Die Auftritte der Schweizer Währungshüter um Thomas Jordan gleichen sich auffallend: Die Nationalbank warnt vor der Entwicklung auf dem Immobilienmarkt, gleichzeitig zeigt sie sich unwillig, ihr dafür vorgesehenes Instrumentarium zum Einsatz zu bringen.

Thomas Jordan und seine zwei Kollegen im Direktorium der Schweizerischen Nationalbank (SNB) sind nicht zu beneiden. Ihre mahnenden Worte zu den steigenden Immobilienpreisen werden zwar gehört, bewirken aber wenig bis nichts. So setzte sich im zweiten Quartal 2018 der Anstieg der Immobilienpreise fort, und bei den sogenannten Wohnrendite-Liegenschaften besteht die Gefahr einer Preiskorrektur.

Der Boom am Immobilienmarkt ist nicht weiter erstaunlich: Dank den negativen Leitzinsen sind 10-jährige Hypotheken heute für weniger als 1,5 Prozent Jahreszins erhältlich, was den Besitz von Wohneigentum auf lange Sicht ausserordentlich günstig macht und die Wohnungsmiete entsprechend unattraktiv.

Kritik von oberster Stelle

Die inlandorientierten Geschäftsbanken, die eigentlichen Adressaten der Kritik von oberster Stelle, kommen aber kaum umhin, ihre Risiken weiter zu erhöhen: «Die Zinsmarge der inlandorientierten Banken ging 2017 weiter zurück,» erklärte Fritz Zurbrügg, der Vizepräsident der SNB, am Donnerstag in Bern. «Solange der Druck auf die Margen bestehen bleibt, gibt es für die inlandorientierten Banken starke Anreize, höhere Risiken einzugehen.»

Die SNB weiss also selber am besten, dass mit jeder auslaufenden, höher verzinsten Hypothek die Marge der Banken sinkt. Da aber die Geldhäuser selber keine Alternativen zum Zinsgeschäft sehen, tummeln sich immer mehr Akteure in einem begrenzten Markt und drücken sich gegenseitig die Preise. Die Anbieter aus dem Bereich Fintech und der Versicherungsbranche tragen das ihre zur ungünstigen Entwicklung bei – zur Freude der Konsumenten.

Kollateralschaden der Geldpolitik

Die Billighypotheken und sinkenden Zinseinnahmen der Inlandbanken sind ein Kollateralschaden der Ausrichtung der Schweizer Geldpolitik auf den Frankenkurs. Eine schrittweise Normalisierung der Zinspolitik wäre also nicht nur im Sinne der Banken, die ihre Einkommensbasis wieder verbessern könnten, sondern auch im Sinne der SNB, die ihren mahnenden Worten Taten folgen lassen könnte.

«Aktuell liegen wir auf einem Realzinsniveau, das wir historisch gesehen noch nie hatten,» sagt Klaus Wellershoff, einer der prominentesten Prognostiker der Schweiz. «Es ist schwer zu verstehen, wieso das in dem gegenwärtigen ökonomischen Umfeld notwendig sein soll.»

Der Motor der Schweizer Wirtschaft brummt dank billigen Krediten, einem etwas günstigeren Frankenkurs und hoher Nachfrage nach Investitionsgütern weltweit. Die Firmen suchen händeringend nach Fachkräften, um ihre offenen Stellen zu besetzen. In der trockenen Sprache der SNB tönt das so: «Das Wachstum war sowohl auf der Nachfrage- wie auch auf der Produktionsseite breit abgestützt.»

Wann, wenn nicht jetzt?

Für eine Phase von Vollbeschäftigung und guten wirtschaftlichen Aussichten bei gleichzeitigen Überhitzungstendenzen im heimischen Immobilienmarkt würde die Geschichte der Geldpolitik höhere Zinsen vorsehen – und sicherlich keine Negativzinsen. Der wichtigste Referenzpunkt der SNB, die Politik der Europäischen Zentralbank (EZB), hat bekanntlich schon erste, vorsichtige Schrittchen in Richtung angezogener Schraube angekündigt.

Wer sich erhofft hatte, dass die SNB an ihrem halbjährlichen Mediengespräch diesbezüglich Signale aussenden würde, sah sich getäuscht. Ganz im Gegenteil, Thomas Jordan warnte, dass erstens die Lage am Devisenmarkt mit Blick auf die italienische Politik «weiterhin fragil» bleibe, und dass zweitens die mittelfristige Inflationsprognose im Vergleich zur geldpolitischen Bestandsaufnahme im März sogar leicht gesunken sei. Mit anderen Worten, die Preisstabilität ist gesichert und die Zinsen werden, so Jordan, «auf absehbare Zeit tief bleiben».

Normalität nicht in Sicht

Ein Abbau der massiv ausgeweiteten Geldmenge und ein Schritt Richtung geldpolitischer Normalität ist also noch nicht wirklich in Sicht. Und damit bleiben die mahnenden Wort an Hausbesitzer, Immobilieninvestoren und Inlandbanken genau das, mahnende Worte.

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