Ende Woche beginnt der Wahlprozess zur Kür des neuen Raiffeisen-Präsidenten. Kandidat Thomas Müller ist wegen seiner Vergangenheit in die Schlagzeilen geraten – doch Delegierte halten ihm die Stange, wie Recherchen zeigen.

Die anstehende ausserordentliche Generalversammlung von Raiffeisen Schweiz wird keine Landsgemeinde: Vielmehr steht den Delegierten ein Prozedere bevor, das sich über mehrere Tage hinzieht. So findet am 3. Dezember eine «hybride» Orientierungsveranstaltung für die gegen 200 Abgesandten der Schweizer Raiffeisenbanken statt.

Die Abstimmung wird anschliessend elektronisch durchgeführt. Die Ergebnisse der Wahlen werden anschliessend am 9. Dezember 2021 bekanntgegeben, wie es beim Institut heisst.

Ein Rückzug in letzter Sekunde

Auf Thomas Müller (Bild unten) kommen demnach Tage der Ungewissheit zu. Wie auch finews.ch berichtete, wurde der erfahrene Banker Anfang vergangenen November 2021 als Präsident von Raiffeisen Schweiz vorgeschlagen. Zur Wahl als Mitglied des Verwaltungsrat steht zudem Sandra Lathion.

Martin Sieg Castagnola hingegen zog sich Ende November überraschend von der Kandidatur zurück. Dies aus gesundheitlichen Gründen, wie es hiess.

Die Ungewissheit ist umso grösser, als sich zuletzt die Schlagzeilen um die Person von Müller häuften. So stellte die «Sonntagszeitung» (Artikel bezahlpflichtig) jüngst die Frage, ob sich Müller für das hohe Amt bei der Grossbank eigne.

Dies in Zusammenhang mit seiner früheren Position bei der brasilianisch-schweizerischen Bank J. Safra Sarasin, die in Deutschland in so genannte «Cum-Ex»-Steuertricks verwickelt war. Der Finanz-Blog «Inside Paradeplatz» schrieb von einer Gruppe von Raiffeisen-Bankern, die hinter den Kulissen gegen Müller opponiere.

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«Ich sehe ihn als Präsidenten von Raiffeisen»

Müller ist seinerseits auf Tour gegangen. Mehrere Stunden ist er ranghohen Raiffeisen-Bankern Red und Antwort gestanden und hat dabei offenbar einen positiven Eindruck hinterlassen. «Er ist ein sehr versierter Banker und hat sich gut präsentiert – ich sehe ihn als Präsidenten von Raiffeisen», sagt einer, der am Anlass zugegen war, aber nicht namentlich genannt werden will.

Dem Kandidaten wird ausserdem zugute gehalten, dass er über eine zumindest minimale Raiffeisen-Erfahrung verfügt. Wie sein Vorgänger auf dem Präsidium, Guy Lachappelle, war Müller im Jahr 2018 zum Verwaltungsrat der Banken-Gruppe gestossen. Infolgedessen kann er sich als Mitarchitekt der Reformen präsentieren, welche Raiffeisen Schweiz unter der Ägide von Lachappelle nach der Affäre um den Ex-CEO Pierin Vincenz eingeleitet hatte.

Verweis auf die Finma

Doch völlig lupenrein ist seine Kandidatur nicht aufgrund der Karrierestationen bei Firmen, die in Finanz-Affären verwickeltet waren. Dies wird auch unter den Delegierten als gewisses Risiko angesehen. Doch das wird hingenommen. Wie zu erfahren war, vertraut man dort auf das Urteil der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma), welche Müller die Eignung für das hohe Amt zugebilligt hat.

Bei Raiffeisen Schweiz sagte ein Sprecher auf Anfrage, zu internen Stimmungsbildern gebe das Unternehmen grundsätzlich keine Auskunft. Alle Nominierten seien im Rahmen eines Prozesses, in den neben dem Nominations- und Vergütungsausschuss von Raiffeisen Schweiz auch ein Executive-Recruitment-Unternehmen und eine Delegation von Raiffeisenbanken involviert waren, gründlich überprüft worden.

Die Banken-Gruppe kann nur hoffen, dass dies ausreicht. Weitere Turbulenzen um ihre Spitze kann sich Raiffeisen Schweiz schwerlich leisten – dies nach dem Eklat um Ex-Präsident Lachappelle vergangenen Sommer und dem abrupten Abgang des Geschäftsleitungs-Mitglieds Rolf Olmesdahl Ende November, wie auch finews.ch berichtete.

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