Neue Technologien sind dabei, die Art und Weise zu verändern, wie wir Immobilien suchen, mieten, kaufen und verwalten, schreibt Zsolt Kohalmi in seinem exklusiven Essay für finews.first.


Dieser Beitrag erscheint in der Rubrik finews.first. Darin nehmen Autorinnen und Autoren wöchentlich Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen. Die Texte erscheinen auf Deutsch und Englisch. Die Auswahl der Texte liegt bei finews.ch.


Immobilienanlagen sind im aktuellen Umfeld deswegen attraktiv, weil der Markt in Zeiten hoher Volatilität interessante Einstiegsmöglichkeiten bietet. Wenn Liegenschaftenbesitzer Grund zur Sorge haben, wollen sie bestimmte Märkte um jeden Preis verlassen. Irrationale Verkaufsentscheidungen eröffnen versteckte Gelegenheiten, unter dem Marktwert einzusteigen.

Nehmen wir das Beispiel Grossbritannien: Um nicht zu hohe Risiken einzugehen, ist eine vorsichtige Haltung angemessen, aber vom Brexit ermöglichte Kaufgelegenheiten sollten deswegen nicht ausgeschlossen werden.

«Demografische und technologische Trends verändern die Art, wie wir Immobilien nutzen»

Derzeit befinden wir uns an einem Wendepunkt für Immobilienanlagen. Da die niedrigeren Kapitalisierungszinssätze die Objektpreise in die Höhe treiben, werden sogenannte Value-Added-Strategien interessant. Wertschöpfung kann dabei durch die bauliche Optimierung eines Objekts oder durch eine bessere Nutzung und eine erhöhte operative Effizienz der Immobilie erreicht werden.

In der Tat erlaubt der langfristige Anlagehorizont einer Wertschöpfungsstrategie, selbst in volatilen Zeiten, unabhängig von Marktbewegungen inneren Wert zu schöpfen, weil die Performance der Anlagen vor allem auf zwei Elementen beruht: der laufenden Cash-on-Cash-Rendite von 3 bis 7 Prozent jährlich und der Alpha-Generierung durch aktives Asset Management.

So stellt sich die Frage, in welche Grösse und Art von Immobilien man investieren sollte, um die sich wandelnden Verhältnisse zu nutzen. Demografische und technologische Trends verändern die Art, wie wir Immobilien heute nutzen, und eröffnen damit neue Chancen in diesem Sektor.

«Millennials leben länger allein und mieten lieber»

Zum Beispiel sehen Haushaltsgründungen heute anders aus: Millennials leben länger allein und mieten lieber, als dass sie kaufen – wegen der grösseren Flexibilität. Dies schafft einen Bedarf an modernen Mietobjekten für junge, berufstätige Singles. Am anderen Ende des Spektrums benötigt die weltweit alternde Bevölkerung einen grösseren Bestand an Seniorenwohnungen.

Im Bürobereich wiederum ist das Modell mit flexiblen Arbeitsplätzen auf dem Vormarsch und erfordert die Modernisierung alter Bürobestände, um den Anforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht zu werden. Im Einzelhandelssektor kommt das Wachstum neuer Logistikzentren dem veränderten Konsumverhalten kaum nach. Der traditionelle Einzelhandel leidet unter dem Aufstieg des E-Commerce.

«Die Immobilienbranche ist eine der letzten, die durch Tech-Innovation umgewälzt wird»

Unabhängig von unserer Makro-Einschätzung warten im eher undurchsichtigen Immobiliensektor Gelegenheiten darauf, entdeckt zu werden. Wir rechnen mit kurzfristiger Volatilität, wenn das Wirtschaftswachstum allmählich nachlässt. Immobilien sind nicht immun dagegen – daher ist es umso wichtiger, stets unter dem Marktpreis zu kaufen.

Auch die Folgen regulatorischer und technologischer Disruption in dieser Anlageklasse dürfen nicht unterschätzt werden. Denn die Immobilienbranche ist eine der letzten, die durch die technologische Innovation umgewälzt wird. «Proptech», also eine Reihe branchenübergreifender Technologien, ist dabei, die Art und Weise zu verändern, wie wir Immobilien suchen, mieten, kaufen und verwalten, und dürfte in Zukunft einen erheblichen Einfluss haben. Ein Beispiel ist der Energieverbrauch.

