Die Schweizer Niederlassung der Luxemburger Quintet hat ihre Verluste deutlich ausgeweitet, wie neue Zahlen zeigen. Die Privatbank sieht sich im Startup-Modus – doch geht die Wette aufs Wachstum auf?

Für ein Startup hat es Quintet Switzerland inzwischen zu einer respektablen Grösse gebracht, zumindest personell. Wie die Schweizer Tochter der gleichnamigen Luxemburger Privatbanken-Gruppe zum ersten Semester 2021 berichtet, arbeiten nun an die 100 Angestellte für das aufstrebende Institut.

Offiziell gestartet war Quintet hierzulande im Mai 2020 mit 40 Mitarbeitenden und einer Lizenz, die sie von der einstigen Bank am Bellevue in Zürich übernommen hatte. Bei den 60 Angestellten, die seither hinzugekommen sind, handelt es sich zu rund einem Drittel um Kundenberater.

Im Aufbaumodus

Deutlich zugenommen haben aber auch die Verluste, wie dem finews.ch vorliegenden Semesterausweis weiter zu entnehmen ist. Diese weiteten sich von gut 9 Millionen Franken in der Vorjahresperiode auf 16,3 Millionen Franken Ende vergangenen Juni aus. Eine Zunahme um 80 Prozent – die das Management jedoch mit Gleichmut quittiert. «Das Ergebnis zeigt, dass wir als Startup und gemäss unserer Strategie im Investitions- und Aufbaumodus bleiben», lässt sich CEO Emmanuel Fievet zitieren. In diesem Sinne entspreche das Resultat den Erwartungen.

Doch kann das Schweizer Institut tatsächlich so seelenruhig in die Zukunft blicken, wie es im Semesterbericht denn Anschein macht? Denn dass ein Startup Geld verbrennt, wird hingenommen. Hingegen muss die Wette aufs Wachstum aufgehen.

Wachstum vor Gewinn

Tatsächlich hat Quintet in der Schweiz – die Niederlassung ist als eigenes Buchungszentrum ein wichtiger Pfeiler der europaweit tätigen Gruppe und zielt auf Schweizer und Offshore-Kundschaft – in den vergangenen Monaten kräftig investiert.

Getrieben vom Personalausbau haben sich die Kosten von knapp 11,5 Millionen auf gegen 24,8 Millionen Franken mehr als verdoppelt. Fievet zufolge soll auch weiterhin in Personal und Plattform investiert werden. Ebenfalls weit geöffnet hat die Privatbank ihre Bilanz; das Kreditbuch wurde um die Hälfte erweitert.

Wachstum vor Gewinn: dieses Muster ist gut bekannt von den Internet-Giganten dieser Welt. Amazon, Uber, Facebook, aber auch Neobanken wie Revolut – sie alle haben der Jagd nach Kunden und Volumen die Aussicht auf Gewinn hintangestellt. Das können sie sich leisten, solange sie Wachstum bolzen, den inneren Wert steigern und von Sponsoren mit weiteren Millionen an frischem Kapital eingedeckt werden.

Mehr als 100 Millionen Euro bereitgestellt

Die Expansion von Quintet ist ebenfalls mit frischem Kapital gedeckt. Die Quintet-Gruppe gehört den superreichen Herrschern im Emirat Katar, den al-Thanis. Die Familie hatte 2012 das damals noch unter dem Namen KBL firmierende Banken-Konglomerat für mehr als 1 Milliarde Euro übernommen und stellte im Jahr 2020 weitere 110 Millionen Euro für die Expansion des Geschäfts bereit. «Verluste sind vollauf durch den finanzstarken Rückhalt gedeckt, den die Gruppe geniesst», erklärt Bankchef Fievet im Semesterbericht den Mechanismus nochmals.

Das Wagniskapital ist also da – doch ist es auch das gesuchte Wachstum? Von der Bank am Bellevue hatte Quintet einen Kundenstamm mit rund 1,6 Milliarden Franken an Vermögen übernommen; Ende vergangenen Juni standen die verwalteten Kundengelder bei rund 2 Milliarden Franken, ein Plus von 27 Prozent zur Vorjahresperiode.

Rund 200 Millionen Franken davon sind dem Institut zufolge als Netto-Neugeld zugeflossen. Bei 20 neuen Kundenberatern seit dem Juni 2020 hätten die einzelnen Private Banker im Schnitt 10 Millionen Franken zu Quintet «mitgenommen». Eine im Usus der Branche geringe Summe; im Umfeld des Instituts ist indessen zu vernehmen, dass noch nicht alle Neuzugänge effektiv gestartet seien.

Hauchdünne Margen

Im niedrigen zweistelligen Bereich sind auch die für eine Privatbank wichtigen Kommissions-Erträge gewachsen – um 18 Prozent auf 2,4 Millionen Franken. Im Handel war der Ertrag im Vergleich zum extrem starken Vorjahr rückläufig, im Zinsengeschäft gingen die Bruttoerträge um 18 Prozent zurück.

Mit anderen Worten: Die Privatbank im Startup-Modus verbrennt derzeit in weit höheren Raten Geld, als sie diese bei der Expansion vorweisen kann. Und die Margen sind ebenfalls hauchdünn. «In diesem Zusammenhang möchten wir betonen, dass unser Gesellschafter und der Verwaltungsrat uns gebeten haben, unser Geschäft auf die richtige Weise aufzubauen – zunächst mit dem Schwerpunkt auf die operative Bereitschaft und dann auf Ertragswachstum», erklärte dazu ein Sprecher der Bank auf Anfrage.

Nächstes Jahr, so gibt das Institut zu verstehen, könne dann der operative Takeoff beginnen. «Diese Investitionen werden uns in den kommenden Jahren ein nachhaltiges Wachstum ermöglichen.» Punkten will die Privatbank im umkämpften Schweizer Markt nach eigenen Worten «mit Agilität, einem umfassenden Beratungsansatz, einer hochmoderne Vermögens-Allokation, eine wahrhaft offene Architektur, Multi-Booking-Fähigkeiten sowie einem robusten grenzüberschreitenden Angebot.»

Hält der Geduldsfaden?

Das sich auch eine Quintet nicht den Unwägbarkeiten dieses Marktes entziehen kann, zeigte zudem eine Reihe von Abgängen, die kürzlich publik wurden. Mindestens sieben Manager und wichtige Mitarbeitende haben das Institut verlassen, wie auch finews.ch berichtete. Ein Aderlass, den das Institut im Aufbaumodus so gar nicht gebrauchen kann.

Immerhin ist mit der ehemaligen Stephanie Ichter eine neue Finanzchefin gefunden worden, wie beim Geldhaus zu erfahren war.

Auf Gruppen-Ebene zeigt sich ein ähnliches Bild. 2020 halbierte die Quintet Private Bank den Verlust zum Vorjahr auf 20,3 Millionen Euro, während die Erträge um 15 Prozent auf 513 Millionen Euro anstiegen. 2022 geht das Investment der al-Thanis ins zehnte Jahr, und man wird sehen, ob der Geduldsfaden der Eigner aus Nahost noch lange hält.

Gegenüber einer Schweizer Bank, der Credit Suisse, haben die Katari bis anhin ausserordentlichen Langmut an den Tag gelegt: Nach dem Greensill-Archegos-Debakel vom vergangenen März ist die Qatar Holding, eine Tochter des katarischen Staatsfonds QIA und grösste Einzelaktionärin des Instituts, der CS nochmals mit rund 1,9 Milliarden Dollar an frischem Kapital beigesprungen.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.55%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.91%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.01%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.54%
pixel