Raiffeisen Schweiz muss zum zweiten Mal innert drei Jahren einen Verwaltungsratspräsidenten suchen. Nachdem die Ära unter Guy Lachappelle vorzeitig und unrühmlich zu Ende gegangen ist, kommt ein neuer Headhunter zum Zug. Die Suche soll noch dieses Jahr Erfolg haben.

Raiffeisen Schweiz will das Kapitel mit Verwaltungsrats-Präsident Guy Lachappelle möglichst rasch vergessen lassen. Nicht wegen dessen Verdiensten als zupackender und transformationswilliger Präsident.

Sondern wegen der gelinde gesagt unglücklichen Umstände, die seinen Rücktritt per Ende Juli 2021 unvermeidbar gemacht hatten. Für die drittgrösste Bankengruppe der Schweiz schien Lachappelle lange Zeit der richtige Mann zu sein, der Raiffeisen wieder vereinen und die Genossenschafts-Organisation modernisieren konnte.

Der Prozess läuft bereits

Die böse Ironie ist dabei, dass Lachappelles sehr ungeschickte Handlungen, eine schief gelaufene amouröse Affäre unter dem Deckel zu halten, zu einem neuerlichen Schaden von Raiffeisens Reputation geführt haben. War er doch als Banker mit lupenreiner Weste geholt worden, um den unter der Ära Vincenz verursachten Reputationsschaden wieder gutzumachen.

Nun ist wieder Pascal Gantenbein interimistischer Raiffeisen-Präsident, doch das Interregnum soll nur von kurzer Dauer sein.

Wie eine Sprecherin von Raiffeisen Schweiz gegenüber ausführte, ist der Prozess der Nachfolgesuche bereits aufgesetzt. Die Nomination des neuen Raiffeisen-Präsidenten soll möglichst noch in diesem Jahr erfolgen. «Der oder die Nachfolgerin wird an einer ausserordentlichen Generalversammlung vorgeschlagen», so die Sprecherin.

Im Vergleich zum Suchprozess von 2018 wird dieses Mal einiges anders sein. Zunächst: Das mit der Evaluation von Kandidatinnen und Kandidaten beauftragte Executive-Search-Unternehmen ist nicht mehr Guido Schilling.

One Bank, one Vote

Der Zürcher Headhunter hatte schon mit Lachappelle zusammengearbeitet, als dieser noch CEO der Basler Kantonalbank war. Zweitens wird der Raiffeisen-Verwaltungsrat den oder die neue Präsidentin vorschlagen, die Wahl halten aber nicht mehr die Raiffeisen-Delegierten, sondern die Raiffeisen-Banken ab. Dies ist eine Änderung, welche unter Lachappelle vollzogen worden ist: Bei Wahlen gilt nun «One Bank, one Vote». Nach den diversen Fusionen unter den regionalen Raiffeisen-Instituten sind es noch 219 Banken.

Im Suchprozess wird gemäss der Sprecherin zudem eine Delegation aus den einzelnen Raiffeisen-Banken involviert sein. Die Rolle dieser Delegierten werde das eines «Sounding Boards», also eines Konsultations-Gremiums sein. Entscheidungsgewalt bei der Nomination hat diese Raiffeisen-Delegation aber nicht.

Thomas Rauber im Lead

Im Raiffeisen-Verwaltungsrat liegt der Lead bei der Nachfolge-Suche bei Thomas Rauber, dem Präsidenten des Nominations- und Vergütungsausschusses. Diesem gehören auch Olivier Roussy sowie Karin Valenzano Rossi an. Interims-Präsident Gantenbein dürfte dieses Mal weniger mitzureden haben.

Lachappelle musste diesen Juli von seinem Präsidentenamt zurücktreten, nachdem eine vergangene Liebesaffäre völlig aus dem Ruder gelaufen und der Banker von seiner früheren Geliebten wegen Verletzung von Geschäftsgeheimnissen und «Stalking» angezeigt worden war. Der heute 60-Jährige hatte als CEO der Basler Kantonalbank eine Strategie-Präsentation an seine damalige Geliebte per E-Mail weitergegeben.

Transparent, aber nicht ganz

Gemäss Informationen von finews.ch hatte Lachappelle gegenüber dem Raiffeisen-Verwaltungsrat und auch Guido Schilling bezüglich seiner damaligen Affäre mit offenen Karten gespielt. Doch Lachappelles Transparenz soll nicht ganz so weit gegangen sein, dass er die Weitergabe von potenziellen BKB-Geschäftsgeheimnissen offengelegt hatte.

Zudem hatte der Basler geglaubt, mit Hilfe von juristischen Kraftakten die ausser Kontrolle geratene Geschichte unter dem Deckel halten zu können.

Der Raiffeisen-Verwaltungsrat ist nun gefordert: Nach CEO Pierin Vincenz, Präsident Johannes Rüegg-Stürm, Vincenz-Nachfolger Patrik Gisel und nun Lachappelle hat die Genossenschaftsbank bei vier ihrer Führungsleute eine im Nachhinein schlechte Wahl getroffen. Gesucht ist nun wiederum ein im Schweizer Geschäft erfahrener Top-Banker mit höchster Integrität. Ein weiterer Missgriff stünde Raiffeisen ganz schlecht an.

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