Im Hype und die Mantelgesellschaften steht der Realitäts-Check an. Die Schweizer Szene steht bei den Spacs Gewehr bei Fuss.

Für angegraute Profisportler und für Bands, die das Chart-Treppchen nach unten gestiegen sind, gibt es die Hoffnung, in anderen Weltgegenden nochmals zu Ruhm zu kommen. «To be big in Japan» sagte man früher dazu – die Redewendung scheint nun auch gut auf den Boom der so genannten Spacs zu passen.

Grosse Pläne in Nahost

Nach dem starken Rückgang der Volumen vom letzten Frühling sind die Promotoren der börsenkotierten Mantelgesellschaften nun nämlich daran, den Hype von der New Yorker Wall Street in neue Märkte zu tragen. Grosse Hoffnungen machen sie sich diesbezüglich nicht nur bezüglich Asien, sondern auch auf Afrika und Nahost.

So will Mubadala, der Staatsfonds des Emirats Abu Dhabi, gleiche zwei Spacs auf die Beine stellen. Im Urteil der britische Zeitung «Financial Times» (Artikel bezahlpflichtig) ein klarer Fall von «Fear of missing out» – also der Angst, etwas zu verpassen.

Steckenpferd für Ex-Grossbanker

Doch was genau? Die auch als Blankoscheck-Gesellschaften bekannten Special Purpose Acquisition Companys gehen auf Vorrat an die Börse, um private Unternehmen zu kaufen, die so quasi über die Hintertür kotiert werden. In der Börsenhausse nach dem Corona-Crash vom Frühling 2020 erschien das auch Profi-Investoren eine verlockende Idee.

Zu den Blüten des Spac-Booms zählte, dass sich auch bekannte Banker wie Ex-UBS-Chef Sergio Ermotti und Tidjane Thiam, ehemaliger CEO der Credit Suisse, bei Mantelgesellschaften engagierten.

Wenn der Wind dreht

Vergangenes Jahr sammelten die US-Spacs bei Investoren mehr als 70 Milliarden Dollar ein, insbesondere in den USA und Europa. Im ersten Jahresviertel 2021 holten amerikanische Mantelgesellschaften an der Börse gar 96 Milliarden Dollar – im April und Mai dann aber nur noch 7 Milliarden Dollar. Dies, nachdem der Wind auch als regulatorischer Sicht zu drehen begonnen hatte.

Mittlerweile ist es eine Gewissheit: Der Hype um die Spacs ist an den westlichen Märkten vorerst verpufft, und die Investoren reiben sich erstaunt die Augen.

Turbos zurückgepfiffen

Sinnigerweise ist die Schweiz als grösster Offshore-Finanzplatz der Welt ein weisser Fleck auf der Spac-Landkarte geblieben. Wie auch finews.ch berichtete, hatte das Regulation-Gremium der Schweizer Börse SIX die Vorarbeiten geleistet. Die Zuger Finanzinvestorin Veraison stand als Sponsorin des ersten Schweizer Spac VT5 bereits in den Startlöchern. Doch dann pfiff die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) die Turbos zurück.

Die Aufsicht meldete Bedenken bezüglich des Anlegerschutzes an und wies die SIX vergangenen März an, über die Bücher zu gehen.

Milliarden an der Seitenlinie

Seither scheint die Causa Spac hierzulande festgefahren. Bei der Börse SIX sind die Arbeiten weiterhin in Gange, wie ein Sprecher auf Anfrage erklärte. Gregor Greber, Mitgründer von Veraison, zeigt sich derweil zuversichtlich. «VT5 steht bereit und freut sich, wenn es seitens der Regulierung hoffentlich bald Unternehmen auch in der Schweiz ermöglicht wird, über einen Spac einen Börsengang an der SIX zu tätigen.»

Dies, während sich bei den Hunderten bereits Mantelgesellschaften die Frage stellt, was sie nun mit dem vielen Geld anfangen. Wenn ein Spac kein geeignetes Ziel findet, wird es innert einer festgelegten Frist aufgelöst und die Gelder zurückbezahlt. Mittlerweile sitzen gewaltige Summen an der Seitenlinie: Die amerikanische Grossbank J.P. Morgan spricht von über 400 Spacs, die nach Übernahmekandidaten suchen, mit 130 Milliarden Dollar Kapital und einem Mehrfachen an zusätzlichen Krediten.

Investoren holen Geld zur Unzeit zurück

Doch dieses Geld auszugeben, ist schwieriger als gedacht. Mit dem Rückgang der Spac-Neukotierung sind auch die Übernahmen der Vehikel deutlich abgeflaut, wie J.P. Morgan vorrechnet: Gingen letzten Februar noch 49 Deals im Gegenwert von über 116 Milliarden Dollar von den Blankoscheck-Firmen aus, waren es letzten Juni noch 12 Transaktionen mit etwas mehr als 21 Milliarden Dollar Volumen. Das ist im Vergleich zum Jahresbeginn nurmehr ein Rinnsal.

Ebenfalls lässt aufmerken, das oftmals die Hälfe der Investoren ihr Geld zurückzieht, wenn ein Spac ein Ziel übernehmen will.

Nachhaltige Niveaus

Investmentbanker wie Nick Bossart wollen den Markt derweil noch nicht verloren geben. «Wir haben eine deutliche Abkühlung des Spac-Trend gegenüber Anfang Jahr gesehen», analysierte der Schweiz-Chef von J.P. Morgan unlängst vor Journalisten. Mittelfristig hält Bossart Neukotierungen auf dem Niveau von vom letzten Herbst für nachhaltig – also noch bevor der Hype abzuheben begann.

In der Schweiz stellt sich derweil die Frage, ob das Konzept der Blankoscheck-Firmen überhaupt je fliegen wird.

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