Ausgerechnet zwei Manager, die sich nie mit herausragender Leadership hervorgetan haben, sollen nun die Credit Suisse aus ihrer grössten Krise seit 166 Jahren befreien. Geht das?  

Die jüngste Personalie in der bewegten Geschichte der Credit Suisse (CS) mutet wie eine neuerliche Posse an. Ausgerechnet jemand, der bereits zweimal übergangen wurde, soll nun in der schwierigsten Phase, die das 166-jährige Unternehmen je durchgemacht hat, die operative Führung der zweitgrössten Bank der Schweiz übernehmen?

Natürlich verdient jeder oder jede heute eine zweite oder gar dritte Chance im Leben – diese gesellschaftliche Prämisse hat sich mittlerweile durchgesetzt. Und es ist auch nicht so, dass mit Ulrich «Ueli» Körner ein bankfremder Manager an die Spitze gelangen würde.

Einiges Befremden ausgelöst

Dennoch löst seine Ernennung in verschiedener Hinsicht einiges Befremden aus. Körner arbeitete bereits von 1998 bis 2009 für die CS. Im Jahr 2007 hätte er gerne die Nachfolge des damaligen CEO Oswald Grübel übernommen. Doch der Verwaltungsrat gab dem Amerikaner Brady Dougan den Vorzug.

Zehn Jahre nach seinem Weggang bei der CS meldete er erneut Ambitionen an und empfahl sich als Verwaltungsratspräsident, kam allerdings erneut nicht zum Zug, weil man sich schliesslich für den Portugiesen António Horta-Osório entschied.

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass Körner auch bei der UBS, wo er von 2009 bis 2020 tätig war, nicht in die Kränze kam, als er dort auf den CEO-Posten von Oswald Grübel (dieser war ebenfalls im Jahr 2009 dort zum CEO berufen worden, und schied 2011 infolge des Adoboli-Skandals aus) aspirierte, weil er zuletzt Sergio Ermotti den Vorrang lassen musste.

Mangelnde Leadership

Körners nunmehriger Aufstieg an die operative Spitze der CS illustriert letztlich bloss, wie verzweifelt es um die zweitgrösste Schweizer Grossbank steht. Denn mit Körner übernimmt – nach Präsident Axel Lehmann – ein weiterer Manager eine enorm wichtige Funktion, der in der Vergangenheit vor allem in den Kulissen wirkte und sich nie durch eine sonderlich bemerkenswerte Leadership hervorgetan hat.

Vor allem: Körner wie Lehmann waren nie die integrativen und visionären Leuchtgestalten, die sie eigentlich sein müssten, um die CS nun aus der Misere zu führen. Lehmann gelangte zur CS, weil er bei der UBS als Überzähliger ausschied, und wurde unvorbereitet Präsident, nachdem sein Vorgänger, Horta-Osório, sich in Rekordzeit so ungeschickt angestellt hatte, dass er nicht mehr tragbar war.

Viel Pech gehabt

Insofern war Lehmann ein Lückenbüsser, der (leider) auch noch das Pech hatte, dass sich kurz nach seinem Amtsantritt das wirtschaftliche wie auch politische Umfeld derart radikal änderte, so dass ihm bis heute die Hände gebunden sind, die Bank offensiv zu bewegen.

Den Eindruck von Ratlosigkeit angesichts der sich überschlagenden Ereignisse hinterliess der CS-Präsident unlängst auch im kleinen Kreis. Nun geht das Institut bei Strategie und Kosten über die Bücher – angesichts der am Mittwoch publizierten desolaten Halbjahresergebnisse 2022 ist das nicht überraschend. Aufmerken lässt hingegen, dass die CS im ersten Semester 2022, anstatt zu sparen, weiteres Personal engagierte und die Kosten weiter nach oben trieb.

Kein Wunder, missfällt dies den Anlegerinnen und Anleger. Verkäufe drückten die CS-Aktie in den vergangenen Tagen zeitweilig unter die Marke von 5 Franken.

Falsches Signal für demotivierte Belegschaft

Dass sich Lehmann nun mit einem CEO umgibt, dessen Leistungsausweis ambivalent bleibt, mutet wie ein falsches Signal an. Neben dem unternehmerischen Know-how, das nun an der Spitze der CS gefragt ist, braucht es gleichzeitig eine nach innen gerichtete Qualität, um die durchgeschüttelte Belegschaft wieder auf (Erfolgs-)Kurs zu bringen.

Dass Körner diese Qualitäten mitbringt, ist angesichts seiner bisherigen Reputation eher fraglich. Weder als Schweiz-Chef bei der CS, noch als Chief Operating Officer und als Asset-Management-CEO beides bei der UBS, hat er wirklich brilliert, wie diverse frühere Mitarbeitende unumwunden berichten. Und auch als Asset-Management-Verantwortlicher bei der CS seit April 2021 ist seine Bilanz nach einer zugebenermassen schwierigen Zeit wenig berauschend (vgl. nachstehende Grafik).

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(Zum Vergrössern, Grafik anklicken)

Zu viele offene Fragen

Einmal mehr hat es die CS nicht geschafft, ein wichtiges Momentum souverän und überzeugend zu gestalten. Mit dem Doppelgespann Lehmann-Körner bleiben zu viele Fragen offen, als dass man bei der CS nun das Licht am Ende des Tunnels erkennen könnte.

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