Claudio de Sanctis ist derzeit der Swiss Banker mit dem rasantesten Aufstieg bei der ausländischen Konkurrenz. Doch im neuen Machtbereich bei der Deutschen Bank drohen Gefahren.

Das muss ihm einer nachmachen: Im Jahr 2018 als Europa- und Schweizchef der Vermögensverwaltung zur Deutschen Bank gestossen, übernahm Claudio de Sanctis nach nur elf Monaten zunächst das ganze Wealth Management der Grossbank. Nun weitet er seinen Machtbereich bei der grössten Bank im nördlichen Nachbarland nochmals massiv aus.

Wie einer Mitteilung des Instituts vom (gestrigen) Mittwoch zu entnehmen war, wird das Wealth Management und das internationale Geschäft mit 3,4 Millionen Firmen-, Retail- und Private-Banking-Kunden zur Internationalen Privatkundenbank zusammengefasst. Und der Chef der neuen Bank in der Bank wird – de Sanctis.

Herr über 250 Milliarden Euro Vermögen

Damit gebietet er nicht nur über das globale Geschäft mit Superreichen, sondern auch über die Kontakte zu Kleinkunden und KMU in Italien, Spanien, Belgien und in Indien. Vereint bringt es die Klientel auf 250 Milliarden Euro an verwalteten Vermögen. Die Teilbereiche werfen für die Deutsche Bank zusammen rund 3 Milliarden Euro Ertrag ab. Darüber hinaus wird de Sanctis auch noch Europachef.

Damit ist er definitiv zu einem der wichtigsten Akteure von CEO Christian Sewings Turnaround-Strategie geworden. Dieser hofft laut der Mitteilung, über die verschiedenen Bereiche hinweg den Marktanteil der Deutschen Bank zu erweitern und besser in der Regionen Fuss zu fassen. Auf der Strecke bleibt hingegen der vormalige Europachef Ashok Aram, der das internationale Retail- und Firmengeschäft zuvor verantwortete. Er verlässt die Deutsche Bank aus «persönlichen Gründen», wie es hiess.

Im Gespann mit Iqbal Khan

Der 47-jährige Italiener ist damit nun mächtiger als je in seiner Karriere im Swiss Banking. Im Jahr 2013 wechselte er von der UBS, bereits damals im Range eines Managing Director, zur Lokalrivalin Credit Suisse (CS). Nach einem Jahr als Leiter Private Banking in Südostasien kehrte er in die Schweiz zurück und übernahm das Nord- und Osteuropageschäft. Wiederum ein Jahr später berief ihn Iqbal Khan – der inzwischen als Co-Chef der Globalen Vermögensverwaltung (GWM) der UBS amtete –, zum Europachef.

Das Gespann Khan und de Sanctis habe sich nicht nur blendend verstanden, sondern auch strategisch sehr ähnlich getickt, heisst es. Im Herbst 2018 verliess de Sanctis dann aber die CS Knall auf Fall – dem Vernehmen nach hatte er sich mit dem damaligen CEO Tidjane Thiam überworfen. In der Folge lotste er zahlreiche Private Banker von der CS zu seiner neuen Arbeitgeberin.

Nettozuflüsse trotz Pandemie

Dort ist nun zu erwarten, dass er auch in seiner neuen Charge die Dinge in Bewegung bringt. Bei der Deutschen Bank (Schweiz) etwa hatte de Sanctis wenige Monate nach seiner Ankunft die Leitung in Zürich völlig umgekrempelt.

Trotz der Coronakrise konnte «sein» Wealth Management dieses Jahr nun Nettozuflüsse verbuchen, wie de Sanctis im Gespräch mit finews.ch ausführt. Dies hatte dem Bankmanager zufolge auch mit dem erfolgreichen Handling von Lombardkrediten zu tun. Die Deutsche Bank macht zu möglichen Ausfällen keine Angaben.

Rückstellungen so hoch wie seit Finanzkrise nicht mehr

Allerdings hat die Grossbank dieser Tage angekündigt, dass sie zum Ausgleich für faule Kredite im zweiten Quartal 800 Millionen Euro zusätzlich zurücklegt – deutlich mehr, als die Investorengemeinde erwartet hat. Die Risikovorsorge dürfte damit in diesem Quartal so hoch werden wie seit 2009 zu Zeiten der Finanzkrise nicht mehr.

Dabei wurde nicht genau aufgeschlüsselt, woher die faulen Kredite stammen. Wahrscheinlich ist jedoch, dass es aufgrund der Coronakrise gerade bei Firmen- und Retailkunden zu Ausfällen kommt. Damit hätte Aufsteiger de Sanctis bei der neuen International Private Bank ein belastetes Erbe angetreten.

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