Der Rücktritt des Bankpräsidenten António Horta-Osório ist mit Blick auf das Vorgehen der Credit Suisse in den vergangenen Jahren präzedenzlos. Gleichzeitig unterstreicht der abrupte Abgang, wie schwer die Fehltritte die Bank belasteten, findet finews.ch.

Nun ging es sehr schnell. Nachdem Anfang Dezember der Verstoss von António Horta-Osório gegen die Schweizer Quarantäne-Pflichten ruchbar geworden war, hatte der Verwaltungsrat das Rechtsteam der Credit Suisse (CS) noch im selbem Monat mit einer internen Untersuchung beauftragt, wie finews.ch damals berichtete. Unter die Lupe kamen den Vernehmen nach auch mögliche Quarantäne-Verstösse des Bankpräsidenten in Grossbritannien.

Letzte Entschuldigung

Nun ist Horta-Osório durch seinen Rücktritt vom Montag bei der zweitgrössten Schweizer Bank bereits wieder Geschichte – dies, nachdem er erst im vergangenen April angetreten war und zum Jahresende eine neue Strategie auf den Weg gebracht hatte. Er geht mit einer letzten Entschuldigung von Bord. «Ich bedauere, dass einige meiner persönlichen Handlungen zu Schwierigkeiten für die Bank geführt und meine Fähigkeit beeinträchtigt haben, diese nach innen und aussen zu vertreten.»

Beides – der Rücktritt und die Einsicht an der Spitze der Bank, dass es so nicht weitergeht – ist ein Novum und präzendenzlos, blickt man auf die vergangenen zehn Jahre in der Ära von Präsident Urs Rohner zurück. Von ihm ist das Diktum nach der Busse im Steuerstreit mit den USA erinnerlich, die Bankführung habe persönlich eine «weisse Weste».

Moralisch und operativ in Schieflage

In unguter Erinnerung sind diesbezüglich auch die CS-eigenen Untersuchungen im «Spygate» um die Bespitzelung von Mitarbeitenden Ende 2009. Diese waren damals ebenfalls vom CS-Verwaltungsrat ausgegangen und kamen zum Befund, dass der seinerzeit amtierende CEO Tidjane Thiam von nichts wusste.

Nach der Aufarbeitung von «Spygate» durch die Aufsicht im vergangenen Jahr und dem Doppel-Debakel um die geschlossenen CS-Greensill-Fonds sowie den Milliardenverlusten wegen der New Yorker Finanzboutique Archegos zeigte sich das Bild einer Bank, die nicht nur operativ, sondern auch moralisch abgewirtschaftet hatte.

Richtigerweise trat Horta-Osório an, den Kern der Problematik, nämlich die Unternehmenskultur und den Umgang mit offenkundigen Risiken, auf eine ganz neue Basis zu stellen. Jeder CS-Banker, forderte er immer wieder, müsse auch ein Risikomanager sein.

Gift für die Glaubwürdigkeit

Dass er es angesichts der Quarantäne-Verstösse mit den Regeln offenkundig selber nicht so genau nahm, ist entsprechend Gift für die Glaubwürdigkeit des gebürtigen Portugiesen gewesen. Wie finews.ch vernommen hat, war die Empörung sowohl unter den Mitarbeitenden der Bank wie auch den Entrepreneuren und Unternehmenskunden, welche die CS vorzugsweise bedienen will, enorm.

Auch der alte Reflex mancher Grossaktionäre, die Krisen bei der Bank einfach auszusitzen – die Finanzinvestorin Harris Associates hatte sich zuletzt noch hinter Horta-Osório gestellt – vermochte da nicht mehr zu spielen. Es kam zum Schnitt.

Unumgänglicher Schnitt

Für die CS kommt dieser zwar zum ungünstigen Zeitpunkt: Mit dem Schweizer Axel Lehmann muss ein neuer Präsident den Strategie-Wechsel seines Vorgängers umsetzen; zudem harren diverse Debakel und Rechtsrisiken bei der Grossbank in den nächsten Monaten der Aufarbeitung.

Gleichzeitig beweist aber dieser Schnitt einen radikalen Wandel in der Denkweise (wenn noch nicht in der Kultur), der unumgänglich war. Das zumindest stimmt hoffnungsvoll.

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