Bankier Philippe Oddo hat noch nie einen Robo-Advisor gesehen, der längerfristig besser abschneidet als ein Portfolio-Manager aus Fleisch und Blut. Das sagt er im Exklusiv-Interview mit finews.ch.


Herr Oddo, was ist das Erfolgsgeheimnis der Oddo-Gruppe?

Sicherlich, dass die Familie mit 60 Prozent und die Mitarbeiter mit 30 Prozent am Unternehmen beteiligt sind. Auch die deutschen Beschäftigten werden nun Aktionäre der Gruppe.

Warum ist das so wichtig?

Sind die Beschäftigten beteiligt, schafft dies eine einzigartige unternehmerische Geisteshaltung. Läuft es gut, sind alle zufrieden. Wenn nicht, sind alle direkt betroffen. Das schweisst die Leute zusammen.

Haben Sie nie an einen Börsengang gedacht?

Nie. Es war mein Vater, der in den 1970er-Jahren begonnen hat, die Mitarbeiter am Unternehmen zu beteiligen. Das war ein weiser Entscheid. Ohne Börse gewinnt die Aktie unseres Unternehmens nur an Wert, wenn das Geschäft gut läuft, sonst nicht.

«Mein Vater war Devisenhändler. Das hat mich damals fasziniert»

Es gibt keine Spekulation in unserer Aktie. Diese Stabilität ist immens wichtig, zumal sehr viele unserer Mitarbeiter einen Grossteil ihres Vermögens in unser Haus investiert haben.

Wollten Sie schon immer Bankier werden?

Mein Vater war Devisenhändler. Das hat mich fasziniert. Früher war es aber so, dass Devisenhändler ein Status war. Meine Vorfahren waren wie Beamte. Erst mein Vater hat ein Unternehmen gegründet, in das ich als Devisenhändler relativ jung einsteigen durfte. Ich bin 1987 – mit 28 Jahren – geschäftsführender Gesellschafter geworden und habe so relativ früh Verantwortung übernehmen dürfen.

Gibt es einen Ratschlag Ihrer Eltern, der sich bei Ihnen festgesetzt hat?

Ja, es ist der Sinn für die Arbeit, genauer gesagt, für die Zusammenarbeit im Team. Dazu braucht es Ehrlichkeit, und man muss mit offenen Karten spielen. Über meinen Vater konnte ich auch die Frage der Verantwortung erfahren. Er wie auch ich haften persönlich mit unserem privaten Vermögen für die Verbindlichkeiten des Hauses. Das schützt vor Exzessen.

Bereiten Sie Ihre vier Kinder auf eine Nachfolge vor?

Ich verlange von meinen Kindern (23, 21, 18 und 15 Jahre alt), dass sie ausreichend Bescheid wissen, um mittelfristig das Management der Gruppe bestellen zu können. Damit übernehmen sie als Aktionäre eine der wichtigsten Aufgaben.

«Wir bleiben den Innovationen auf der Spur»

Natürlich würde es mich sehr freuen, wenn eines oder mehrere meiner Kinder auch operativ einsteigen würden. Aber gleichzeitig muss die Meritokratie erhalten bleiben. Es gibt genügend gute Leute in der Bank.

Welchen Rat würden Sie einem Jungunternehmer geben?

Dass es am Anfang immer länger dauert, als man denkt, und dass man von einem gewissen Zeitpunkt an seine Strategie genau überdenken muss, um wirklich auf die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden einzugehen.

Wichtig ist auch zu wissen, dass wenn man stabile Rahmenbedingungen geschaffen hat, die Möglichkeiten für weitere Expansionen eher gegeben sind. Und last but not least ist natürlich die Beteiligung der Mitarbeiter ein ganz wichtiges Thema.

Fintech revolutioniert die Bankbranche. Ist das ein Thema für Sie?

Ja, wir haben bereits in verschiedene Fintech-Firmen investiert. Wir wollen den Innovationen auf der Spur bleiben. Gleichzeitig entwickeln wir selber Lösungen, so dass unsere Kunden direkt von der Digitalisierung profitieren können.

Was halten Sie von Robo-Advisors?

Da steht die Branche noch ganz am Anfang. Ich habe allerdings noch nie einen Robo-Advisor gesehen, der längerfristig eine bessere Performance erzielt hätte als ein Portfolio-Manager aus Fleisch und Blut.

«Ich denke, Unternehmer geniessen in Deutschland ein sehr hohes Ansehen»

Ich glaube sehr fest daran, in die IT und in entsprechende Tools zu investieren – und dazu gehören auch Robo-Advisors. Das aber immer nur, um den «aktiven Manager» dabei zu unterstützen, seine Entscheide zu treffen.

Ich kann mir eine Vermögensverwaltung, die nur auf Maschinen beruht, langfristig nicht vorstellen.

Wie haben Sie es fertiggebracht, als Franzose in Deutschland so gut anzukommen?

Ich denke, Unternehmer geniessen in Deutschland ein sehr hohes Ansehen, insofern bin ich als Bankier und Besitzer einer international tätigen Finanzgruppe am richtigen Ort. Gleichzeitig überzeugen wir mit unserer Expertise auf den Finanzmärkten der Eurozone.

«Ich nehme wöchentlich Deutschkurse»

Als Bank haben wir für Unternehmer ein offenes Ohr, was gerade in Deutschland mit seinen vielen mittelständischen Firmen von grösstem Vorteil ist.

Ich nehme aber auch wöchentlich Deutschkurse, um mich besser verständigen zu können. Ich habe als Student mehrere Monate in Deutschland gelebt, dann aber 35 Jahre lang kein Wort Deutsch mehr gesprochen. Jetzt ist es ein Vergnügen, diese Sprache aufs Neue zu erlernen.


Der 57-jährige Philippe Oddo zählt zu den bedeutendsten Unternehmerpersönlichkeiten Frankreichs. Er entstammt einer Pariser Familie, die über mehrere Generationen im Devisenhandel tätig war. Nach seinen Studien in Paris, New York und Köln trat Oddo 1984 dem familieneigenen Unternehmen bei, wo er 1987 – erst 28-jährig – Teilhaber wurde.

In der Folge baute er die Firma in eine Unternehmerbank um, die vor exakt 20 Jahren mit der Akquisition von Delahaye Finance den Grundstein legte, zu einer bedeutenden Finanzgruppe heranzuwachsen. Mit der Übernahme dreier deutscher Institute, Close Brothers Seydler (2014), Meriten Investment Management (2015) und der BHF-Bank (2016) etablierte sich die Oddo-Gruppe als einer der wichtigsten Akteure in der europäischen Finanzbranche.

Das familienbetriebene Unternehmen ist höchst erfolgreich, nicht zuletzt weil es seine Mitarbeiter an der Firma grosszügig beteiligt. Philippe Oddo, verheiratet und Vater von vier Kindern, verbringt mittlerweile die Mehrheit seiner Arbeitszeit in Deutschland. Mit der BHF-Bank und Oddo Asset Management ist die Gruppe auch in der Schweiz präsent, wo sie 2017 substanziell expandieren will.

 

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