Schweizer Finanzinstitute und die Nationalbank sollen nicht mehr in Rüstungsaktien investieren dürfen. Darauf zielt die «Kriegsgeschäfte-Initiative» ab. Das Problem, das Banken bereits mit der Nachhaltigkeitsproblematik haben, würde sich damit nochmals verschärfen.

Durch die Eidgenössische Volksinitiative «Für ein Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten» oder kurz «Kriegsgeschäfte-Initiative» sieht sich der Schweizer Bankenplatz mit einer unangenehmen Frage konfrontiert.

Das Volksbegehren, das im Juni 2018 von der «Gruppe für eine Schweiz ohne Armee» (GSOA) sowie der Partei der Jungen Grünen eingereicht wurde, und das am 27. November 2020 vors Volk kommt, untersagt der Schweizerischen Nationalbank (SNB), den Schweizer Stiftungen sowie Einrichtungen der staatlichen und beruflichen Vorsorge die aktive und passive Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten.

Nicht mehr als 5 Prozent des Jahresumsatzes

Doch die Initiative geht noch weiter: Sie fordert zweitens, dass sich der Bund auf nationaler und internationaler Ebene dafür einsetzt, dass für Banken und Versicherungen entsprechende Bedingungen gelten. Sprich: Schweizer Finanzunternehmen dürften nicht mehr in Rüstungsunternehmen und Waffenhersteller investieren – auch nicht im Auftrag von Privatkunden.

Kriegsmaterialproduzenten sind gemäss Initiativtext Unternehmen, die mehr als 5 Prozent ihres Jahresumsatzes mit der Herstellung von Kriegsmaterial erzielen. Mit Finanzierung ist die Gewährung von Krediten, Darlehen und Schenkungen gemeint sowie die Beteiligung an solchen Unternehmen und der Erwerb von Wertschriften und Finanzprodukten.

Schweizer Institute mischen mit

Unter die 5-Prozent-Regel würden zahlreiche Unternehmen fallen. Prominent und bei Schweizer Anlegern bekannt sind beispielsweise US-Firmen wie Lockheed Martin, Boeing, BAE Systems oder Raytheon. Banken dürften keine neuen Aktien kaufen und müssten bestehende Rüstungsaktien innerhalb von vier Jahren abstossen – auch gegen den Willen des Kunden.

Über das Thema sprechen Banken nur ungern, denn für sie besteht ein Interessenskonflikt: Ihre eigene Anlagepolitik verbietet möglicherweise bereits Aktienkäufe von Rüstungsfirmen. Doch wenn ein Kunde eine Order macht, kann der Berater schlecht nein sagen. 

Resistente Nationalbank

Investitionen in Unternehmen, die international geächtete Waffen wie Streubomben oder Personenminen produzieren, können wohl eher abgelehnt werden. Schliesslich zieht auch die SNB hier eine klare Linie. Hingegen hat sich die Nationalbank gegenüber der anhaltenden Kritik an ihrer Anlagepolitik, die eben US-Unternehmen wie Raytheon oder Boeing nicht ausschliesst, bislang resistent gezeigt.

Aus Performance-Sicht können Banken ihren Kunden den Wunsch nach Rüstungsaktien schlecht ausschlagen. Ein Investment in Lockheed Martin hat in den vergangenen zehn Jahren rund 80 Prozent an Wert zugelegt. Rüstung und Waffen folgen je nach geopolitischer Lage zwar auch gewissen Zyklen, dürften grundsätzlich aber auch in Zukunft gefragt bleiben und darum auch an der Börse performen.

Sprich: Die Nachfrage bleibt bestehen. Und eine Bank hat gegenüber dem Kunden eine Verpflichtung. Auch gegenüber den Aktionären besteht eine Verpflichtung, doch dürfte der Ertrag aus Kommissionen und Courtagen mit Rüstungsaktien überschaubar bleiben.

Viele tun es nicht mehr

Bestünde die Verpflichtung gegenüber dem Kunden nicht, wäre es für die typische Schweizer Bank kaum ein Problem , sich vom Geschäft mit Kriegsmaterial zu verabschieden – einzelne haben es teilweise bereits gemacht.

So lehnt zum Beispiel die Genfer Privatbank Pictet schon seit 2011 Investments in Firmen, welche Streumunition, Personenminen, chemische, biologische oder Nuklearwaffen herstellen oder dazu beitragen, kategorisch ab.

Die Bank setzt sich zusammen mit über 80 weiteren Schweizer und internationalen Asset Managern auch dafür ein, dass Indexanbieter wie S&P Global, MSCI oder FTSE 100 Russell solche Unternehmen bei ihrer Abbildung des Marktes nicht mehr berücksichtigen. Fallen solche Aktien aus den Indizes würden sie auch nicht mehr in ETF und anderen Benchmark-Fonds abgebildet, so die Überlegung.

Ultimativ betreiben die Finanzinstitute damit Friedenspolitik: Sie nehmen eine Verantwortung wahr, wie dies von ihnen immer wieder gefordert worden ist. 

Parallele zur ESG-Debatte

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.54%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.54%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.25%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.12%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.54%
pixel