Heutzutage ermöglichen Proptech-Lösungen eine tiefgreifende Analyse der Umweltperformance von Immobilienanlagen, was es Vermögensverwaltern erlaubt, effizient und verantwortlich zu investieren. In Bezug auf Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien (ESG) unterscheiden sich Immobilien insofern von anderen Anlageklassen, als verantwortliches Investieren sich direkt spür- und messbar auf das Wohlbefinden der Mieter und der Nachbarschaft auswirkt. Die Nachfrage nach solchen effizienten und umweltfreundlichen Gebäuden erlaubt eine zusätzliche Wertschöpfung.


Zsolt Kohalmi ist Global Head of Real Estate und CO-CEO von Pictet Alternative Advisors. Er verfügt über mehr als 20 Jahre an gesamteuropäischer Investment-Erfahrung und hat bisher über 20 Milliarden Dollar an Anlagevolumen im Immobilienbereich in mehr als 20 europäischen Ländern verantwortet.  Zuvor war er Managing Director and Head of European Acquisitions bei Starwood Capital, einem der führenden Unternehmen im Bereich Global Private Equity Real Estate. Bevor er 2013 zu Starwood Capital stiess, war er acht Jahre lang Chief Investment Officer bei Meyer Bergman, einem Immobilien-Investmentunternehmen, das er mitgegründet hat. Zuvor war er Director bei GE Capital, wo er Finanzplattformen und Darlehens-Portefeuilles in ganz Europa akquirierte. Kohalmi spricht gemäss eigenen Angaben fliessend neun Sprachen. Er hat einen Abschluss in Wirtschaftswissenschaften der Universität Budapest sowie einen MBA vom Insead.


Bisherige Texte von: Rudi BogniOliver BergerRolf BanzWerner VogtWalter WittmannAlfred Mettler, Robert HolzachCraig MurrayDavid ZollingerArthur BolligerBeat KappelerChris RoweStefan GerlachMarc Lussy, Nuno FernandesRichard EggerDieter RuloffMarco BargelSteve HankeUrs Schoettli, Maurice PedergnanaStefan Kreuzkamp, Oliver BussmannMichael BenzAlbert Steck, Andreas BrittMartin DahindenThomas FedierAlfred MettlerBrigitte Strebel, Mirjam Staub-Bisang, Thorsten PolleitKim IskyanStephen DoverDenise Kenyon-RouvinezChristian DreyerKinan Khadam-Al-JameRobert HemmiAnton AffentrangerYves Mirabaud, Hans-Martin KrausGérard GuerdatDidier Saint-GeorgesMario BassiStephen ThariyanDan SteinbockRino BoriniBert FlossbachMichael HasenstabGuido SchillingWerner E. RutschDorte Bech VizardAdriano B. LucatelliKatharina BartMaya BhandariJean TiroleHans Jakob RothMarco MartinelliBeat WittmannThomas Sutter, Tom King, Werner PeyerThomas KupferPeter Kurer, Arturo Bris, Frédéric Papp, James Syme, Dennis Larsen, Bernd Kramer, Ralph Ebert, Marionna Wegenstein, Armin JansNicolas Roth, Hans Ulrich Jost, Patrick Hunger, Fabrizio QuirighettiClaire Shaw, Peter FanconiAlex Wolf, Dan Steinbock, Patrick Scheurle, Sandro Occhilupo, Will Ballard, Michael Bornhäusser, Nicholas Yeo, Claude-Alain Margelisch, Jean-François Hirschel, Jens Pongratz, Samuel Gerber, Philipp Weckherlin, Anne Richards, Antoni Trenchev, Benoit Barbereau, Pascal R. Bersier, Shaul Lifshitz, Ana Botín, Martin Gilbert, Jesper Koll, Ingo Rauser, Carlo Capaul, Claude Baumann, Markus Winkler, Konrad Hummler, Thomas Steinemann, Karin M. Klossek, Michael A. Welti, Christina Böck, Guillaume Compeyron, Miro Zivkovic, Alexander F. Wagner, Eric Heymann, Christoph Sax, Felix Brem, Jochen Möbert, Jacques-Aurélien Marcireau, Peter Hody, Ursula Finsterwald, Claudia Kraaz, Michel Longhini, Michael Welti und Stefan Blum

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.64%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    19.24%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.48%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.44%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.2%
pixel