Der Krieg in der Ukraine hat den Namen der noblen Genfer Privatbank ins Rampenlicht gezerrt. Doch Pictet sieht sich auch im Osteuropa-Geschäft in einer besonderen Rolle, wie Recherchen von finews.ch zeigen.

Immer wieder Pictet: in den letzten Tagen ist die verschwiegene Genfer Privatbank wiederholt in den Schlagzeilen aufgetaucht. Dies in Zusammenhang mit dem medialen Brennpunkt schlechthin – dem Krieg in der Ukraine und den Sanktionen, welche auch die Schweiz gegen den russischen Aggressor verhängt hat.

So berichtete auch finews.ch über die Massnahme von Pictet, bei Lombardkrediten wegen des Kurssturzes von russischen Wertschriften als Pfand hinterlegte Kunden-Portefeuilles teils neu zu bewerten – eigentlich eine Routinemassnahme, die aber auch bei der Marktführerin UBS zu reden gab.

In blendender Verfassung

Ebenfalls wurde über Agenturen ruchbar, dass das von der russischen Zentralbank verhängte Handelsverbot mit heimischen Aktien den Pictet-Fonds Russian Equities schwer getroffen hat. Der Name des Fonds kursierte dieser Tage unter europäischen Asset Managern als Exempel, wie zu erfahren war.

Und die Frage steht im Raum: Wird da ein Institut aufs Korn genommen, dass sinnbildlich steht für die Paradedisziplin am Schweizer Finanzplatz, das Private Banking? Dem Vernehmen kann bei Pictet nur Kundin oder Kunde werden, wer mindestens 2 Millionen Franken Vermögen zur Bank trägt. Mit ebendiesem Geschäftsmodell stand Pictet im vergangenen Jahr blendend da, das Traditionshaus vermochte den Gewinn um drei Viertel auf mehr als 1 Milliarden Franken zu steigern.

Fakt ist allerdings auch, dass die Genfer im Geschäft mit reichen Osteuropäern ein grosses Rad drehen. Von den Pictet-Bankern, die das Geschäft von Genf, Zürich und London aus betreiben, spricht man in der Branche mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Neid. Es sei praktisch unmöglich, diesen Leuten Kunden abzujagen, heisst es.

Stabwechsel im April

Das hat wohl auch mit der Stabilität des Teams zu tun; nun steht aber im Osteuropa-Geschäft, in dem eine zweistellige Anzahl Mitarbeitende tätig ist, eine Wachablösung an. Nach 20 Jahren als Leiter reicht im April Christopher Mouravieff-Apostol den Stab an Jean-Claude Erne weiter, der seinerseits schon seit einem Vierteljahrhundert für Pictet tätig ist.

Wie in diesem Zusammenhang berichtet wurde, existiert das Russland-Desk bei Pictet seit 2002. Seit dem Jahr 2015 ist das verwaltete Vermögen trotz eines schwierigen Umfelds um fast 50 Prozent gestiegen – genauere Angaben gibt es nicht.

Nur eine mögliche Relation: Em Ende des dritten Quartals 2021 hielten russische Personen, Firmen und öffentliche Körperschaften insgesamt rund 11 Milliarden Dollar an Vermögen in der Schweiz, wie Statistiken der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel offenbaren.

Etwaige Sanktionen

«Pictet betreut weiterhin seine bestehenden Kunden aus der Ukraine und Russland, natürlich unter Einhaltung aller geltenden Gesetze, Vorschriften oder Sanktionen», kommentiert ein Sprecher auf Anfrage.

Die Privatbank halte sich an alle gesetzlichen und aufsichtsrechtlichen Verpflichtungen, die ihr in der Ausübung ihrer Geschäftstätigkeit obliegen, einschliesslich etwaiger Sanktionen.

Unternehmer statt Oligarchen?

Trotz des rasanten Wachstums gilt das Osteuropa-Business weiter als peripheres Geschäft, wie im Umfeld des Instituts zu vernehmen war. Zu den Kunden zählen offenbar vor allem aktive Unternehmer, die per se nicht zwingend in Russland sitzen. Bei dieser Kundschaft punktet Pictet mit konservativer Anlagepolitik.

Dies ist ganz im Sinne des Anspruch der Bank, eine Festung für die anvertrauten Vermögen zu sein – «The Fortress», wie das Unternehmen bisweilen genannt wird. Enstrechend soll auch die Belehnung bei Lombardkrediten zurückhaltend sein, was nun unangenehme «Margin Calls» verhindern hilft.

Fonds vom Handel ausgesetzt

Während die Summe der von Pictet verwalteten Russland-Vermögen im Dunkeln bleibt, sind die Angaben zu dem in Schwierigkeiten geratenen Russian-Equities-Fonds genauer.

Zuletzt verwaltete das Vehikel gegen 560 Millionen Euro. Nach dem Handelsverbot in Russland sind diese Vermögen nun faktisch blockiert. Der Fonds wurde vom Handel ausgesetzt, um die investierten Kundengelder zu schützen – die drastischste Massnahme, die das Asset Management kennt. Offenbar musste die Bank aber bei keinen anderen ihrer Fonds derart durchgreifen.

Ruf der Festung verteidigen

Viel zu tun gibt es hinter den Kulissen aber allemal. In einer höchst volatilen Lage an den Finanz- und Bankenmärkten gilt es, das Gegenpartei-Risiko im Griff zu behalten, ebenso wie die operationellen Unwägbarkeiten und Kreditrisiken. Patzer kann sich Pictet da nicht leisten. Schliesslich geht es darum, den Ruf der Festung zu verteidigen.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.62%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.58%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.23%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.06%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.51%
pixel