Ich kann die Entwicklungen bei der UBS nicht kommentieren. Wenn aber beispielsweise ein im Zahlungsverkehr starkes Fintech und eine Bank mit einer breiten Kundenbasis kooperieren, kann daraus zweifellos ein Verbund mit viel Potenzial entstehen.

«Meine Sorge ist einzig, dass sich die Schweiz zu sehr auf ihren Lorbeeren ausruht»

Im Unterschied zu anderen Ländern geschieht diese Entwicklung in der Schweiz bisher jedoch evolutionär. Deshalb denke ich, dass es über die Zeit für verschiedene erfolgreiche Modelle Platz hat, also beispielsweise breite Plattformen wie wir es sind, reine Fintechs und auch Partnerschaften zwischen Banken und Fintechs.

Im Private Banking ist in den vergangenen zwölf Jahren fast die Hälfte der Institute vom Schweizer Markt verschwunden. Sehen Sie sich in einer aktiven Rolle bei der noch nicht abgeschlossenen Konsolidierung?

Viele der vom Markt verschwundenen Privatbanken waren im Offshore-Bereich tätig. Wir selbst beobachten vor allem die Entwicklungen im Technologie- und Produkte-Bereich, ohne unter Zugzwang zu sein.

Sind diese Marktbereinigungen auch ein Zeichen für schlechtere Rahmenbedingungen?

Gerade in den vergangenen Krisenjahren haben sich die Standortvorteile der Schweiz als sicheres Land mit einem verlässlichen Rechtssystem und effizienten Behörden besonders bewährt.

Dass die Schweiz weiterhin als sicherer Hafen gilt, untermauern unter anderem die Zuflüsse in der Vermögensverwaltung. Meine Sorge ist einzig, dass sich die Schweiz zu sehr auf ihren Lorbeeren ausruht und selbstgenügsam wird.

Wechseln wir zum Kreditgeschäft. Wie ist dort die Situation?

Das Firmenkundengeschäft läuft gut. Im Zinsdifferenzgeschäft führt die geldpolitische Straffung kurzfristig zu einem Margendruck. Sollten die Leitzinsen in positives Terrain vorstossen, wird sich diese Situation aber wieder entspannen.

Der Preisüberwacher hat gerade die Schweizer Banken angeprangert, weil sie in der Tiefzinsphase Ertragsausfälle im Zinsgeschäft mit einer ungerechtfertigten Gebührenausweitung kompensierten. Was heisst das für Sie?

In der Tat haben sich die Gebühren in gewissen Bereichen erhöht. Allerdings spielt ja gerade im breiteren Geschäft der Wettbewerb stark. Die Gebühren widerspiegeln deshalb auch, dass viele Banken in den letzten Jahren ihre Palette an Dienstleistungen entwickelt und verbreitert haben, etwa im Online Banking.

Die Digitalisierung verändert nicht nur das Bankgeschäft, sondern auch die Organisation im Innern einer Bank. Dabei hat die Corona-Krise den Wandel in der Arbeitsweise beschleunigt. Wo liegt bei der Schweizer Bank das richtige Mass zwischen Büro- und Heimarbeit?

Wir haben praktisch zeitgleich mit dem Ausbruch der Coronakrise damit begonnen, unsere Arbeitsmodelle zu überprüfen. Aufgrund dieser Erfahrung gibt die CS inzwischen einen einfachen Rahmen für die Arbeit zuhause vor.

«Mit dieser Regelung wird sich der Anteil von Homeoffice bei etwa 30 Prozent einpendeln»

Homeoffice wird weiterhin auf breiter Front und flexibel möglich bleiben, wobei Mitarbeitende und Vorgesetzte jeweils individuelle Lösungen finden, welche auch die Interessen des Teams und letztlich der Bank adäquat berücksichtigen. Mit dieser Regelung wird sich der Anteil von Homeoffice bei etwa 30 Prozent einpendeln.

Gibt es keine Bedenken wegen der Datensicherheit, wenn ihre Angestellten von zuhause aus zum Beispiel auf Kundendaten zugreifen?

Wichtig sind eine gesunde Kultur und griffige Regeln zum Datenzugang, egal ob im Büro oder zuhause. Bis jetzt konnten wir im Homeoffice keine Herausforderungen identifizieren, welche sich von der Arbeit im Büro grundlegend unterscheiden würden. Diese neuen Arbeitsmodelle sind allerdings noch jung, weshalb wir sie genau beobachten und bei Bedarf Anpassungen vornehmen werden. 

Neben der Arbeitsorganisation verändern sich mit der Digitalisierung auch die Arbeitsinhalte rapide. Nach einigen Nebengeräuschen wird nächstes Jahr die überarbeitete KV-Lehre für Banken eingeführt. Was wird jetzt effektiv neu?

Die CS hat die Reform der KV-Lehre immer mitgetragen und eigentlich hat sich nicht so viel Grundlegendes verändert. Wichtig ist es uns als grosser Arbeitgeber, dem dualen Berufsbildungssystem weiterhin Sorge zu tragen, denn es ist eine weitere Stärke der Schweiz.

Wenn sich nicht so viel verändert hat, welche Kerntugenden und Qualifikationen machen denn einen guten Banker bei der CS aus?

Viele Arbeiten, die früher zentral abgedeckt wurden, sind mittlerweile bei den Kundenberatern angesiedelt. Dies hat an der Front den Anteil an administrativen Aufgaben erhöht. Wir geben Gegensteuer, indem laufend Vereinfachungen geprüft und Arbeitsprozesse angepasst werden.

«Die CS als Gruppe hat in der Vergangenheit zu viele negative Ereignisse generiert»

Die wichtigste Eigenschaft im Kundenkontakt bleibt aber, zuhören zu können und die richtigen Fragen zu stellen. Ausserdem erwarten wir von unseren Angestellten, dass sie stets eine breite Perspektive einnehmen, die gesamte Lösungspalette der Bank miteinbeziehen und die Kundenbeziehung als langfristige Zusammenarbeit betrachten. Sehr wichtig ist uns zudem, dass sich unsere Mitarbeitenden laufend weiterentwickeln.

Die Banker der CS müssen sich derzeit häufig anhören, das Augenmass für das Risiko verloren zu haben. Wie können Sie diesen Missstand beheben?

Wie andere Banken haben wir in der Schweiz ein grosses Kreditbuch, wobei wir einerseits unsere Kunden unterstützen und gleichzeitig das Risiko immer im Auge behalten.

Die CS als Gruppe hat in der Vergangenheit klarerweise zu viele negative Ereignisse generiert. Deshalb ist die Stärkung unserer Risikokultur für den Verwaltungsrat und die Konzernleitung eine Top-Priorität.


André Helfenstein ist CEO der Schweizer Bank der Credit Suisse und Mitglied der Geschäftsleitung der Credit Suisse Gruppe. Bevor er 2007 zum Unternehmen stiess, war er zwölf Jahre lang Partner und Managing Director bei der Boston Consulting Group (BCG) in Zürich und New York. Er besitzt einen Abschluss als Ökonom von der Universität St. Gallen (lic. oec. HSG).

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
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