Nach seiner Rückkehr aus Scharm El Scheich sprach der Leiter Nachhaltige Finanzen im Staatssekretariat für internationale Finanzfragen, Christoph Baumann, mit finews.ch darüber, wie die Initiativen des Privatsektors während des zweiwöchigen Treffens vorankamen.

Im Zentrum der diesjährigen UNO-Klimakonferenz stand die Umsetzung der Klimapläne. Zum einen waren die Länder gefordert Fortschritte zu präsentieren, die sich zuvor verpflichtet hatten, ihre Wirtschaft bis 2050 klimaneutral zu stellen. Zum andern standen die Finanzinstitute im Rampenlicht, die die Netto-Null-Verpflichtungen übernommen hatten, indem sie sich der Glasgow Financial Alliance for Net Zero (GFANZ) anschlossen.

Wie der Leiter Nachhaltige Finanzen im Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF), Christoph Baumann (Bild unten), im Gespräch mit finews.ch erklärt, hat die GFANZ in der Schweiz eine enorme Zugkraft und die Unterstützung der relevanten Branchenverbände gewonnen, seitdem der Bundesrat im vergangenen November den Finanzinstituten den Beitritt zu solchen Allianzen empfohlen hat.

Kritik aus den USA

Dies war jedoch nicht überall der Fall. Im Vorfeld der 27. Weltklimakonferenz 2022 (COP 27) erklärten die GFANZ-Mitglieder JP Morgan Chase, Bank of America und Morgan Stanley, dass sie möglicherweise aus der Allianz austreten müssten. Die Einhaltung der Netto-Null-Ziele der Mitglieder könnte in bestimmten US-Rechtsordnungen zu einer Wettbewerbsverzerrung führen.

christoph baumann

(Bild: SIF)

Der Verlust einiger Mitglieder ist für Baumann jedoch kein Grund zur Sorge. «Die Allianz ist für ambitionierte Akteure da. Es wäre wirklich schade, wenn die Allianz ihre Ziele verwässern würde, nur um eine universelle Mitgliedschaft zu gewährleisten», so Baumann.

In einer Mittlerrolle

Tatsächlich zögern viel Finanzinstitute, wenn es darum geht, einen Weg zur Erreichung von Netto-Null-Emissionen einzuschlagen. Dies lässt sich teilweise mit dem Umstand erklären, dass die Finanzdienstleister den Übergang der Realwirtschaft nur indirekt unterstützen können.

Da ihre eigenen CO2-Emissionen vernachlässigbar sind, konzentriert sich die Finanzbranche auf die Überwachung und Begrenzung ihrer Investitionen in CO2-emittierenden Unternehmen. Emissionen, die als «Scope Three» bezeichnet werden.

Veränderte Berichterstattung

«Das macht es für die Finanzindustrie so komplex, Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Demgegenüber kann sich etwa ein Zementunternehmen direkt verpflichten, weil es den Grossteil der Emissionen, die es produziert, direkt kontrollieren kann», sagt Baumann.

Seit der Unterzeichnung der Glasgow Financial Alliance for Net Zero (GFANZ) im vergangenen Jahr haben viele Finanzinstitute darüber nachgedacht, wie sie mit der Berichterstattung über ihre Umstellungspläne beginnen und ihre Pläne mit verifizierten, wissenschaftlich fundierten Zielen umsetzen können.

Kostenlose Klimadatenbank

Einige dieser Ideen sind in ein Projekt eingeflossen, um eine kostenlose Klimadatenbank mit Unternehmensemissionen und -zielen zu erstellen. Dies kann die Finanzinstitutionen bei ihren Umstellungsplänen unterstützen und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) sowie Forschern ermöglichen, die ihre Verpflichtungen glaubwürdig zu überprüfen.

Die erste Version der Net-Zero Data Public Utility Plattform soll bis zur COP28 in Abu Dhabi im nächsten Jahr fertiggestellt werden, worüber sich Baumann sehr freut.

Es handelt sich gemäss Baumann um eine der wichtigsten Veranstaltungen oder Diskussionen zu diesem Thema. Die Schweiz habe als Mitglied des Lenkungsausschusses des Projekts eine wichtige Rolle gespielt.

Warten auf Schweizer Bericht

Bisher verfolgt die Schweiz einen selbstregulierenden Ansatz für nachhaltige Finanzen. Angesichts der Greenwashing-Vorwürfe in der internationalen Finanzwelt und der kontinuierlichen Fortschritte in diesem Bereich drängt der Bundesrat jedoch auf eine Verschärfung der Richtlinien.

Bis Ende des Jahres wird er seine Strategie für nachhaltige Finanzen für die nächsten vier Jahre in einem Bericht festhalten, der alle wichtigen Massnahmen enthält und den Unternehmen Anhaltspunkte für deren Umsetzung gibt.

Eine Verordnung über die Offenlegung des Klimas richtet sich an grössere, in der Schweiz börsennotierte Unternehmen und Finanzinstitute und wird sich stark auf Übergangspläne und Scope-3-Ziele konzentrieren. «Dies ist etwas, das die Schweiz wirklich an die Spitze der Nationen bringt, wenn es um die Offenlegung von Klimadaten geht», erklärt Baumann.

Verschiedene Blickwinkel zur Glaubwürdigkeit

Für das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) ist es wichtig, dass ein Finanzinstitut, das eine Netto-Null-Verpflichtung eingeht, transparent und glaubwürdig darlegt, wie es diese umzusetzen gedenkt.

Die Glaubwürdigkeit von Finanzinstituten kann nach Ansicht von Baumann aus zwei Blickwinkeln betrachtet werden. Einige Nichtregierungsorganisationen verfolgen einen Bottom-up-Ansatz. Aus dieser Perspektive erscheint jede Investition in ein neues Projekt zur Nutzung fossiler Brennstoffe durch eine Finanzinstitution, die sich zu einem Netto-Null-Ausstieg verpflichtet hat, als nicht glaubwürdig.

Das SIF gibt jedoch zu bedenken, dass die Finanzinstitute fast dreissig Jahre Zeit haben, um den Übergang zu vollziehen. «Sie müssen nicht sofort vollkommen emissionsfrei sein. Sie müssen bis 2050 auf Netto-Null-Emissionen umstellen», so Baumann.

Ein steiniger Weg

Wenn der Umstellungsplan des Unternehmens extern als wissenschaftlich fundiert bestätigt wurde und die Fortschritte im Rahmen des Umstellungsplans glaubwürdig sind, besteht Baumann zufolge kein Grund, jede einzelne Investition zu kontrollieren.

Er fügt hinzu, dass die überwältigende Mehrheit des Finanzsektors die Umstellung auf Netto-Null-Emissionen unterstützt. Dieser Weg bleibe aber schwierig, zumal sich die Standards und Erwartungen der Investoren im Laufe der Zeit ändern.

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