Der Marktzugang für Schweizer Finanzinstitute nach Italien und Frankreich scheitert nicht an juristischen Hürden, sondern an der politischen Bereitschaft einzelner EU-Staaten. Zu diesem Schluss kommt der Bundesrat in einer neuen Einschätzung dieser Situation. Fürs Swiss Banking steht damit sehr viel auf dem Spiel.

Der Marktzugang für Schweizer Finanzinstitute nach Frankreich sowie im Tessin nach Italien ist seit einigen Jahren verwehrt. Grund dafür ist die von der EU 2017 eingeführte Midfid-II-Richtlinie. Diese verbietet es hiesigen Geldhäusern, ohne Zweitniederlassung in diesen Märkten aktiv zu sein.

Dies im Gegensatz etwa zu Deutschland, wo Schweizer Institute eine vereinfachte Freistellung von der deutschen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) erlangen können, wie das beispielsweise die Zürcher Bank Maerki Baumann getan hat, wie auch finews.ch berichtete.

Wirtschaftliche Überlegungen

Besonders hart trifft dies den Finanzplatz Lugano, wo die dort ansässigen Banken und Vermögensverwalter in der Vergangenheit ihr Haupteinkommen mehrheitlich aus dem Geschäft mit italienischen Kundinnen und Kunden generierten. Spätestens seit Mifid II ist dies nicht mehr möglich, was die Existenz, die Arbeitsplätze und vor allem die Zukunft des Standorts erheblich gefährdet, wie Alberto Petruzella, Präsident der Tessiner Bankiervereinigung (ABT), auf Anfrage von finews.ch erklärte.

Für viele Institute, namentlich für Privatbanken als auch für unabhängige Vermögensverwalter, lohnt sich eine Zweitniederlassung in Italien rein aus wirtschaftlichen Gründen nicht und entspricht auch kaum dem Geschäftsmodell dieser Häuser.

Szenarien gefordert

Vor diesem Hintergrund sind bereits verschiedene Vertreter und Lobby-Gruppen des Tessiner Finanzplatzes in Bundesbern vorstellig geworden. Einen Vorstoss machte auch der Tessiner FDP-Nationalrat Giovanni Merlini im September 2017.

Mit seinem Postulat wurde der Bundesrat beauftragt, einen Bericht auszuarbeiten, in welchem er Szenarien für den Tessiner und den Genfer Finanzsektor und deren Zutritt zum italienischen beziehungsweise französischen Markt sowie Massnahmen darstellt, die grenzüberschreitende Finanzdienstleistungen schweizerischer Institute für ihre Privatkundschaft erleichtern.

Widerstand in Frankreich und Italien

Die Rechtslage schliesst bilaterale Abkommen zwischen der Schweiz und einzelnen EU-Mitgliedstaaten wie Frankreich und Italien grundsätzlich nicht aus. Sie müssen jedoch auf einer gegenseitigen Anerkennung beruhen.

Frankreich wie Italien haben sich bisher aber gegen solche Regelungen mit Drittland-Banken entschieden. Mit anderen Worten: Sie beharren auf dem Modell einer Zweitniederlassung. Und auf EU-Stufe besteht für diesen Bereich kein Äquivalenzregime, das den grenzüberschreitenden Marktzugang in den EU-Raum ermöglichen könnte.

Enge Grenzen

Konkret bedeutet dies, so kommt der Bundesrat in seiner Antwort zum Schluss, dass der grenzüberschreitende Marktzugang für das Vermögensverwaltungsgeschäft aus der Schweiz heraus nicht an juristischen Hürden scheitert, sondern von der politischen Bereitschaft einzelner EU-Staaten abhängig ist.

Dabei spielen wirtschaftspolitische Überlegungen, insbesondere das Interesse Italiens oder Frankreichs, ihre (heimische) Kundschaft aus dem Inland heraus zu bedienen – weil dies Arbeitsplätze und Steuereinnahmen garantiert. Im Klartext folgert der Bundesrat daraus: «Somit sind den Szenarien und Strategien auf Schweizer Seite im Sinne des Postulats sehr enge Grenzen gesetzt.»

Schwacher Trost

Dass die Schweiz dennoch weiterhin bilaterale Lösungsansätze mit Italien und Frankreich für den grenzüberschreitenden Marktzugang in der Vermögensverwaltung von Finanzinstituten anstrebt und weiterverfolgen will, ist ein schwacher Trost. Denn es steht langfristig nicht weniger als die Zukunft des zweit- und drittgrössten Finanzplatzes auf dem Spiel: Genf und Lugano.

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