Das Debakel um die Credit Suisse könnte der Katalysator dafür sein, dass sich der Schweizer Finanzplatz einmal in einer ehrlichen und unvoreingenommenen Selbstreflektion übt, findet finews.ch.

Wo sind sie geblieben, die Schweizer Banker, die mit stolzgeschwellter Brust von der Leistungsfähigkeit des hiesigen Finanzplatzes reden? Die Übernahme der Credit Suisse (CS) durch die UBS hat nicht nur den Bankenmarkt in Turbulenzen gestützt. Da ist von Beben, Katastrophe und einer neuen «Monsterbank» die Rede.

Selbst Politiker und hochrangige Behördenvertreter üben sich in ungewohnt deutlicher Selbstkritik und fordern eine Neuordnung.

Zahnloser Wachhund

So ist etwa von Marlene Amstad zu lesen, dass die Präsidentin der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) für ihre Behörde die Möglichkeit fordert, Bussen zu verteilen und Zwangsmassnahmen gegen fehlbare Manager zu verhängen.

Finma-Direktor Urban Angehrn schlägt in die gleiche Kerbe. «Wir haben scharfe Instrumente, aber wir haben keine Kompetenz, Bussen auszusprechen», sagte er in einem anderen Interview. In der Kommunikation der Fälle sei die Finma eingeschränkt, und derzeit seien die Hürden bei der Bestrafung von Einzelpersonen sehr hoch. Das kommt schon dem Eingeständnis, dass man eigentlich ein zahnloser Tiger ist, sehr nahe.

Auch die Erkenntnis von Finanzministerin Karin Keller-Sutter, dass die «Too big to Fail»-Regelung für den Fall CS ungeeignet war und zu enormen Risiken geführt hätte, ist ebenfalls bemerkenswert. Die logische Schlussfolgerung müsste sein, dass es neue Instrumente braucht, die dann auch einschneidendere Wirkung entfalten können. Dass dies umso dringender ist, wenn man sich die Grösse der Mammutbank «UBSuisse» vor Augen führt, liegt auf der Hand.

Reflexartige Schuldzuweisungen

Neben den reflexartigen Vorhaltungen aus dem linken Lager wie «verantungslose Bonus-Ritter» und der Ruf nach mehr Regulierung, macht man sich in der Schweizer Politik auch über die Parteigrenzen hinweg Sorgen um die neue Grösse der UBS. Wie kann das dadurch entstehende Klumpenrisiko entschärft werden, und wie wird ein funktionierender Wettbewerb sichergestellt?

Die Ideen sprudeln, werden dann aber schnell wieder mit Gegenargumenten zerpflückt. So etwa der Vorstoss aus der Ecke des Freisinns: Die FDP fordert, dass das Schweizer Geschäft der CS abgespalten und als unabhängige Einheit abgesondert werden müsse. Doch das, monieren Kritike, würde am Ende zu einer defizitären Bank führen.

Nur Mittel zur Wahlpropaganda?

Auch eine mit voller Banklizenz ausgestattete Postbank Postfinance wird als ein mögliches Ausgleichsgewicht auf dem Bankmarkt gesehen. Doch das dürfte den 24 Kantonalbanken sowie den 220 Schweizer Raiffeisenbank ins Gehege kommen, was die politische Durchsetzungsfähigkeit stark untergräbt.

In Bern bringt man sich für einer Sondersession in Stellung, und es läuft auf eine Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) hinaus. Die soll sich mit der Aufarbeitung der Causa CS beschäftigen. Ob hier wirklich Verantwortlichkeiten geklärt und Ansätze zu einer Neugestaltung gefunden werden können, darf zumindest angezweifelt werden.

Die Frage bleibt, wie nachhaltig und zielführend die aktuellen Diskussionen sein werden, oder ob sie nur als Mittel zum Zweck der Propaganda bis zum kommenden Wahltag im September taugen.

Neuordnung nicht zu stoppen

Doch unabhängig von der Politik: Die Neuordnung der Schweizer Bankenlandschaft hat bereits mit dem «Knall» am 19. März unweigerlich begonnen. Und sie beginnt nicht bei der Finma oder in der Wandelhalle des Bundeshauses in Bern – sondern findet ihren Ausgangspunkt in den Köpfen der Kundinnen und Kunden sowie bei den Firmen, die entscheiden werden, mit wem sie in Zukunft ihre Finanzgeschäfte tätigen wollen.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.54%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.89%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.99%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.02%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.55%
pixel