Einer der grössten Kunden der Schweizer Investmentbanker der Credit Suisse war im letzten Jahr die Bank selber. Weil sie die Marktführerschaft verteidigt, ist die Truppe auch vom Stellenabbau im Konzern praktisch verschont geblieben.

Während so manche Banker der Credit Suisse (CS) das Jahr 2022 im persönlichen Gespräch schlicht als Horror bezeichnen, kommt Jens Haas (Bild unten) zu einem differenzierteren Schluss. Ja, die vergangenen zwölf Monate seien deutlich magerer ausgefallen als das Vorjahr, sagte der Chef des Schweizer Investmentbanking am Mittwoch vor Medienvertretern. Dennoch sei 2022 keineswegs so schlecht gewesen, wie manche Schlagzeilen hätten vermuten lassen.

Wohl am wichtigsten: Die CS hat im Business ihre Vormachtstellung in der Schweiz verteidigen können. Dies jedenfalls, wenn man der Interpretation der Grossbank von Daten des Analysehauses Dealogic folgt.

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(Bild: CS)

Pole-Position verteidigen

Demnach vermochte sich das Institut mit einem Anteil von mehr als 15 Prozent am gesamten Ertragspool auf dem Spitzenplatz im heimischen Investmentbanking zu behaupten – dies noch vor der Erzrivalin UBS und der amerikanischen Konkurrentin J.P. Morgan. Die CS verdiente im Kapitalmarkt-Geschäft sowie bei der Beratung von Firmen bei Fusionen und Übernahmen (M&A) rund 165 Millionen Dollar.

Die Pole-Position soll 2023 nun verteidigt werden, wie auch CS-Schweiz-Chef André Helfenstein (Bild unten) am Anlass bekräftigte. «Wir wollen die Leader im Schweizer Investmentbanking sein», erklärte der Manager. Das Geschäft sei sehr wichtig für die Schweizer Bank, würden doch Private Banker, Firmenkunden-Experten und Investmentbanker bei der Betreuung etwa von reichen Unternehmern Hand in Hand arbeiten.

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(Bild: CS)

Gebühren-Pool um einen Viertel geschrumpft

Obwohl Haas in der Geschäftsleitung des globalen Investmentbank-Spinoff CS First Boston sitzen wird, ist das Schweizer Geschäft seit der Strategieanpassung vom vergangenen Herbst fest der Schweizer Bank zugeordnet. Im Gegensatz zu den Investmentbank-Kollegen in Europa, Übersee und Asien sind die Teams um Haas auch nicht vom grossen Stellenabbau beim Bankkonzern betroffen. «Das Schweizer Investmentbanking ist davon praktisch ausgenommen», antwortete Helfenstein auf eine Frage von finews.ch.

Einzig beim Lohn müssen hiesige «Dealmaker» mit Abstrichen rechnen. «Wir zahlen für Performance, und 2022 war ein weniger gutes Jahr als 2021», sagte Haas dazu lapidar. Medienberichten zufolge wird sich der Bonustopf bei der Bank diesen Februar halbieren.

Tatsächlich sind nach Berechnungen von Dealogic die Gebühren für die Investmentbanken in der Schweiz gegenüber 2021 um mehr als 26 Prozent eingebrochen. Mit Ausnahmen des M&A-Geschäfts sind alle Geschäftsgebiete deutlich geschrumpft, insbesondere das Business mit Börsengängen (IPO) musste Federn lassen.

Unter dem Strich ein Minusgeschäft

Dennoch war 2022 für die CS im Geschäft mit Aktien-Kapitalmarkt-Transaktionen (ECM) nicht gänzlich ein verlorenes Jahr. So koordinierten die Schweizer Investmentbanker im vergangenen Dezember die CS-Kapitalerhöhung über 4 Milliarden Franken, während 19 andere Finanzinstitute dafür garantierten, dass die neuen Titel auch abverkauft wurden.

Da es sich dabei um eine Transaktion mit grossem Einsatz für die Bank handelte, darf man von erhöhten Gebühren für die Investmentbanken ausgehen – wie der für den Bereich ECM zuständige Mark Hammarskjold berichtete, sei die Teilnahme in der Tat höchst begehrt gewesen. «Wir erhielten viele ‹Love Letters› mit Bewerbungen», sagte der CS-Kader. Für den Konzern ist die Transaktion aber unter dem Strich ein Minusgeschäft gewesen, weil auch die Gebühren für die teilnehmenden Banken bezahlt werden mussten.

Jahr der zwei Hälften

Für das angebrochene Jahr 2023 rechnet Investmentbanker Haas nun mit zwei unterschiedlichen Jahreshälften. Im ersten Semester dürften viele Störgeräusche für Volatilität im Business sorgen, befürchtet der Veteran des Metiers. In der Folge hielten sich Firmen mit grossen Würfen zurück. In der zweiten Jahreshälfte könnte der Markt hingegen zu neuer Normalität finden; dann kämen die aufgeschobenen Transaktionen zurück auf das Tapet.

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