Im Investmentbanking entern die US-Banken den europäischen Markt. Bankier-Präsident Herbert Scheidt erklärt, wie es dazu kommen konnte und welche Konsequenzen Europas Wirtschaft nun drohen.

Geht es um die Zukunft des Investmentbankings europäische Finanzinstitute, zeichnet Herbert Scheidt (Bild unten), seines Zeichens Präsident der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg), ein düsteres Bild.

«Es wird für europäische Banken sehr schwer sein, den Vorsprung, den die amerikanischen Investmentbanken sich über die Jahre erarbeitet haben, einzuholen», erklärte er anlässlich des Bankiertags am Dienstag, wo auch SBVg-CEO Claude-Alain Margelisch und der neue Kommunikationschef Serge Steiner zugegen waren.

SBVg 500
(v.l.n.r.: Claude-Alain Margelisch, Herbert Scheidt, Serge Steiner)

Drohende Abhängigkeit

Und damit nicht genug: Aufgrund der amerikanischen Dominanz drohten dem Alten Kontinent geopolitische Risiken. Wenn Kapitalströme primär aus einem Land, den USA, kommen, würden andere Regionen – namentlich Europa – in eine einseitige Abhängigkeit gedrängt. «Es sind dann nicht mehr europäische Banken, welche die europäische Wirtschaft finanzieren, sondern amerikanische Geldhäuser», so Scheidt weiter.

Die Ursache für die US-Hegemonie im Investmentbanking führt der SBVg-Präsident im Wesentlichen auf drei zusammenhängende Faktoren zurück:

1. Die Paulson’sche Finanzspritze

Der damalige amerikanische Finanzminister Henry Paulson liess im Höhepunkt der Finanzkrise alle grossen Banken zu sich rufen und versorgte sie mit Kapital – ob sie es wollten oder nicht. Dies ermöglichte den Instituten, ihre Bilanzen zu reinigen und so frischen Atem für neue Geschäfte zu holen.

Demgegenüber haben europäische Grossbanken nach wie vor haufenweise notleidende Kredite in den Büchern. Nicht zuletzt deswegen und aufgrund der erodierenden Ertragslage sehen sich nun Europas Grossbanken gezwungen, sich zusammenzuschliessen.

2. Stärkeres Wirtschaftswachstum

Ein weiterer Grund, weshalb laut Scheidt amerikanische Finanzinstitute die Nase vorn haben, ist die schnellere Entwicklung der Wirtschaft in den USA im Vergleich zu Europa. Dies habe es den amerikanischen Instituten auch ermöglicht, verstärkt Reserven zu bilden.

Vor diesem Hintergrund plädiert Scheidt für einen Marschhalt bei der Regulierung – insbesondere auch was die Schweiz betrifft. Auf jeglichen unausgereiften Swiss Finish sei zu verzichten, fordert die SBVg in ihrem Mediencommuniqué mit der Überschrift «Zukunft gestalten, Freiräume schaffen».

3. Bremsende Regulierung

Gerade die den Banken weltweit auferlegten verschärften Kapitalanforderungen war und ist gemäss Scheidt denn auch mit ein Grund für die amerikanische Dominanz. Diese träfen nämlich die hiesigen und europäischen Banken härter als die US-Banken, weil Finanzierungen in den USA primär über den Kapitalmarkt erfolgten, derweil in Europa vornehmlich die Banken selbst die Wirtschaft mit Geld versorgten.

Dass die europäischen Institute gegenüber ihren amerikanischen Konkurrenten deutlich an Boden verloren haben, zeigt auch der Blick auf die Marktkapitalisierung in aller Deutlichkeit. Beim US-Branchenprimus J.P. Morgen beispielsweise kletterte die Marktkapitalisierung seit der Finanzkrise 2007 um 200 Milliarden auf 400 Milliarden Dollar.

Bei der UBS indes schwand die Marktkapitalisierung im selben Zeitraum um rund 100 Milliarden auf nunmehr 60 Milliarden Franken. Noch etwas stärker wiegt das Minus bei der Credit Suisse, wie die «Finanz und Wirtschaft» (Samstagsausgabe, Artikel bezahlpflichtig) errechnete.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
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