Trotz Umbau belässt die Credit Suisse diverse Manager in ihren Funktionen, wie Recherchen von finews.ch zeigen. Ein Veteran erweist sich dabei als wahrer Überlebenskünstler innerhalb der Grossbank.

Die Credit Suisse (CS) gibt die neuen Schlüsselbereiche der Bank in erprobte Hände. Informationen von finews.ch zufolge ist André Helfenstein gesetzt als Chef der Sparte Swiss Bank sowie des Schweizer Heimmarkts, während Helman Sitohang die Region Asien-Pazifik übernimmt, die er seit 2015 leitet.

Die Chefposition im globalen Private Banking (Wealth Management) ist noch offen und könnte mit dem CS-Rückkehrer Francesco De Ferrari besetzt werden. Christian Meissner wird weiter das gesamte Investmentbanking anführen und versuchen, die wegen des Debakels um die New Yorker Finanzfirma Archegos gebeutelte Sparte zu stabilisieren.

Dreh- und Angelpunkt im Management

Die Riege von Bisherigen unterstreicht, dass Präsident António Horta-Osório bei der Umsetzung seiner im vergangenen Oktober angekündigten Strategie für die CS operativ auf Kontinuität setzt. Sehr viel Macht konzentriert sich dabei bei einem der Langzeit-Überlebenden in der Konzernleitung: bei Finanzchef David Mathers.

Denn während CEO Thomas Gottstein trotz aller gegenteiligen Beteuerungen der Bank und trotz der öffentlich zur Schau gestellten Rückendeckung durch den Präsidenten Horta-Osório unter Beobachtung steht, ist Mathers ein Dreh- und Angelpunkt im Management. Der 56-Jährige, der in seiner Amtszeit bei der CS zwei Präsidenten und zwei CEO hat kommen und gehen sehen, übernimmt nun auch bei der jüngsten Umstrukturierung des Geldhauses eine Schlüsselrolle.

Dennoch gibt es Anzeichen dafür, dass der enorme Einfluss, den der Finanzchef in elf Jahren bei der Schweizer Bank gesammelt hat, demnächst eingeschränkt werden könnte – allerdings dürfte er seinen Posten nicht vor 2023 verlassen. Ein Sprecher der CS lehnte eine Stellungnahme ab; Mathers selber reagierte nicht auf eine Anfrage von finews.ch.

Institutionelles Gedächtnis

So oder so blickt Mathers auf eine fast beispiellos lange Amtszeit in der Führungsetage einer europäischen Bank zurück. Genau das dürfte ihn für die sich im Umbau befindliche Grossbank so wertvoll machen: Mathers ist ein Garant für Stabilität und Kontinuität. Die Aufsichtsbehörden in der Schweiz und in Grossbritannien sind sich an ihn gewöhnt. Als 23-jähriger Veteran der CS (und davor der US-Investmentbank-Tochter Credit Suisse First Boston, CSFB) ist sein «institutionelles Gedächtnis» immens.

Zwei Neuzuzüger auf der Teppichetage der CS rücken bald zu Mathers auf – Joanna Hannaford, Leiterin des neuen Bereichs Operations und Technologie, sowie Risikochef David Wildermuth. Beide kommen von der US-Grossbank Goldman Sachs und starten Anfang des nächsten Jahres.

Eine ungewöhnliche Konstellation

Derweil schaltet und waltet Mathers nicht nur als Finanzchef, sondern ist auch Länderverantwortlicher für Grossbritannien. Eine höchst ungewöhnliche Konstellation: Normalerweise wird diese Rolle von einer operativen Führungskraft wahrgenommen, die vor Ort weilt und den lokalen Aufsichtsbehörden zur Verfügung steht. Mathers pendelt zwischen Zürich und London.

CS-CEO Gottstein übertrug Mathers diesen Monat zudem die Verantwortung für ein Programm, das 1,5 Milliarden Franken von den jährlichen Ausgaben des Konzerns eliminieren soll, sowie über das Beschaffungswesen. Unter Mathers Oberaufsicht wurde letzteres im November an die Schweizer Firma Chain IQ ausgelagert, denselben Beschaffungs-Dienstleister, der auch für die Lokalrivalin UBS tätig ist.

Mehr CS-Aktien als jeder andere

Der Brite hatte auch verschiedene Befugnisse in der IT inne und zeitweise sogar für einen Teil des Backoffice (Operations). Ab Februar 2022 werden diese Bereiche klar abgegrenzt, wenn Hannaford bei der CS anfängt. «Die Vereinfachung des Geschäftsmodells und der IT-Infrastruktur ist von wesentlicher Bedeutung für die Verbesserung der Leistungsfähigkeit sowie für die Festlegung einer klaren Rechenschaftspflicht und Verantwortung», erklärte die Bank im Rahmen ihres Strategie-Update.

Auch wenn dies Mathers nicht direkt betrifft, zeigt es doch, dass die Bank die Rollen an der Spitze besser abgrenzen will. Mathers Gewicht wird unterstrichen durch die 10,5 Millionen Franken an CS-Aktien und Zuteilungen, die er besitzt – so viel wie niemand sonst in der aktuellen Geschäftsleitung.

Link zur Investmentbank

Kenner der Bank wollen wissen, dass Ex-CEO Tidjane Thiam den langjährigen Finanzchef gerne ersetzt hätte, sich das aber nicht getraut hat, weil Mathers mit seinen Anfängen im Aktienresearch eine wertvolle direkte Verbindung zur Investmentbank dargestellt habe.

Für Horta-Osório und auch für Gottstein erweist sich Mathers nun als ebenso wertvoll – obwohl er bei der Vergabe der regionalen Zuständigkeiten die Funktion des Länderchefs für Grossbritannien verlieren könnte.


 Mitarbeit: Claude Baumann

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