Aufgeschreckt vom Finma-Verfahren gegen Raiffeisen und einer Reihe alarmierender Presseberichte, beschloss das Gremium, der Sache auf den Grund zu gehen, wie Kenner des Unternehmens berichten.

Ein folgenschwerer Entscheid

Dabei ging der Aduno-Verwaltungsrat nach Lehrbuch vor. Er wollte die Unabhängkeit der Ermittlungen sicherstellen und vergab deshalb die Untersuchung extern. So wurde im November 2017 die Zürcher Anwaltskanzlei Baumgartner Mächler beauftragt, verschiedene Übernahmen der Aduno Gruppe aus den vergangenen Jahren auf ihre Rechtmässigkeit zu überprüfen.

Das war ein folgenschwerer Entscheid, über dessen Tragweite sich ein Jurist wie Niquille bewusst sein musste. Wenn die Kanzlei eine «smoking gun» zutage fördern würde – dann hatte dies möglicherweise juristische Konsequenzen.

Staatsanwaltschaft übernimmt

Und genau das geschah, wie Aduno ebenfalls am Mittwoch mitteilte. «Aufgrund der Ergebnisse der Untersuchung hatte der Verwaltungsrat Baumgartner Mächler vor Weihnachten 2017 mit der Einreichung einer Strafanzeige beauftragt», heisst es dort.

Damit ging der Fall, den bisher nur die Finma interessierte, an die Zürcher Staatsanwaltschaft III über, die ihrerseits Ermittlungen wegen mutmasslicher ungetreuer Geschäftsbesorgung einleitete.

Raiffeisen zieht nach

Diese Ermittlungen haben offenbar auch Raiffeisen unter Zugzwang gebracht. Die Genossenschaftsbank reichte ebenfalls Strafanzeige gegen ihren Ex-CEO ein.

Dass sich das Institut dazu durchringt, darauf hatte bis zuletzt wenig hingedeutet. Als die «Sonntagszeitung» im vergangenen Oktober über das Finma-Verfahren gegen Raiffeisen berichtete, gab sich die Bank gelassen. Man sei mit der Aufsicht schon länger im Gespräch. In einzelnen Punkten habe sich da «ein Optimierungsbedarf herauskristallisiert.»

Als Vincenz im vergangenen November die Öffentlichkeit über ein Finma-Verfahren gegen ihn selber unterrichtete, blieb es still in St.Gallen. Ebenso Ende Dezember, als die Aufsicht ihre Untersuchungen gegen den Ex-Raiffeisenbanker bereits wieder einstellte. Dafür hatte das Institut kurz zuvor über Anpassungen in der Governance und über die Ernennung von Beat Hodel zum neuen Departementsleiter «Risiko & Compliance» berichtet.

Doch noch Transparenz?

Dann herrschte wieder Funkstille – bis Anfang dieser Woche. Da vermeldete Raiffeisen unvermittelt, dass sie sich von ihrer Beteiligung an der Privatmarkt-Firma Investnet trenne. Weder das laufenden Finma-Verfahren gegen die Bank noch die Causa Vincenz wurden mit einem Wort erwähnt.

Ganz anders am vergangenen Mittwoch. Da forderte Raiffeisen plötzlich «Transparenz». Nach einem langen Rückzug auf Raten hat das Institut mit der Strafanzeige den definitiven Bruch mit dem «Über-Banker» vollzogen. Auch das hat seinen Preis: Souverän und transparent wirkte das Vorgehen des Geldhauses in keinem Moment.

«Etwas im Grenzbereich»

Für die bis dato erfolgsverwöhnte und bei den Kunden höchst beliebte Genossenschaftsbank kommt die Wendung der Dinge sicherlich als Schock. Ein Schock, wie ihn Vincenz nach seinen eigenen Worten erlebte, als die Polizei vor der Haustüre auftauchte.

Das nimmt man ihm sogar ab. Der umtriebige Banker, der sich gerne als Unternehmer präsentierte und eher durch rasche Entscheidungen als viele Bedenken auffiel, sieht sich nun durch strikte Governance zu Fall gebracht.

Ein Statement, dass er letzten Dezember der Boulevardzeitung «Blick» gab, ist hier wohl entlarvend: «Da war vielleicht einmal etwas im Grenzbereich, das man im Nachhinein, mit dem heutigen Verständnis von Corporate Governance, anders beurteilt.»