Credit-Suisse-CEO Tidjane Thiam baut einmal mehr seine Konzernleitung um. Im Zuge dessen wird ersichtlich, wer zurzeit der wichtigste Mann der Schweizer Grossbank ist.

Jim Amine, der langjährige Investmentbank-Chef der Credit Suisse (CS), tritt aus der Konzernleitung der Schweizer Grossbank zurück. Der Schritt kommt unvermittelt: Noch vor zehn Tagen trat Amine in Zürich kurz vor die Medien und erklärte, aufgefordert von CEO Tidjane Thiam, wie er seine Einheit Investment Banking & Capital Markets (IBCM) aus der Verlustzone führen wolle.

Diese Aufgabe übernimmt nun David Miller, wie Amine ein Investmentbank-Veteran der CS. Er übernimmt auch Amines Stelle in der Konzernleitung der CS, wo die Wechsel zuletzt in rascher Folge geschahen; so ersetzten James Walker COO Pierre-Olivier Bouée und Philipp Wehle Wealth-Management-Chef Iqbal Khan. Davor kamen nach den Austritten von Peter Goerke und Jo Oechslin neu Antoinette Poschung und Lydie Hudson dazu.

Verstärkung durch Eric Varvel

Die Mitteilung zu Millers Ernennung vom Montag war hingegen deutlich: Dem Händler Miller wird ein Chairman zur Seite gestellt. «Wir verstärken damit das IBCM-Führungsteam», sagte Thiam. Diese Verstärkung erfolgt in der Person von Eric Varvel (Bild unten).

Eric Varvel

Der Amerikaner wird damit zu dem Mann in der CS, der inzwischen die meisten grossen Hüte trägt: Chairman Investmentbank, President und CEO der CS USA und CEO Asset Management. Mit diesen wichtigen Funktionen kommt ihm innerhalb der CS eine Schlüsselrolle zu. Kurzum: Varvel ist derzeit Thiam wichtigster Mann.

Von Thiam zurückgeholt

Vor gut fünf Jahren hatte die Zukunft des Mormonen und Vaters von fünf Kindern innerhalb der CS noch ganz anders ausgesehen. Nach Jahren als Co-Chef der Investmentbank und Konzernleitungsmitglied war er 2014 unter CEO Brady Dougan ins zweite Glied zurückgetreten.

Als Chairman für die Regionen Asien-Pazifik und Naher Osten genoss er für ein paar Jahre die Vorzüge, keine operative Verantwortung im Konzern tragen zu müssen und sich allein um die ihm nachgesagten hervorragenden Beziehungen zu den Investoren aus Katar zu pflegen.

Doch Thiam holte Varvel zurück. Im Jahr 2016 übernahm er von Bob Jain die Rolle des CEO Asset Management. Formal war Varvel damit Iqbal Khan, dem neuen Chef International Wealth Management unterstellt, weil Thiam das Asset Management in diese Einheit überführt hatte.

Zugpferd im IWM

Varvel machte einen hervorragenden Job, wie die Zahlen belegen. Unter ihm verdoppelte dass Asset Management bis ins Jahr 2018 den Vorsteuergewinn und die verwalteten Vermögen erhöhten sich um 68 Milliarden Franken, wovon 48 Milliarden effektive Neugelder waren.

Im laufenden Jahr steigerte das Asset Management den Vorsteuergewinn bis zum dritten Quartal um weitere 30 Prozent und zog 14 Milliarden Franken Neugeld an. Damit ist Varvels Geschäft derzeit das Zugpferd im International Wealth Management. Das Private Banking zog 2014 «nur» 10,4 Milliarden Franken Kundengelder an Land und steigerte den Vorsteuergewinn um gut 13 Prozent.

Ausserhalb des Scheinwerferlichts

Während sich Khan als Chef der gesamten CS-Vermögensverwaltung in letzten Jahren den Ruf eines Star-Bankers schuf, arbeitete ihm Varvel aus New York in zuverlässiger Manier zu und trug nicht unwesentlich zu den herausragenden Ergebnissen des International Wealth Management bei.

Schon Thiam hatte erkannt, dass Varvel zu den versiertesten Managern der CS gehört und ihn aus dem «Frühstücksdirektorium» zurückgeholt. Als CEO Asset Management blieb er in der laufenden Restrukturierung zwar unter dem Radar – das Scheinwerferlicht zogen in erster Linie Khann und Thiam an.

Die Beziehungen zu Katar

Doch die Erfahrung und vor allem die Beziehungen Varvels waren für die CS in der turbulenten Anfangsphase Thiams von unschätzbarem Wert.

Gemäss CS-Insidern übernahm Varvel, der sein erstes Geld als Manager eines Fitness-Studios in Dallas (Texas) verdient hatte, im Zuge der zwei Kapitalerhöhungen der CS 2015 und 2016 eine wichtige Vermittlerfunktion zur Königsfamilie im arabischen Emirat Katar ein. So wie er dies bereits im Jahr 2012 getan hatte, als die CS von der SNB dringend dazu angehalten worden war, das Eigenkapital aufzustocken.

Varvels Name war zuletzt innerhalb der CS wieder öfter gefallen: In einem Szenario, in welchem Thiam im Zuge des Bespitzelungsskandals um Khan den Hut hätte nehmen müssen, wäre Varvel zugetraut worden, in die Rolle des CEO zu schlüpfen.

Die Konstellation im Machtgefüge der CS ist nun eine andere: Varvel bleibt im zweiten Glied, während mit Miller ein neuer Mann in die Geschäftsleitung aufsteigt. Varvel hat sich mit seiner zusätzlichen Rolle in der Investmentbank aber noch unentbehrlicher für die CS gemacht, als er es bislang schon gewesen ist.

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