer noch keinen neuen Chef. Ein Sprecher der Schweizer Bundespolizei (Fedpol), bei der die MROS angesiedelt ist, äusserte sich nicht zum Zeitplan für die Ersetzung von Thelesklaf, der kürzlich einen Posten bei der UN angetreten hat. Auch zu möglichen organisatorischen, die Thelesklaf und andere Beobachter gefordert hatten, äusserte sich die Fedpol nicht.

Dabei kann sich die Schweiz punkto Geldwäschereibekämpfung eigentlich nicht leisten, Angriffsflächen zu bieten. Vor allem die US-Justiz arbeitet rege an der Aufarbeitung von grosse Korruptions- und Geldwäschereifällen, in die Schweizer Banken involviert waren, wie der PDVSA-Fall mit venezolanischen Ölgeldern, der Milliarden-Korruptionsfall 1MDB in Malaysia oder der Fifa-Fall, wo jüngst die Bank Julius Bär zu einer Busse von 80 Millionen Dollar verurteilt worden ist.

Ein ehemaliger CEO der früheren Falcon Private Bank in Zürich muss sich noch dieses Jahr wegen Geldwäsche vor Gericht verantworten. Die Credit Suisse ist von der Bundesanwaltschaft wegen der Wäsche von Drogengeldern angeklagt.

Wenig Wille zu Reformen

Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) hat mehrfach gewarnt, dass in der Finanzkriminalität ein technologisches Hochrüsten stattfindet. Allerdings zeigen die Schweizer Politiker schwachen Reformwillen, um den Schweizer Finanzplatz besser zu wappnen und sauber zu halten.

Anfang dieses Jahres hat das Parlament nach zweijähriger Debatte eine Revision der bestehenden Geldwäschereibestimmungen verabschiedet – und dafür heftige Kritik kassiert. Denn die Revision enthält – nach kräftigem Einsatz von Lobbyisten – willentlich Schlupflöcher für Anwälte und andere Vermögensberater, die zuweilen als Einfallstor für Gelder mit undeklarierter oder krimineller Herkunft dienen.

Retourkutsche der FATF?

Das Zögern der Schweiz, diese «Helfer» der Finanzindustrie in die Anti-Geldwäsche-Bemühungen einzubeziehen, verheisst nichts Gutes für die nächste Prüfung durch die Financial Action Task Force (FATF). Bei der letzten Prüfung vor fünf Jahren hatte die FATF die Schweiz mit einer ungenügenden Bewertung in der internationalen Zusammenarbeit abgefertigt. Die Folgeprüfung wird irgendwann im Jahr 2022 erwartet.

Die MROS weist nun auf ihre erweiterten Befugnisse hin: Ab Juni kann sie Informationen von Schweizer Banken und anderen Intermediären anfordern, wenn sie von einer ausländischen Partner-FIU (Foreign Intelligence Unit) darum gebeten wird – auch wenn aus der Schweiz keine Meldung über verdächtige Aktivitäten eingegangen ist.

Die Agentur sagte, dies sei gut für die Banken, weil sie nun «ihre Aufmerksamkeit auf potenzielle Risiken in ihren Büchern lenken können, die bisher ignoriert wurden. Das erhöht das Sicherheitsniveau in der Schweiz.»

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