Selbst wenn es den Anschein hat, dass US-Präsident Donald Trump zögerlicher ist, seine allerengsten Verbündeten so zu behandeln wie China, bleibt der Welthandel sehr empfindlich gegenüber jeglichen Störungen, schreibt Stéphane Monier auf finews.first.


Dieser Beitrag erscheint in der Rubrik finews.first. Darin nehmen Autorinnen und Autoren wöchentlich Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen. Die Auswahl der Texte liegt bei finews.ch.


Für die Trump-Administration ist die derzeitige Prosperität der US-Wirtschaft eine willkomene Gelegenheit, dem Aufstieg Chinas zu einer Supermacht aus einer Position der Stärke heraus zu begegnen. Um der Macht Chinas entgegenzuwirken, hat sich die US-Regierung dabei zum Ziel gesetzt, die Ausfuhren Chinas mit Zöllen zu belegen, selbst auf das Risiko hin, dass die amerikanische Wirtschaft dadurch in Anpassungsschwierigkeiten geraten könnte. Dabei war es nicht immer so.

Als China 2001 der Welthandelsorganisation (WTO) beitrat, hofften die USA und auch Europa auf Reformen im Reich der Mitte zur Schaffung einer zunehmend westlichen liberalen Wirtschaft. Doch anlässlich des 30. Jahrestags des Massakers am Platz des Himmlischen Friedens offenbart der anhaltende Handelskonflikgt, dass sich die Beziehungen zwischen den Supermächten in den vergangenen Jahren kaum in diese Richtung entwickelt haben.

«Die US-Zölle auf chinesische Güter beeinträchtigen bereits weltweit die Handelsströme»

Und es gibt auch keinerlei Anzeichen dafür, dass sich China und die USA in ihren Bemühungen zur Beilegung ihrer Handelsstreitigkeiten in irgendeiner Weise näher gekommen sind. Im Gegenteil, die Rhetorik hat sich sogar verschärft, seit die USA den amerikanischen Technologiefirmen untersagt hat, weitere Geschäfte mit dem chinesischen Telekomunternehmen Huawei zu tätigen.

Auf offizieller Ebene werden die nächsten Treffen zwischen den beiden Supermächten auf dem G20-Gipfel vom 28. und 29. Juni 2019 in Japan stattfinden, wo allerdings kaum ein Durchbruch zu erwarten ist. Währenddessen unterzeichnete Chinas Präsident Xi Jinping in Moskau mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin neue Abkommen.

Die US-Zölle auf chinesische Güter beeinträchtigen bereits weltweit die Handelsströme, während Zulieferer und Importeure Wege suchen, um die veränderten Richtlinien zu umgehen. So haben die US-Importe aus Vietnam, Südkorea und Taiwan in den vergangenen sechs Monaten deutlich zugenommen; parallel dazu hat China seine Exporte in diese drei Länder erhöht.

«Diese Zölle entpuppen sich als falsche Waffe für das falsche Ziel»

Der Internationale Währungsfonds hat berechnet, dass die US-China-Zölle im nächsten Jahr 455 Milliarden Dollar an Produktionsausfällen verursachen werden. Insofern entpuppen sich diese Zölle als falsche Waffe für das falsche Ziel.

Donald Trump zielt indessen auch auf den Handelsüberschuss der EU mit den USA, von dem die deutschen Automobilhersteller mit einer Liste von importierten Teilen im Wert von 53 Milliarden Dollar betroffen sind. Im Juli wird die WTO entscheiden, ob die USA weitere 21 Milliarden Dollar an Zöllen auf EU-Güter im Zusammenhang mit einem Streit um Subventionen für den Flugzeughersteller Airbus erheben können – ein ähnlicher WTO-Fall könnte 2020 gegen Boeing verhängt werden.

«Trump versucht, Zölle einzuführen, um jedes Problem ausser HIV und den Klimawandel zu lösen»

Ganz offensichtlich setzt Präsident Trump in seinen internationalen Beziehungen zunehmend auf Zölle als Verhandlungswaffe: So eröffneten die USA im vergangenen Mai eine weitere Front, als sie einen Zoll von 5 Prozent auf alle mexikanischen Einfuhren einführten, wobei diese Gebühr ab Oktober zu Beginn jedes weiteren Monats um 5 Prozentpunkte auf 25 Prozent angehoben werden soll. Präsident Trump begründet diese Zölle mit dem, was er als «illegalen Zustrom von Ausländern aus Mexiko» bezeichnet.

Die Gefahr ist, dass die Trump-Administration «versucht, Zölle einzuführen, um praktisch jedes Problem ausser HIV und den Klimawandel zu lösen», stellte unlängst der Republikanische Senator James Lankford fest. Mexiko ist mit fast 30 Prozent seines Bruttoinlandprodukts (BIP) auf den US-Markt angewiesen, so dass neue Zölle auf entsprechende Exporte die Gewinnmargen enorm untergraben und Arbeitsplätze bedrohen.

«Das alles schadet dem Ansehen der USA»

Die Zölle im Handel mit China dürften zu einer Inflation in den USA führen, da die höheren Kosten für Importe die Ausgaben der Haushalte und die Lieferketten der Unternehmen treffen. Das wiederum hat Auswirkungen auf das amerikanische BIP, das durch eine Abschwächung der Aktienmärkte noch mehr unter Druck gerät.

Weitere zollbedingte Unsicherheiten haben auch unmittelbar erhebliche Auswirkungen auf die USA, da sie die Glaubwürdigkeit der Trump-Administration in den Verhandlungen mit China untergraben. Das alles schadet dem Ansehen der USA als zuverlässiger Partner bei internationalen Verhandlungen und führt zu einer erhöhten Marktvolatilität.

«Die Handelsstreitigkeiten bleiben somit die grösste Bedrohung für die Weltwirtschaft»

Da sich die politische Agenda in den USA auf die Präsidentschaftswahlen 2020 zubewegt, ist es wahrscheinlich, dass Präsident Trump sein Image bei seinen Wählerinnen und Wähler vom «Tariff Man» zum «Dealmaker» wandeln wird. Dies ist allerdings ein gefährlicher Ansatz, da die Produktion und die Wirtschaftsleistung von den ununterbrochenen Handelsströmen abhängig sind.

Auch wenn es den Anschein hat, dass Trump zögerlicher ist, seine engsten Wirtschaftspartner und Verbündeten genauso zu behandeln wie China, bleibt der Welthandel sehr empfindlich gegenüber Störungen. Die Handelsstreitigkeiten bleiben somit die grösste Bedrohung für die Weltwirtschaft – mit Auswirkungen, die alle Betroffenen ihrer Schnelligkeit und Ausbreitung bereits sehr überrascht haben.


Stéphane Monier ist Chief Investment Officer (CIO) der Lombard Odier Privatbank. Eine längere Fassung dieses Beitrags ist auf Englisch unter diesem Link verfügbar.


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