Amerikanische Politiker sehen beim Thema ESG rot und greifen Finanzinstitute wegen ihrer Nachhaltigkeit-Praktiken an. Nun vollzieht eine mächtige Ratingagentur eine überraschende Kehrtwende bei ihren ESG-Ratings.

Rating-Agenturen bewerten weltweit Tausende von Unternehmen hinsichtlich ihrer Anstrengungen zur Förderung von Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungsstandards (ESG). Diese Bewertungen dienen unter anderem als Grundlage für nachhaltige Investitionsentscheidungen. Sie entscheiden auch über die Aufnahme in Indizes, die auf ESG-Metriken basieren.

Rund um das Thema Nachhaltigkeit ist ein Milliardenmarkt entstanden, denn viele Investoren wollen ihr Geld nach diesen Kriterien anlegen. Es gibt auch in der Schweiz kaum noch eine Bank, die keine ESG-Investmentfonds in ihrer Produktpalette hat.

Das Geschäft mit Ratings wird von den drei grossen Agenturen Fitch Ratings, Moody's und S&P dominiert. Sie beziehen ESG-Kriterien auch in ihre Kreditratings ein. Alle drei Unternehmen haben in den letzten Jahren eine Bewertungsskala von eins bis fünf verwendet, wobei fünf einen sehr starken Einfluss auf die Kreditwürdigkeit signalisiert.

Einflussreiche ESG-Ratings

Diese so genannten Relevanz-Ratings können einen erheblichen Einfluss auf die Kreditwürdigkeit eines Unternehmens haben, wobei das Schuldenrating die Kreditkosten beeinflussen kann. So erhalten beispielsweise Ölkonzerne aufgrund von Klimabedenken oft ein schlechteres Rating, als es ihre Finanzkennzahlen rechtfertigen würden.

Allerdings sind die Einflussfaktoren für solche ESG-Ratings stark politisiert. Vor allem aus republikanischen Politikerkreisen in den USA wird ESG inzwischen heftig unter Beschuss genommen. Das bekam auch die Schweizer Grossbank UBS zu spüren, die im vergangenen Jahr im US-Bundesstaat Texas auf eine schwarze Liste gesetzt wurde.

Während der weltgrösste Vermögensverwalter Blackrock und andere Investmentgiganten wegen ihrer ESG-Praktiken seit geraumer Zeit heftig kritisiert werden, blieben die ebenso einflussreichen Ratingagenturen bislang aber weitgehend unbeachtet.

Überraschender Kurswechsel

Doch nun vollzieht die US-Ratingagentur S&P Global eine Kehrtwende. Sie rückt von ihrer bisherigen Praxis einer alphanumerischen Skala ab, die seit 2021 ihre ESG-Kreditfaktoren veranschaulicht und zusammengefasst hat. Künftig soll die ESG-Analyse eines Unternehmens nur noch aus Text bestehen, wie das Ratinghaus Ende vergangener Woche mitteilte.

Begründet wird dieser überraschende Schritt damit, dass «die narrativen Abschnitte in unseren Ratingberichten am besten geeignet sind, Details und Transparenz zu den ESG-Kreditfaktoren zu liefern, die für unsere Ratinganalyse wesentlich sind». Hehre Worte, aber dahinter dürften auch andere Motive aus Eigeninteresse des Unternehmens stehen.

Denn die Verwendung von ESG-Faktoren zur Bestimmung von Kreditratings stellt aus Sicht von Kritikern ein erhebliches Problem dar. Unternehmen, die Nachhaltigkeitsstandards nicht erfüllen, werden quasi mit höheren Finanzierungskosten bestraft. Der Kurswechsel von S&P erweckt nun den Eindruck, dass die Ratingagentur dem Druck der Republikaner an der Wall Street ein Stück weit nachgibt. Dieser Schritt könnte nun auch die anderen Ratingagenturen unter Druck setzen.

Zurich und Swiss Re flüchten aus Klima-Allianz

Generell hat das Thema ESG in Finanzkreisen derzeit einen schweren Stand. Nach einem regelrechten Spiessrutenlauf hat Larry Fink, der CEO des weltgrössten Vermögensverwalters Blackrock, inzwischen aufgehört, den Begriff zu verwenden. Der nach Blackrock zweitgrösste Vermögensverwalter Vanguard wiederum ist im vergangenen Dezember aus der Initiative Net Zero Asset Managers ausgetreten.

Aus der Klima-Allianz der Versicherer, der Net-Zero Insurance Alliance (NZIA), haben sich in diesem Jahr reihenweise Versicherungsriesen verabschiedet, darunter aus der Schweiz die beiden Branchenführer Swiss Re und Zurich. Gleichzeitig sehen sich viele Finanzunternehmen dem Vorwurf des Greenwashing ausgesetzt – ein Thema, das inzwischen auch auf der Agenda der europäischen Aufsichtsbehörden steht, die an entsprechenden Gegenmassnahmen arbeiten.

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