Die Schweizer Privatbank EGF International hat schwierige Zeiten hinter sich. Kann sie jetzt den Hebel umlegen? Die Investoren sind skeptisch, CEO Giorgio Pradelli gibt sich sportlich.

Der Erklärungsbedarf im Halbjahresabschluss 2019 der Schweizer Privatbank EGF International ist beträchtlich. Klammert man ausserordentliche Posten aus, ergibt sich ein ansehnliches Ergebnis von 75,6 Millionen Franken. Doch das ist nur die halbe Wahrheit.

Berücksichtigt man nämlich auch negative Effekte wie Rechtskosten, Abschreibungen im Zusammenhang mit der früheren BSI-Übernahme und Aufwendungen durch ausgelaufene Lebensversicherungen, schrumpft der Gewinn auf 31,5 (im Vorjahr: 46,4) Millionen Franken und liegt damit unter den Erwartungen in Finanzkreisen. Damit ist klar, EFG International hat den Turnaround noch nicht geschafft und ist umso mehr auf das Wohlwollen der Kunden und Investoren angewiesen.

Belastende Faktoren

Giorgio Pradelli 524

Dessen ist sich auch CEO Giorgio Pardelli (Bild oben) bewusst, wie er am Mittwoch vor den Medien in Zürich einräumte «Die letzte Meile steht uns immer noch bevor», erklärte er und meint damit den Beweis, dass «seine» Bank nachhaltige Gewinne erzielt, die sich positiv auf den Aktienkurs auswirken. Am Mittwoch war dies jedenfalls (noch) nicht der Fall: Die Titel büssten nach Bekanntgabe des Semesterergebnisses rund 8 Prozent an Wert ein. Warum?

Es sind mehrere Faktoren, die belasten: Erstens wuchs das Neugeld unter dem Strich nur gerade einmal um 300 Millionen Franken, was für eine Privatbank selbst im aktuellen Umfeld und angesichts der anhaltend haussierenden Märkte relativ wenig ist. Zweitens kommt die Bank insbesondere in ihrem wichtigsten Markt, der Schweiz, bislang nicht vom Fleck. Wie Pradelli einräumte, verzeichnet diese Region nach wie vor Abflüsse, wenngleich sich diese allmählich reduzieren und in den vergangenen sechs Monaten bloss noch 300 Millionen Franken ausmachten.

Kunden fahren Risiken zurück

Besorgniserregender ist drittens die Entwicklung in Asien, wo EFG International in der Berichtsperiode einen Abfluss von einer halben Milliarde Franken verschmerzen musste. Wie Pradelli gegenüber finews.ch präzisierte, hängt diese Entwicklung mit dem anhaltenden Handelskonflikt zwischen den USA und China zusammen. «Viele Kunden haben aufgrund der unsicheren Situation ihre riskantesten Investments zurückgefahren, sie handeln erheblich weniger und haben auch ihre Kredite, um ihre «Trades» zu hebeln (leverage), massiv reduziert.

Unter diesen Prämissen erklärt sich denn auch, weshalb die Bank im asiatischen Private Banking im ersten Halbjahr 2019 einen Verlust einfuhr, wie auch finews.asia berichtete. Erhebliche Abflüsse musste das Unternehmen übrigens auch in Lateinamerika verzeichnen.

Mehr als 100 Kundenberater engagiert

Remedur sollen diverse strategische Initiativen mit einem Zeithorizont bis 2022 bringen, die das Top-Management bereits in diesem Frühjahr beschlossen hat. Dazu gehört die geradezu aggressive Anstellung von zusätzlichen Kundenberatern (Client Relationship Officers, CROs). Seit Anfang Jahr hat EFG bereits mehr als 100 solcher Leute engagiert und will laut Pradelli mit diesem Tempo vorerst weitermachen.

Kommt hinzu, dass diese CROs so rasch als möglich substanzielle Resultate erzielen sollen, wie der Chef betonte. Er erwähnte dabei auch, dass auf zehn Neuanstellungen jeweils drei bis vier CROs innert zweier Jahre den Erwartungen nicht gerecht würden. «Wir müssen die Profitabilität der einzelnen Kundenberater so schnell als möglich erhöhen», sagte er eindringlich.

Gut kapitalisiert für weitere Übernahme

Nachdem EFG International in diesem Frühjahr bereits den australischen Vermögensverwalter Shaw and Partners akquirierte, schliesst die Bank eine weitere Übernahme nicht aus, zumal sie mit einer Total Capital Ratio von 21 Prozent durchaus gut kapitalisiert ist. Doch im Vordergrund liege das organische Wachstum, sagte Pradelli weiter und verwies dabei auch auf die bereits positive Entwicklung in Grossbritannien sowie in Kontinentaleuropa.

Die allfälligen Auswirkungen einer neuen Regierung im Vereinigten Königreich scheinen die Wachstumspläne offenbar nicht zu beeinträchtigen. Ab September 2019 soll zudem eine Filiale im portugiesischen Lissabon voll funktionsfähig sein und einen Fokus auf den südeuropäischen Markt legen.

Plattform für unabhängige Vermögensverwalter

Vor allen Dingen will EFG International aber in der Schweiz auf Erfolgskurs kommen, wie Pradelli sein grösstes Anliegen formulierte, also den Hebel umlegen von «Integration (der BSI-Bank) auf profitables Wachstum». Dazu beitragen soll ab September 2019 auch eine «Multicustody»-Plattform, mit der EFG die Branche der unabhängigen Vermögensverwalter intensiver bearbeiten will.

Alles in allem erweist sich die «letzte Meile» als ein noch langer Weg, will die Bank im Jahr 2022 ein jährliches Neugeld-Wachstum von 4 bis 6 Prozent erzielen und das Kosten-/Ertrags-Verhältnis auf 72 bis 75 Prozent per Ende 2022 senken. Im zweiten Quartal 2019 hat EFG International ersteres schon mal erreicht; bei der anderen Kennzahl weist die Bank aktuell einen Wert von 85,2 Prozent aus.

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