Die Verzinsung von Schweizer Sparkonten bewegt sich um die Null. Doch das könnte sich schneller ändern als gedacht – selbst wenn die Leitzinsen negativ bleiben.

Das Zauberwort heisst Konkurrenz. Im Zahlungsverkehr – der wichtigsten Schnittstelle zum Bankkunden – geht der Kampf zwischen alteingesessenen Banken und neuen Konkurrenten wie Fintechs und Technologieriesen in die heisse Phase.

Noch vor Monatsende lanciert die Credit Suisse (CS) die Banking-App CSX. Mit der Applikation will die Grossbank ein digital-affines Publikum gewinnen – und auch Neobanken wie Revolut, N26 oder Neon Paroli bieten.

Zuvor hatten die CS und auch die Schweizer Erzrivalin UBS schon die Gebühren von Kartenangeboten gesenkt, um mit der Tiefpreis-Strategie der Fintech-Angreifer mitzuhalten.

Wie einst das Digipigi?

Doch mit dem Senken von Gebühren wird es auf die Länge nicht getan sein. Wie die Analysten der amerikanischen Rating-Agentur Moody’s schreiben, dürfte die Konkurrenz im Bereich der Online-Konti zunehmen und die Loyalität der Bankkunden erodieren. Eine Verzweiflungstat, um den Trend aufzuhalten, wäre: die Kundschaft trotz Negativzinsumfeld mit höheren Sparzinsen anzulocken.

Als frühes Experiment in diese Richtung kann das digitale Sparsäuli Digipigi betrachtet werden, das die CS 2017 mit Blick auf ihre jüngsten Kunden lancierte. Die Grossbank lockt die Kleinen (und deren Eltern) mit einem Zins von 5 Prozent. In Zeiten von Negativzinsen ein astronomisches Angebot, das anfangs viel zu Reden gab.

Zwang zur Öffnung

Sinnigerweise subventionieren die Schweizer Banken die Kleinsparer sowieso. Weiterhin betrachten sie es als zu riskant, dem Publikum den Strafzins von -0,75 offen weitergeben. Zu gross ist die Angst, dass quasi über Nacht Milliarden von Passivgeldern zur Konkurrenz abfliessen. Ohne Spargelder für die Kreditvergabe geriete das Zinsgeschäft der Institute aus den Fugen.

Die Moody’s-Experten halten es dennoch für möglich, dass die Geldhäuser einen Schritt weiter gehen müssen. Neue regulatorische Vorgaben wie die EU-Richtlinie PSD2 – die in der Schweiz nicht gilt, aber richtungsweisend für die Branche ist – zwingen die Banken, ihre Geschäft für Drittanbieter zu öffnen. Letztere können so die Bankkunden direkt beliefern und eine Markenpräsenz aufbauen.

Dickes Ertragspolster

Dass das die Loyalität zur Bank bröckeln lässt, nehmen die Autoren der neuen Regelwerke offenbar in Kauf. Regelwerke wie PS2D dienen dem Verbraucher und sollen es ihm ermöglichen, effizient zwischen Angeboten zu wechseln. Die Zeiten, als eine Bankbeziehung noch länger hielt als eine Ehe, gehen damit dem Ende zu. Künftig müssen wohl auch die Banken um die Gunst der Kundschaft kämpfen.

Die Geldinstitute, könnte man meinen, sollten sich eine Zinserhöhung leisten können: 2019 vermeldete die auch in der Schweiz aktive britische Neobank Revolut durchschnittliche Einkünfte von 24 Pfund (rund 28 Franken) pro Kunde.

Dies ist ein Bruchteil dessen, rechnet Moody’s vor, was traditionelle europäische Banken im Schnitt mit Retailkunden verdienen. Bei der Deutschen Bank liegen die Erträge bei 360 Franken, bei der spanischen Santander gar bei 640 Franken.

In der Schweiz, die sich auch im Banking durch ein hohes Preisniveau auszeichnet, werden die Einkünfte nicht viel tiefer sein.

Wer die tieferen Taschen hat

Dennoch dürfte dieses Ertragspolster nicht reichen, um sich die neue Konkurrenz längerfristig vom Leib zu halten. Denn diese operiert nach ganz anderen Regeln: Die Fintechs stellen langfristiges Wachstum vor kurzfristigen Ertrag. So lange sie rapide wachsen, werden sie von Investoren mit genügend Geld versorgt – das zeigten die Kapitalrunden von Revolut und Konsorten in der Coronakrise. Die Angreifer könnten damit am Ende die tieferen Taschen haben.

Ändert sich das Umfeld nicht grundlegend, erwarten die Analysten, dass die Banken nach und nach aus dem Bezahlgeschäft gedrängt werden, weil es schlicht zu kostspielig wird. Die Folge, so das reichlich pessimistische Moody’s-Szenario: Die Banken werden zu Zulieferer für kompliziertere Finanzprodukte, während andere das Geschäft an der Kundenfront machen.

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